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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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mich nicht. Dans Philosophie lautet, du sollst niemals eine Tür vor dem dritten Klopfen öffnen; du sollst niemals das Telefon vor dem sechsten Läuten abnehmen.
    Nach dem dritten Klopfen wird die Tür geöffnet. »Oh. Du.«
    »Hi, Dan. Begrüß mich bloß nicht allzu stürmisch oder so was.«
    »Hi. Reicht wohl.«
    Dan sieht mich an, sein Gehirn stellt sich scharf auf mich ein wie ein Filmvorführer den Film auf die Leinwand im Eightplex. »Na, komm rein, wenn du einmal hier bist.«
    Ich folge Dan in sein eiskaltes Apartment, in dem Junggesellenschrott alle flachen Oberflächen verziert wie Müll den Boden des Eightplex nach mehreren Morgenvorstellungen von »Bambi«: Unterwäsche, Kartons aus dem Chinarestaurant, Fernbedienungen für den Unterhaltungs-Totempfahl, Gesucht-Anzeigen, leere Arzneiflaschen, Aschenbecher, Gläser und Zeitschriften, völlig durcheinander neben einigen der ausgestopften Vögel, die er an dem Morgen, an dem er Jasmine verließ, mitnahm: Gänse, Enten und Habichte, die ein Beweis dafür sind, falls es überhaupt eines Beweises bedurfte, daß die Natur dazu neigt, Terror zu belohnen.
    »Was zu trinken?«
    »Nein, danke.«
    Dans Glas, verziert mit einem Bulldozer-Wappen, gibt ein leises klirrendes Geräusch von sich, als er es von seinem improvisierten Kaffeetisch nimmt - einem Stapel glatter Aluminiumkoffer, »drug lord«, der noch aus den 80ern stammt. »Die blitzsaubere Jugend von heute«, sagt er.
    »Wahrscheinlich«, erwidere ich.
    Dan sitzt in seinem braunen Samtsessel und kippt den Whisky vertikal in seinen Mund. »Ich glaube, ich nehme noch einen. Wie war Europa?«
    »Okay.«
    »Erzähl bloß nicht zuviel.«
    Dan durchquert den Raum, schenkt sich einen Whisky ein, zündet sich eine Zigarette an, kommt zurück, setzt sich mir direkt gegenüber und fragt mich mit der gespielten Vertraulichkeit eines Vertreters: »Also, was habe ich da gerade gehört -du läufst umher und erzählst den Leuten, ich sei der Teufel?«
    »Na ja, Dan. Hast du einen eindeutigen Beweis dafür, daß du es nicht bist?«
    »Wovon, verdammt noch mal, redest du?«
    »Hast Heimweh, was?«
    »Mensch, du hast vielleicht 'nen Knall.«
    »Behauptungen wie die haben dich dahin gebracht, wo du bist.«
    Dan hält ein und grinst: »Nicht 'n kleines bißchen hast du dich verändert, was?«
    »Warum hast du Jasmine verlassen, Dan? Und warum so, wie du es getan hast? 's war echt Scheiße.«
    »Ich will darüber nicht sprechen. Mein Anwalt sagt, ich soll nicht.«
    Dan drückt seine Zigarette aus. »Und womit verdiene ich eigentlich das Vergnügen des heutigen Besuchs?« »Reine Freundlichkeit.«
    »Spionageauftrag? Was wirst du ihr erzählen? Habe ich Chancen auf 'nen guten Bericht?« Ich schweige.
    »Okay. Ich hör auf damit. Aber gib nicht mir die Schuld. Du glaubst, du kennst mich, aber das stimmt nicht. Was hast du mit deinem Haar gemacht?«
    »Es ist modern«, erwidere ich und streiche abwesend über meinen gel-gefestigten, stacheligen Kopf.
    »Ein oberflächlicher kleiner Arsch bist du, was? Aber Mode ist Mode. Ich hatte mal langes Haar.«
    Dan hat Probleme mit aggressiv feuchtem Haar. Aber ich lasse mich überhaupt nicht darauf ein. Halte immer die Schnauze bei Betrunkenen. Gegen Pißeimer kann man nicht gewinnen. Bestenfalls kannst du auf ein Unentschieden hoffen. Bleibt welche Taktik? Vorprogrammierte Langeweile. Sich eindimensional geben ist die befriedigendste Methode, mit außer sich geratenen Leuten umzugehen - mit jeder außer Kontrolle geratenen Situation. Setz ein Gesicht auf wie ein bildschirmsicheres Software-Programm. Sag niemandem was von deinen großen Ideen, den Spielen, die du spielst, den Orten, die du im Geiste besucht hast. Behalte deine Schätze für dich.
    Dan hat genug. »Du bist jung. Ruf mich in zehn Jahren an. Bis dahin wirst du die Grenzen deines Talents kennen; sieh dir nur all die zugeknallten Türen um dich herum an. Dann wirst du nicht mehr so großspurig tun.«
    Dan nimmt einen Schluck. Auf dem Kaffeetisch liegt seine Sammlung von Salz und Pfeffer, Kaffeeweißer, Senf und Umrührstäbchen in Kleinstverpackungen, die er aus Schnellrestaurants geklaut hat. Gott noch mal, ich hoffe, mein Leben wird niemals so kompromittierend wie seines, daß ich mich um erbärmliche Machtreste balge und versuche, das Vakuum zu füllen, das zurückbleibt, wenn alle meine Hoffnungen in sich zusammenkrachen. Aber dann noch mal: Ruf mich in zehn Jahren an, und wir unterhalten uns dann. Zum Gruseln.
    Dan redet noch

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