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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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zurückkommt, teilt sie mir mit, daß sie mich zum Abendessen ausführt.
    »Was für 'ne nette Überraschung«, entgegne ich. »Ja«, erwidert sie, »eine richtige Einladung.« »Wohin?« »Ins Morton's.«
    »Ins Morton's? Hast du 'n Casting beim lieben Gott gehabt oder so was?«
    »Ein Freund von Jasper hat für mich reserviert.«
    Die nächsten paar Stunden gehen für den Dinner-Kleidungskodex drauf: Herausputzen intensiv - reinste Industrie. Das Haar wird leicht mit Mousse gestylt, in der Art von Cory Bestwick, dem Star aus Daisys neuem Lieblings-Teeny-Serien-Dauerbrenner »Zu jung zum Fahren«. Garnierung: einfacher Blazer und italienische Krawatte - ausgesprochen Century City. An die Füße? Bally-Klone.
    Auch Stephanie packt in einem Anfall von nie zuvor erlebter häuslicher Sorgfalt adrett ihre Kleider und ihren Krimskrams aus, der bislang über das gesamte Mikroapartment wie Vogelschiet verteilt war. Ich habe den Eindruck, sie fühlt sich hier letzten Endes zu Hause.
    Als wir das Apartment Stunden später verlassen, läßt mich Stephanie draußen im Wagen warten, weil sie zurückeilt, um sicherzugehen, daß das Apartment auch richtig verschlossen ist. Ich freue mich zu sehen, wie verbunden sie mit unserer Wohnung zu sein scheint. Vielleicht sind die Dinge doch nicht so, wie sie scheinen.
     

53
     
    Durch gestärkte Tischtücher, Ölgemälde, Eck-Spiegel und Blumenbouquets hindurch manövrieren wir uns im Morton's zu unserem Tisch wie gejagte Fische im Meer - Störe und Rotbarsche, durchbohrt von den argonautischen Laser-Blicken der Wer-bist-du?-Industrie. Tolles Haar gibt's hier zu sehen. Punkt acht Uhr werden uns die Plätze an einem Tisch zugewiesen, von dem wir nicht ganz sicher wissen, ob er einer Verbannung nach Sibirien gleichkommt - ich nenne ihn ›Sibirien-Gruft‹. Stephanie hatte (zum allerersten Mal) mit aller Nachdrücklichkeit darauf geachtet, daß wir pünktlich waren.
    Ich bemerke Stephanie gegenüber, daß reiche Leute immer Spione zur Überwachung der Armen aussenden können, niemals aber sind die Armen in der Lage, Spione zur Überwachung der Reichen auszusenden. »Also werden immer die Reichen gewinnen«, sage ich, und eine ältere Frau mit einem platinfarben-kolorierten Haarknoten am Nebentisch hört meinen Ausspruch und zwinkert in meine Richtung. Dann wendet sie sich wieder ihrem Kreis aus Freunden und Feinden zu, die alle an kleinen weißen Drinks nippen - ein Haufen träger Affen, die Milch aus den Euterzitzen heiliger Kühe am Rande einer Straße in New Delhi saugen.
    Die Weinkarte wird gereicht. »Dan sagt, wenn sie die Weinflasche an die Seite stellen, kannst du im Geiste den Preis verdoppeln.« Stephanie nickt herablassend und bestellt einen Montrachet-irgendwas. Diese Franzosen. Ich falle beinahe in Ohnmacht, als ich entdecke, wieviel der Wein kostet. »Kannst du dir das leisten? Wir hätten für diese Flasche über drei Monate ein Telefon halten können.«
    »Ich kann es mir leisten.«
    »Hast du mir Neuigkeiten zu berichten?«
    Eine Pause. »Ja. Aber später.«
    »Ich wette, ich weiß, was es ist.«
    »Wahrscheinlich weißt du es wirklich. Aber das weißt du eben nicht.« »Wie neckisch.«
    Stephanie starrt über meine Schulter die Frau an, die mir zugezwinkert hatte. Stephanies Hinstarren ist ganz offensichtlich, und ich weise sie daraufhin. »Sie sieht aus wie meine Muuutter. Findest du nicht?«
    Ich habe Stephanies Mutter bisher nur auf Fotos gesehen. »Ein bißchen schon.«
    Der Wein ist entkorkt. Stephanie murmelt beifällig, zeigt ein nettes kleines Lächeln und seufzt dann. »Meine Mwwwtter war niemals verliebt, weißt du.«
    »Ach nein?«
    »Nein.« Sie legt ihre Ellbogen auf den Tisch und stützt das Kinn in die Hände. »Mein Vaaater Alphonse war nicht die große Leidenschaft ihres Lebens. Er weiß das, sie weiß das. Aber irgendwie geht's.« Sie nippt an ihrem Wein. Mir wird klar, wie gut Stephanie in diese Restaurant-Welt aus Kerzenleuchtern, Juwelen und Silber paßt, mit Dunkelheit draußen vor den Fenstern und nur im Innern durch Geld erworbenen Komfort und Wärme. Erst am heutigen Abend dringt in meinen Geist vor, daß sich Stephanie in einer spürbar prächtigeren Welt bewegt, als ich sie ihr bieten kann. Ich beginne zu verstehen, wohin sie verschwindet, wenn sie in Gedanken ganz woanders ist.
    »Meine Mutter wollte den Komfort«, fährt Stephanie fort, »aber sie wird niemals auf eine große Liebe zurückblicken, und das weiß sie und fragt sich vielleicht,

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