Shampoo Planet
bedient zu werden, während Daisy am Telefon saß und auf den Rand ihres Poesiealbums Spinnennetze zeichnete. Jetzt ist sie Vegetarierin.« »Oui.«
Dies ist das Ridgecrest-Einkaufszentrum. Oder vielmehr, dies war einmal das Ridgecrest-Einkaufszentrum, in seiner Blütezeit das konsumgängigste aller Einkaufszentren, eine glitzernde, Charme versprühende Welt aus Rolltreppen und gläsernen Fahrstühlen, die zahllosen Wände mit Spiegeln und Malereien in beruhigenden Farben verkleidet. Einst gab es hier eine Eisbahn sowie einen Skulpturengarten und zwei Springbrunnen, besäuselt von kauf stimulierender Musik. Es gab Telefonbörsen, Posterläden, eine Lebensmittelmesse, Schuhgeschäfte, Glückwunschkarten-Emporien, Spielzeugstände sowie eine Mode-Esplanade, und alles war angenehm beheizt und frei von Abfall.
Es war das Ridgecrest-Einkaufszentrum, wo meine Freunde und ich, völlig aufgekratzt von Zucker und zu vielen Videospielen, uns kribbelig und unwirklich fühlten - so wie Produkte, die ohne Werbung nicht existieren können -, ausrangiert in unserer Verpackung: Skatepunks, Ausgepowerte, Wirrköpfe, Pseudos, Euros und Freaks, die wir uns alle fühlen wie der Mann, der auf der Bühne vom Zauberer hypnotisiert wurde und nie mehr imstande war, aus seiner Trance zu erwachen.
Aber ich war jünger damals, als ich noch eine richtige Einkaufspassagenratte war. Ich bin fast zu alt dafür, meine Zeit in dem Gewühl totzuschlagen, und, ehrlich gesagt, es ist auch nicht mehr genug vom Einkaufszentrum übriggeblieben, was lohnen würde, darin herumzuhängen. Heute sehe ich um uns herum verwundete Schuhgeschäfte, tote Pizzerien, sperrholzverrammelte Telefonbörsen und zerfallene, abgesperrte Sportläden. Die tropischen Pflanzen in der Galerie sind verschrumpelt. Die Sankt-Yuppie-Boutique, in der ich Anna-Louise um vier Uhr treffen werde, ist mit Sperrholz zugenagelt. Ebenso wie in vielen anderen Ridgecrest-Geschäften war im Sankt-Yuppie Feuer ausgebrochen, wahrscheinlich Brandstiftung, und rauchschwarze Streifen ziehen sich außen an Sperrholzplatten entlang; die Elektrizität in diesem speziellen Flügel des Einkaufszentrums ist abgeschaltet. Ungeliebt und dunkel liegt am Ende des Flügels einer der beiden Anker des Einkaufszentrums: das Reich der Lebensmittel.
Verzagte junge Leute streunen tapfer umher und versuchen, das fast vergessene, prickelnde Gefühl von Fülle aufrechtzuerhalten, aber ohne rechten Erfolg in dieser Postshopping-Welt der eingefrorenen Rolltreppen, in der es nichts zu verkaufen gibt. Mir fällt auf, daß schwarze Outfits wieder einmal in Mode sind.
Einige Geschäfte florieren noch, ein kommerzieller Erfolg, der in direktem Verhältnis zur Überflüssigkeit der Produkte steht, die das Geschäft anbietet. Kooky Video ist gerammelt voll. LuvMart ist 'n heißer Tip. Im Shampoo Planet ist es aufregend und knackenvoll. Das Land of Software breitet sich über den untergegangenen Buchladen nebenan aus. Die Spielarkade ist so vollgepfropft wie eh und je, auf dem Boden liegen Wusel-Welpenpapier, zersplitterte durchsichtige Plastikschachteln und Eßstäbchen vom Großartigen Teriyaki Erlebnis verstreut, Müll aus den verbliebenen beiden Nahrungsvorposten des Einkaufszentrums. Modeschauen-Laufsteg-Tanz-Mix dringt plärrend aus der Lautsprecheranlage. Das wäre ein Ort für dich. Die Verlockung der Arkade ist unwiderstehlich, ganz ähnlich der Verlockung, Ferngespräche auf Rechnung deiner Eltern zu führen.
Ich liebe das Einkaufszentrum. Schon seit eh und je. Die Gesundheit deines Einkaufszentrums ist wichtig. Im Einkaufszentrum sind die Leute nur daran interessiert, so modern wie möglich zu bleiben, und sie vergessen ständig die Vergangenheit im Hinblick auf eine glänzende, fabelhaftere Zukunft. Denk bloß an all die wunderbaren Produkte, die es zu kaufen gibt... ob diese Produkte glitzern? Kannst du in ihnen das Spiegelbild deines Gesichts sehen? Sind sie aus Wundermaterie wie Lucite oder Kevlar gemacht, die nirgends im uns bekannten Universum existieren, nur auf der Erde? Was für ein Glück wir haben, in dieser Zeit zu leben.
In grauer Vorzeit, noch bevor es Einkaufszentren und Geschichte gab, mußtest du, wenn du beispielsweise einen Apfel sehen wolltest, bis August warten. Dazwischen gab es nicht einmal das Bild von einem Apfel, das du dir anschauen konntest. Heutzutage kannst du das ganze Jahr über Äpfel haben, und das ist doch toll.
Ich glaube, Stephanie und Monique denken über
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