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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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möchte - wie eine Kreatur vom Meeresgrund, die explodiert, wenn sie in den verminderten Druck flacher Gewässer gehoben wird. Ich fahre mir mit den Fingern durchs Haar, das heute nach hinten gekämmt ist, nur mit einer Lotion, ohne Gel, für einen entspannten, natürlichen, regennassen Look.
    »Tyler, ich möchte in den Schatten«, sagt Stephanie und quiekt dann einen französischen Fluch, als sie von einer AK47 Spritzpistole unter Beschuß genommen wird. »Warum schießen die auf mich? Sie kennen mich doch gar nicht.«
    »Nimm das Gespritze als Kompliment. Wenn die Kids dich niedlich finden, beschießen sie dich mit ihren Kalaschnikows. Das größte Statussymbol ist, am Ende des Tages völlig durchnäßt zu sein.«
    Ich stehe mit den Touristen im Schatten eines mexikanischen Imbißstands. Stephanie kommt aus der danebenliegenden Toilette, aus der ziemlicher Krach zu hören ist.
    »Was ist das für ein Krawall?« frage ich.
    »Vier Mädchen haben ihre Freundin dabei erwischt, wie sie ihre Bluse mit Wasser bespritzte. Ich nehme an, die Freundin kam sich sehr schlau vor.«
    Dann beginnt Stephanie hinter ihrer schwarzen Brille sich schmollend in ihre eigene Welt zurückzuziehen, und wo immer diese Welt auch anzusiedeln sein mag, ich werde darin nicht mehr geduldet. Ich greife in meine Gesäßtasche und widme mich wieder meiner inzwischen zwanghaft gewordenen Gewohnheit des Geldbekritzeins mit Filzstift:
     
    Stell dir vor du w ü rdest dich eines Monsters annehmen
     
    Du bist nie weit entfernt von Motorenl ä rm
     
    La ß dir einen Schwanz wachsen
     
    Wir alle sind Vergn ü gungsparks
     
    Technologie beg ü nstigt schreckliche Leute
     
    Es hat mir Spaß gemacht, gemeinsam mit Stephanie den Überschwang und die Ungezwungenheit der Neuen Welt zu erleben, aber dabei habe ich einen Mangel festgestellt, der immer deutlicher hervortrat, wie eine stille, genetische Krankheit, eingewoben in ihre DNS, die sich jetzt, zu diesem späteren Zeitpunkt unvermeidlich entwirrt hat. Dieser Mangel ist schlicht: Weil Stephanie hier nicht geboren wurde, wird sie dies alles nie verstehen.
    »Wenn sich in Kalifornien Leute, die sich zwei Jahre lang nicht gesehen haben, wiedertreffen«, beginnt sie auf der Rückfahrt von Venice, »sagen sie zueinander: ›Wie heißt du jetzt? Welche neue Religion hast du angenommen? Welche Art Kleidung trägst du jetzt? Was für eine Diät machst du? Wie heißt deine Frau? In was für einem Haus wohnst du? In welche Stadt bist du umgezogen? An welche neuen Ideen glaubst du?‹ Und wenn du nicht ein vollständig neuer Mensch geworden bist, sind deine Freunde enttäuscht.«
    »Und?«
    »Findest du diese ständigen Veränderungen normal?«
    »Du etwa nicht? Ich finde es toll, daß ich mich jede Woche neu erfinden darf.« Dann fällt mir auf, daß es in der Straße, durch die wir gerade fahren, drei Spielzeugläden mit Plüschtieren im Schaufenster gibt, und ich weise Stephanie darauf hin. »In der Nähe muß sich eine Krebsklinik befinden«, füge ich hinzu.
    »Warum?«
    Anna-Louise hätte verstanden, glaube ich. Es fehlt mir, nicht Telelethonisch reden zu können.
    Wir biegen in die Auffahrt des Apartmentkomplexes genau in dem Moment ein, als die Übertragungswagen von News-at-Six abfahren. Die Bullen sind weg. Mr. Moore kommt in seinem eleganten Abendjackett, in dem er gerade den ersten Filmauftritt seit Jahrzehnten absolviert hat, auf das Auto zugeschossen und informiert uns, daß die Knochen in der verputzten Wand von Hunden und Katzen stammten, und zwar von damals, aus den Tagen des Stummfilms, als das Haus gebaut wurde.
    »Man hat sogar Hundehalsbänder gefunden. Damit ist ein über ein halbes Jahrhundert ungelöster Fall abgeschlossen, bei dem die Hälfte aller Haustiere in Bei Air einfach verschwanden. Spurlos. Stellt euch bloß vor, ich habe jetzt so was wie 'n historisches Gebäude.« Mr. Moore taumelt davon und fragt murmelnd mehr sich selbst als uns, wie er wohl in den Besitz einer Gedenkplakette aus dem Rathaus gelangen könnte.
    Wir schleichen uns beide mit gesträubten Nackenhaaren in unser Apartment, hyperbewußt der gefrorenen Miaus und Wauwaus, die jetzt in unsere Wand eingebettet sind, und der Tatsache, daß wir nie wieder imstande sein werden, uns in aller Unschuld in diesen Räumen geborgen zu fühlen. Stephanie flitzt ins Bad, um den UV-Blocker abzuspülen. Nachdem sie sich ihr Gefieder geputzt hat, saust sie hinüber zur Telefonzelle, um LaShanna und Jasper anzurufen. Als sie

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