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Shana, das Wolfsmädchen

Shana, das Wolfsmädchen

Titel: Shana, das Wolfsmädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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legte sich nieder. Ich umfasste sie, legte den Kopf auf ihre ruhig atmende Flanke. Im Halbschlaf hörte ich die vertrauten Geräusche der Nacht. Eine Wachtel schlug, eine Eule schrie dumpf und weich. Der Wald war voller Geheimnisse und ich schlief weiter, friedlich und voller Vertrauen, im Bewusstsein einer Freundschaft, an die ich glaubte wie an ein Wunder und die ich hinnahm wie ein Geschenk.

23. KAPITEL
    Die wirklichen Strapazen begannen am dritten Tag. Ich hatte gut geschlafen, aber mein Magen war leer. Kein Mensch kann nur von Blaubeeren leben! Der Hunger nahm mir jede Kraft. Ich ging mit äußerster Anstrengung, schleppte mich weiter, Schritt für Schritt. Bald war ich zu schwach zum Denken, zu schwach zum Gehen, zu müde zum Klettern – ich ging und kletterte trotzdem weiter. Mein Haar war völlig verschwitzt, meine Beine weich wie Pudding.
    Der Bach hatte sich nach Norden gewendet, zum Trinken hatte ich nur das Wasser aus der Thermosflasche, das bald aufgebraucht war. Nach einigen Stunden machte mich der Durst fast rasend. Ich schob einen Stein in den Mund, Spucke sammelte sich an. Das half ein wenig. In der Not besann ich mich auf einige meiner Fähigkeiten zurück. Früher waren die Indianer die besten Jäger und Fallensteller. Das Anbringen einer Falle war eine Sache der Geduld, die mir wenig lag. Aber ein Messer werfen, ja, das konnte ich. Es kam vor, dass wir es nach der Schule übten, obwohl es eigentlich verboten war.
    Aber Halbwüchsige kann man nicht immer im Auge behalten! Und ich zeigte mich in diesen Dingen nicht ungeschickter als ein Junge. Ein Tier zu töten widerstrebte mir, aber ich musste unbedingt wieder zu Kräften kommen. Also drückte ich mit dem Daumen auf mein Messer, die Klinge schnellte heraus. Ich stellte mich in den Schatten und wartete. Nicht lange darauf erblickte ich ein kleines, schwarzes Eichhörnchen auf einem Ast. Ich hob sehr langsam das Messer, wartete auf einen günstigen Augenblick. Als das Eichhörnchen den Baum hochstürmte, warf ich das Messer, indem ich etwas höher als das Tier zielte.
    Das Messer zog eine blitzende Bahn und traf das Tier, das vom Baum fiel. Ich lief auf das Eichhörnchen zu. Vielleicht war es Zufall gewesen, aber der kleine Kopf war fast abgetrennt, sodass das Tier kaum Schmerzen gelitten hatte. Mein Herz pochte.
    Ich sprach das alte Gebet der Jäger, um die Seele des Tieres zu besänftigen: »Verzeih mir, wenn ich dich töte, aber ich brauche dich, um am Leben zu bleiben.«
    Ich legte Steine im Kreis, sammelte Holz und machte Feuer. Dann zog ich dem Eichhörnchen das Fell ab.
    Die Haut ließ sich leicht schneiden und ablösen. Ich spießte das Tierchen auf einen Stock und hielt es im guten Abstand über die Flammen. Das Feuer knisterte, winzige Funken sprühten aus dem trockenen Holz, der brutzelnde Braten duftete lecker. Es wurde allmählich dunkel. Plötzlich bemerkte ich unter den Bäumen einen dunklen Schatten. Lela! Halblaut rief ich ihren Namen. Doch Wölfe fürchten sich vor Feuer. Lela bewegte nervös den Kopf und ließ sich zögernd in kurzer Entfernung nieder.
    Ich sprach zu ihr, um sie zu beruhigen: »Siehst du? Ich bin eine Jägerin wie du! Das riecht gut, nicht wahr? Ein Eichhörnchen ist ein ganz kleines Tier, aber das macht nichts. Warte einen Augenblick, du sollst deinen Anteil haben.«
    Als das Eichhörnchen gar war, zog ich das weiche Fleisch in Streifen ab. Die Knochen, an denen noch Fleischreste hingen, hielt ich Lela hin.
    »Komm! Das ist für dich.«
    Die Wölfin schnupperte, ließ ein kurzes Jaulen hören, und rührte sich nicht vom Fleck. Ich verstand sofort.
    »Warte, ich brauche das Feuer nicht mehr. Außerdem zieht es Mücken an.«
    Ich löschte das Feuer mit Sand. Erst jetzt trat die Wölfin langsam näher, schnappte die Knochen, die ich ihr reichte. Es dauerte keine Sekunde, da hatte sie alles geschluckt, ohne zu kauen. Nun gab sie einen Schmatzlaut von sich, kämmte sich mit der Zunge ihr dunkel glitzerndes Brustfell. Ich verbiss mir ein Lachen.
    »Tut mir Leid, davon wirst du nicht satt. Aber vielleicht fange ich morgen ein größeres Tier?«
    Das Fleisch schmeckte gut nach Nuss und gab mir neue Kräfte. Ich fühlte mich besser. Und auch in dieser Nacht lag die Wölfin neben mir. Ich spürte selbst im Schlaf, wie sie atmete. Sie passte ihren ursprünglichen Lebensrythmus dem meinen an, um mir Schutz und Wärme zu geben. Ich war ihr unendlich dankbar dafür.
    Am nächsten Morgen schlürfte ich den Tau, der sich in

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