Shaman Bond 04 - Liebesgrüsse aus der Hölle
zeichnete sich schroff gegen den dunklen Himmel ab. Es hätte mich überzeugen können, aber selbst ohne mein Vorwissen über seine wahre Natur hätte ich gespürt, dass etwas nicht in Ordnung war. Es gab keine Spur von Wild, das eine solche Ruine in der Regel bevölkert. Ich konnte nicht das geringste Lebenszeichen sehen. Keine Ratten, keine wilden Hunde oder verwilderten Katzen, nicht einmal eine Fledermaus. Und das war das wirklich Verräterische. Ich beobachtete die Ruinen sorgfältig mit meiner Sicht, konnte aber nicht die geringste Lücke oder Schwäche in der Illusion sehen. Was bedeutete, dass ich das auf die harte Tour erledigen musste.
Ich begann, einen steilen und bröckelnden Pfad hinunter zum Schloss zu klettern, und zuckte jedes Mal zusammen, wenn sich unter mir ein paar Felsen lösten. Ich war noch nicht weit gekommen, als ich abrupt anhalten musste. Der Weg wurde vom ersten Schutzwall der Unsterblichen versperrt, einem einfachen, aber unglaublich mächtigen Kraftfeld. Es hing vor mir in der Luft, unsichtbar, unberührbar und mit genug Energie, mich auf der Stelle einfrieren zu lassen, wenn ich es auch nur mit der Fingerspitze berührte. Es gab auch einen eingebauten Vermeidungsschutz, einen einfachen »Geh weg, hier gibt's nichts zu sehen«-Einfluss, der stark genug war, um Touristen abzuwehren; aber ich hatte mich so darauf konzentriert, keinen Lärm zu machen, dass meine Sicht diese Beeinflussung erst im letzten Moment erkannte. Ich war sicher, dass mein Torques mich davor geschützt hätte, indem er automatisch aufrüstete, aber das hätte wiederum Gott weiß wie viele Alarme ausgelöst. Also stand ich sehr still und spürte, wie kalter Schweiß über mein Gesicht perlte, während ich mir überlegte, wie knapp ich davor gewesen war, meine Mission zu versauen.
Es war Zeit, den Chamäleon-Kodex zu benutzen. Ich berührte mit einer Fingerspitze einen meiner silbernen Manschettenknöpfe, murmelte die aktivierenden Worte, und die gespeicherte DNA rauschte in mein System und schrieb mich von innen neu. Mein Fleisch kribbelte, wand sich und rippelte über meinen ganzen Körper, wie ein schreckliches Jucken, das ich nicht wegkratzen konnte. Dann schwankte ich auf meinen Füßen, als alles plötzlich an seinen Platz schnappte. Ich hielt meine Hände hoch und drehte sie hin und her, aber in der Finsternis sahen sie genauso aus wie vorher. An Händen ist das ja auch wirklich schwer zu sagen. Ich begann, Merlins Spiegel zu rufen, damit ich mein Gesicht in seinem Spiegel ansehen konnte, aber ich bremste mich gerade noch rechtzeitig. Allein die Nähe eines so machtvollen Artefakts würde zweifellos alle möglichen Alarme auslösen. Ich musste darauf vertrauen, dass ich jetzt Rafe war, bis hinunter zu seiner Unsterblichen-DNA.
Und die Leute sagen, ihr Leben sei kompliziert.
Ich ging weiter, in das Kraftfeld hinein, und es öffnete sich vor mir. Seine sanften Energien strichen über mein nacktes Gesicht wie zärtliche Finger. Dann war ich hindurch, ging weiter, und Schloss Frankenstein lag offen und ohne Verteidigung vor mir.
Kapitel Zehn
Angriff auf Schloss Frankenstein
Ich hätte jetzt einfach hinauf zum Haupteingang gehen, gegen das Tor hämmern und verlangen können, hereingelassen zu werden, aber das wollte ich nicht. Um in Schloss Frankenstein einzudringen, musste meinem Gefühl nach mehr nötig sein, als nur über das richtige Gesicht zu verfügen. Also schlich ich mich langsam und vorsichtig weiter und blieb, wo immer möglich, in den Schatten. Ich war es nicht gewohnt, mich an etwas anschleichen zu müssen, ohne dass meine Rüstung bequem für mich eintrat, falls in der Eile alles schiefgehen sollte. Das Schloss schien größer und größer zu werden, je weiter ich mich ihm näherte. Die riesigen Steinmauern türmten sich vor mir auf, unfassbar groß und nichts Gutes verheißend. Lichter brannten grimmig in all den vielen Fenstern, auch wenn viele nur zu erkennen waren, weil unheilvoller Glanz durch geschlossene Fensterläden hindurchschien. Und immer noch war keine menschliche Wache irgendwo zu sehen. Nicht auf den hohen Wehrgängen mit ihren Zinnen. Keiner sah aus einem der vielen Fenster. Es stand nicht einmal jemand draußen vor dem Haupteingang Wache. Fühlten sich die Unsterblichen wirklich so sicher, so geschützt? Ich vermute mal, wenn es Jahrhunderte lang keiner gewagt hat, dich anzugreifen, dann nimmst du an, dass es nie jemand tun wird. Besonders, wenn du all die Schutzmechanismen an Ort
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