Shakran
mit den grauen Haaren hinter ihm nickte nachdenklich. Er nahm seine Brille ab und klopfte mit dem Bügel gegen seine Zähne. Der rechte Ärmel seines maßgeschneiderten Anzugs war exakt zusammengefaltet. »Von wem war die Anfrage?«
»Chet Kramer, SFPD. Sitzt im Morddezernat, Sir.«
»Rufen Sie die Datei bitte noch einmal auf.«
Der Operator klickte auf den Bildschirm. »Drei Mal in den letzten vierundzwanzig Stunden wurde nach Phoenix gescannt. Immer von diesem Rechner aus.« Die Maus zeigte auf eine Hexadezimalnummer. »Das ist die Adresse des Computers. Davor in diesem Jahr nichts.«
»Sollte auch nicht sein«, sagte der grauhaarige Mann. Er klopfte dem jungen Mann auf die Schulter. »Gut gemacht. Achten Sie bitte weiter auf die Sache.« Er wandte sich ab.
»Sir?«, sagte der junge Mann.
»Was ist?«
»Hier ist noch ein Eintrag.« Der grauhaarige Mann drehte sich langsam um. »Wie bitte?«
»3. Januar 2001. Eine Anfrage der CIA.«
Der grauhaarige Mann beugte sich vor und sah auf den Eintrag. »Und was bedeutet das da?« Er zeigte mit seinem Brillenbügel auf eine Nummer im nächsten Feld. Dieses Feld war bei den anderen Einträgen leer gewesen.
»Das ist die Autorisierung. Ohne die hat niemand Zugang zu den Daten.«
»Ich weiß, ich bin schließlich der Einzige, der sie hätte geben dürfen. Sehen Sie nach, wer das war.« Die Stimme des Mannes klang gepresst.
Die Finger des Computeroperators flogen über die Tasten.
»Einen Moment, Sir. Hier.«
»Chester Washington Norman.« Der Computeroperator sah wieder zu seinem Vorgesetzten hoch. »Das sind Sie.«
»Ich weiß, wer ich bin«, knurrte dieser. »Ich weiß aber auch, dass ich das hier nie unterschrieben habe! Die CIA hätte nie etwas von ihr erfahren dürfen!«
»Aber so steht es hier, Sir.«
»Das sehe ich auch«, erwiderte der grauhaarige Mann grimmig. »Jetzt weiß ich auch, warum sie gestorben ist. Irgendein Dreckskerl bei der CIA hat ihre Tarnung platzen lassen!«
29
A nn stand an der Klippe und sah über die Bucht von San Francisco. Es war ein wunderschöner warmer Sommertag, das Wasser wirkte spiegelglatt. Es war windstill. Chet hatte ihr von den Ergebnissen seiner Untersuchungen erzählt, sie wusste, dass es hier gewesen sein musste. Fast acht Jahr später war nichts mehr davon zu sehen.
Vielleicht war die Kerbe hier im Gestein von ihrem Mercedes, vielleicht auch nicht. Ein einzelner großer Baum stand ein wenig abseits der asphaltierten Straße. Vielleicht konnte sie sich an den Baum erinnern, vielleicht auch nicht. Bäume waren sich irgendwie ähnlich. Der schmale Streifen Asphalt war an verschiedenen Stellen aufgeplatzt, Blumen und Gras zwängten sich durch die Risse.
Es war ein friedlicher Ort.
Ann sah an ihren Zehenspitzen vorbei hinunter auf das Meer. Es war eine fast fünfzig Meter hohe Klippe, an ihrem Fuß schwappte die Brandung gegen riesige Felsen. Erst gute dreißig Meter weiter seewärts wechselte das Wasser seine Farbe, es wurde tiefer.
Sie drehte sich um und sah den Weg hoch zur Wetterstation. Die Straße endete dort hinter einem verrosteten Gitter. Vor Jahren hatte Chet sie hierhergebracht. Damals war sie gerade wieder in der Lage gewesen zu laufen, wenn sie sich auch noch an Chets Arm hatte festhalten müssen. Er hatte ihr die Stelle gezeigt, an der der Mercedes aufs Wasser aufschlagen war, gut fünfundvierzig Meter vom Ufer entfernt. Sie sah sich um. So ein Mercedes hat ganz schön viele PS, aber er braucht eine längere Strecke, um zu beschleunigen. Bei starkem Regen, Sturm und anderen Wetterwidrigkeiten sicherlich noch mehr.
Der Baum.
Langsam ging sie darauf zu und blieb davor stehen. Eine Eiche. Irgendwann hatte jemand sie gepflanzt. Von hier aus bis zum Rand waren es vielleicht achtzig Meter. Lang genug?
Sie lehnte sich an die Eiche und versuchte, sich zu erinnern. Nichts.
Ihr Mietwagen, ein Fiat Punto, stand weiter unten. Als sie sich wieder hinters Steuer setzte und die Straße zur Wetterstation hochsah, hatte sie plötzlich das Gefühl, zu ersticken ...
Ihre Hand brannte, ihr Gesicht brannte, es wurde dunkel. Große Hände packten sie unsanft, sie wurde in die Höhe gehoben.
Nein!
Die Dunkelheit verschwand.
Sie blinzelte. Die Sonne schien, und es war wieder ein friedlicher Ort. Ein Ort für ein Picknick mit der ganzen Familie.
Plötzlich hielt sie ein Bild in den Händen. Eins dieser alten Polaroidbilder. Es war ein bisschen verwackelt, aber sie sah den jungen Mann mit den feuerroten Haaren.
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