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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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bis wir ihre Spinnweben auf den Weihnachtsschnappschüssen sahen? Ist genau dasselbe. Distanz. Ich mache Fortschritte mit meinem Leben. Die Frauengruppe ist eine große Hilfe. Vielleicht ändere ich meinen Haarschnitt. Ich war schon ein Holzkopf, die ganzen letzten sechs Wochen zu Hause zu hocken.«
    »Haarschnitt?« Mein Interesse ist geweckt.
    »Zumindest muß ich mir keine Sorgen mehr machen, einsam zu sein, jetzt, wo ihr Kinder älter seid. Ich kann mich richtig mit euch unterhalten. Ihr wart lieb als Kinder, aber als Neil wegging - Lego und Püppchen -, dachte ich, ich würde verrückt. He, weißt du noch, als du elf warst und einen Dokumenten-Reißwolf zum Geburtstag haben wolltest?«
    »Weiter, Jasmine.«
    »Einsamkeit. Ich dachte, ich würde für immer durch Einsamkeit einen Knacks weghaben, wie eine Schallplatte, die man mit einem Schraubenzieher zerkratzt hat. Das ist das Furchtbarste an der Einsamkeit, Tyler. Du denkst, du würdest Schaden nehmen, wenn du einsam bist, und die Sorge vergrößert noch deine Qual. Und außerdem sind geschiedene Frauen Gift für Kino- und Theaterkassen. Freunde lassen dich fallen. Sie tun es einfach. Verheiratete Frauen wollen keine alleinstehenden Frauen in ihrem Haus. Es ist eine Welt der Paare. Deshalb mag ich meine Frauengruppe. Wir können reden. O ja, und mein Hautausschlag am Ellbogen heilt ab.«
    »Dein Körper sucht sich immer den schwächsten Punkt, um sich zu äußern«, äffe ich das Hippie-Kauderwelsch nach. Jasmine hatte uns ordentlich drangekriegt, als wir klein waren. Das ganze Zeug ist in meinem Kopf haftengeblieben und kommt zu den unmöglichsten Zeiten hervor.
    »Du bist der Sohn deiner Mutter, Tyler. Dabei fällt mir ein, da war heute nachmittag ein Anruf für dich.«
    »Ein Anruf?«
    »Aus Paris. Eine Mademoiselle Stephanie. Oh, la la...«
    »Hat sie eine Nummer hinterlassen?«
    »Sie sagte, sie würde noch mal anrufen.«
    Daisy steckt ihren Kopf, ihre gelben, komischen, verfilzten und eher unhygienisch wirkenden Dreadlocks, durch einen Türspalt ins Modernarium. »Allo, Miistör Ledikiillör. Aben Sie schoon miit Miiss Fronce gesproochen?«
    »Hi, Daisy.«
    Daisy platzt ins Zimmer, in ihren Armen eine wohlig eingerichtete Kittykat, der es gelingt, vor dem grellen Hintergrund des electric-fuchsia-farbenen 60er Jahre Go-Go-Kleids aus dem Second-Hand-Laden friedlich dreinzuschauen. »Also, wer ist diese Miss France? Erzähl uns alles, sofort!«
    Jasmine und Daisy strecken beide ihre Köpfe vor, in Erwartung saftiger Ferkeleien.
    »Eine Freundin«, ist alles, was ich sage. Sie sehen erst einander an und gehen dann gleichzeitig auf mich los.
    »Etwas mehr wird man doch wohl von dir erwarten dürfen, Ty«, meckert Daisy.
    »Tut mir leid, Leute, kein Kleingeld mehr zum Nachwerfen.« Ich wende meine Augen ab und verziehe mich ins Eindimensionale. Weitere Vorstöße ihrerseits werden nutzlos sein.
    »Wir können warten. Wir werden es herausfinden, Ty. Wir finden es ja immer heraus«, beharrt Daisy. »Übrigens, Jasmine, weißt du was? Du bist in diesem Jahr das Halloween-Kult-Verkleidungs-Vorbild .«
    »Das darf nicht wahr sein.«
    »Es darf. Jeder in der Schule hat vor, sich als Jasmine Johnson zu verkleiden und sich alles mögliche auf die Stirn zu schreiben.«
    »Raus!« Plötzlich möchte ich allein sein. Jasmine und Daisy sind zu frivol geworden. Zu leichtfertig. Ich mag keine Leichtfertigkeit. Nicht in meinem Zimmer. Leichtfertige Leute stellen dumme Fragen und erwarten darauf auch noch eine Antwort. Unter leichtfertigen Umständen preisgegebene Geheimnisse werden nicht gewürdigt. Die Leute wissen anderer Leute Geheimnisse nicht zu würdigen, Punkt. Deshalb behalte ich meine Geheimnisse für mich.
    Weiterschnatternd - ihr Geschwätz wirkt wie eine maximal ausgereizte, total leere Kreditkarte -, schieben sich Daisy und Jasmine zusammen mit Kittykat durch die Tür. In der neuen Stille gehe ich hinüber zu meiner Globus-Farm und drehe die Planeten. Ich denke über Jasmine und Dan nach. Denke darüber nach, daß ich glaube, eine Person zu kennen, und dann puufl entdecke ich, ich kenne bloß die Comic-Version. Plötzlich steht diese fleischige, fordernde, lärmende Kreatur vor mir, undurchdringlich und ebenso verloren wie ich selbst, und ebenso unfähig, sich daran zu erinnern, daß jede Seele auf der Welt Schmerzen verursacht, und nicht nur an sich selbst.
    Ich suche den von Lancaster am weitesten entfernten Ort auf der Welt - Lancasters Antipode - die Mitte

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