Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shana, das Wolfsmädchen

Shana, das Wolfsmädchen

Titel: Shana, das Wolfsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
alleine hier?«
    »Nein, mit … mit einer Freundin.«
    »Aha. Und wo ist sie denn?« Die Art, wie er sprach, gefiel mir nicht.
    Ich sagte: »Sie kommt gleich. Wir machen einen Ausflug.«
    »Woher seid ihr?«
    »Aus Clinton«, sagte ich.
    »Indianergebiet«, murmelte der Mann, mit einer besonderen Betonung. »Chippewa, was?«
    Er lächelte auf eine einnehmende, freundliche Art. Manchen Mädchen mochte diese Art gefallen. Ich jedoch sah den Schatten in seinem Lächeln und fröstelte.
    Ich sagte: »Ich muss jetzt gehen.«
    »Du wolltest doch auf eine Freundin warten.«
    »Ich gehe ihr jetzt entgegen.«
    »Augenblick! Niedliche Indianermädchen kommen selten in die Gegend. Wir sind da ein paar Kerle, die ganz gerne netten Besuch hätten. Wir wär’s mit einem Drink?«
    Er holte ein Handy hervor, wollte auf eine Taste drücken.
    »Nein«, sagte ich.
    »Ein Bier oder zwei, warum nicht? Kleine Indianerinnen sind doch scharf auf Bier, oder? Ruf deine Freundin! Wir feiern ’ne richtig tolle Party!«
    »Wir … wir haben keine Zeit!«
    »Warum denn so eilig?«
    »Da … da sind Freude, die uns erwarten.«
    Seine Augen, hell wie blaue Steine, wichen nicht von meinem Gesicht. Er verzog spöttisch den Mund, ließ das Handy wieder in seiner Tasche verschwinden.
    »Tja, mir kommt es eher so vor, dass du Angst hast, he? Was gibt es denn zu fürchten morgens um zehn, mit ein paar netten Kumpels?«
    Ich wich seinem Blick aus, machte vorsichtig einen Schritt zur Seite.
    »Ich will jetzt lieber gehen.«
    Kurzes Schweigen. Seine Lippen zuckten amüsiert.
    »Wir wollen wetten, okay? Ich wette, dass du keine Freundin hast. Dass du ganz alleine unterwegs bist. Stimmt’s? Habe ich die Wette gewonnen?«
    Ich holte tief Luft.
    »Lassen Sie mich vorbei.«
    »An mir vorbei? Dann geh doch!«, sagte er spöttisch.
    »Nicht, wenn Sie da stehen.«
    »Tu nicht so«, sagte der Holzfäller. »Ich kenne die ›Skins‹ aus dem Reservat. Du hast genau die Art, die solche Mädchen haben. Sie sind ganz scharf auf diese Dinge. Du doch auch, oder? Wer sich mitten im Wald nackt auszieht, muss doch damit rechnen, dass jemand in der Nähe ist, oder?«
    Ich hörte kaum noch zu, was er sagte. Ich starrte in sein Gesicht und erkannte die kalte Grausamkeit in seinem Blick. Sein freundliches Aussehen verbarg Hass und Gewalt. Weglaufen!, dachte ich. Aber hinter mir war kein Weg, nur der Bach und die Felswand. Mich verteidigen? Womit? Das Messer steckte tief in meinem Rucksack, zu dumm! Wo lag meine Chance? Darin vielleicht, dass ich mich im Wald schneller bewegen konnte als er. Ich schlug einen Haken und rannte an ihm vorbei, doch er holte mich mit zwei Sprüngen ein. Der Rucksack, der über eine Schulter hing, fiel mir über den Arm. Ich verlor das Gleichgewicht, stolperte. Er packte mich, zerrte mich rückwärts an den Haaren. Ich fiel ins Gras, rammte ihm mein Knie in den Magen.
    »Du verdammtes kleines Biest!«, zischte er.
    Ich versuchte aufzustehen, er zog mich wieder hinunter, drehte mir den Arm nach hinten. Ich hörte mein Schultergelenk knacken, schrie vor Schmerz auf. Er lachte heiser.
    »Nana, und was jetzt? Willst du nicht deine Freundin rufen, ihr sagen, dass dieser schlimme Kerl hinter dir her ist?«
    Ich spuckte ihn an und er schlug mir ins Gesicht. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf explodierte, schnappte keuchend nach Luft. Das Gewicht war entsetzlich, nicht auszuhalten. Finger krallten sich in meinem T-Shirt fest, der Stoff zerriss. Seine Hände machten sich am Reißverschluss meiner Jeans zu schaffen.
    Für den Bruchteil einer Sekunde wurde es mir schwarz vor Augen, als eine knurrende, gesträubte Masse vom Himmel fiel. Ein jähes kurzes Getümmel. Ich war frei, konnte atmen. Ein Mann schrie aus Leibeskräften. Das Schreien hörte sich grässlich an. Ich rollte mich auf die Seite. Der Holzfäller wandte und krümmte sich in Todesangst, schlug blindlings auf die Wölfin ein, die ihn zu Boden gerissen hatte. Krallen zerfetzten seine Kleider, Zähne rissen klaffende Wunden in sein Fleisch. Panik durchraste meinen Kopf. Ich sprang auf die Füße, trat ganz nahe an die brüllende umklammerte Masse heran.
    »Nein«, schrie ich. »Nein, Lela!«
    Sie presste den Mann mit ihrem ganzen Gewicht am Boden fest, wandte mir ihre knurrende Schnauze zu. Ihr Nackenhaar war gesträubt, ihre Augen zu Schlitzen verengt. Ein dumpfes Grollen erschütterte ihre Rippen. Sie zog die Lefzen zurück, entblößte die blutigen Zähne.
    »Lela! Bleib ruhig!«, rief ich

Weitere Kostenlose Bücher