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Shanera (German Edition)

Shanera (German Edition)

Titel: Shanera (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Schön
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beiden.
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    „Hoffentlich ist es nicht schon ganz dunkel, wenn wir ankommen.“, murrte Koras.
    Es begann bereits zu dämmern und der Weg führte inzwischen wieder leicht bergauf durch unübersichtliches Gelände. Man konnte nicht sagen, ob sie kurz vor dem Ziel oder noch Sandläufe davon entfernt waren. Shanera blickte sehnsüchtig zu Windbote, der ein ganzes Stück vor ihnen kreiste, wahrscheinlich auf der Suche nach einem unvorsichtigen Kleintier, das ihm als Abendessen dienen konnte. Vielleicht hatte er aber auch schon den Gipfel erspäht und wartete auf sie.
    So oder so, bald würden sie den vorläufigen Endpunkt ihrer Reise erreicht haben. Shanera machte sich inzwischen große Sorgen, dass von dem vermeintlichen Ausblick auch nicht mehr zu sehen sein würde als von der oberen Kante oder den Hochwegen der Wand.
    Was, wenn dieser Marsch umsonst gewesen war und sie morgen genauso schlau waren wie heute? Oder wenn einfach nur endlose Waldgebiete zu sehen sein würden? Oder etwas noch Abschreckenderes? Wahrscheinlich würde sie trotzdem weitergehen, aber es wäre entmutigend und ein erneuter Konflikt mit ihren Freunden ließe sich kaum vermeiden.
    Sie erreichten ihr Ziel genau zu dem Zeitpunkt, als die Sonne den Horizont berührte. Die letzten Büsche und Bäume hinter sich lassend, ein paar Schritte bergauf und sie waren auf einem kleinen Felsbuckel, der den exponiertesten Punkt des Vorbergs darstellte. Erschöpft standen sie nebeneinander auf dem kleinen Gipfelplateau, drei einsame Gestalten vor der Weite der Welt. Hätten sie zurückgeschaut, wäre die Große Wand nur noch ein schemenhaftes Band vor dem Panorama des Himmels gewesen. Ein dunkle Fläche, unterbrochen nur an einigen Stellen von im rötlichen Abendlicht beleuchteten Einschnitten und Rissen.
    Aber ihr Blick war nach vorne gerichtet. Die Weite des Zentraldschungels verschlug ihnen den Atem. Von hier aus war es nicht mehr nur eine verschwommene grüne Fläche. Es war ein wuchernder Urwald, unregelmäßig und zerfurcht, wild und großartig.
    Flussläufe schlängelten sich ohne erkennbares Ziel kreuz und quer durch die unendlichen Bäume. Es gab Gebiete mit großen und andere mit niedrigen Bäumen, schimmernde Wasserflächen mit herausragenden Riesenpflanzen, Baumtitanen, die den umgebenden Bewuchs wie Buschwerk aussehen ließen, hügelige Gebiete, kleine Lichtungen und endlose Waldflächen. Ein leises Geräusch drang zu ihnen hinauf, ein Summen und Rauschen wie von Tausenden und Abertausenden Lebewesen. Der Ruf des Urwalds. Und …
    „Was ist das?“, fragte Zela nach geraumer Zeit.
    „Licht.“, sagte Koras.
    „Da sind Feuer.“
    Je tiefer sich die Dämmerung senkte, desto deutlicher war es zu sehen. In zwei verschiedenen Bereichen des entfernten Urwalds, südlich und südwestlich, waren mehrere Lichtpunkte zu sehen. Sie waren nicht groß, sehr weit weg, aber sie leuchteten klar und gleichmäßig. Als sie hinsahen, hatten sie den Eindruck, es würden nach und nach weitere Lichter dazukommen.
    „Für Feuer sind es sehr ruhige Lichter.“, meinte Koras. „Sie flackern nicht.“
    „Auf jeden Fall keine Brände. Aber wer würde so viele Feuer machen, die man so weit sehen kann? Dort müssen sehr große Dörfer sein.“, sagte Zela.
    Shanera war fasziniert. Es schienen tatsächlich immer mehr Lichter zu werden. Auch wenn es sonst nur Dschungel zu sehen gab – wobei „nur“ hier sicherlich das falsche Wort war – dies bewies, dass dort noch mehr war, was zu erkunden sich lohnte.
    Schweigend beobachteten sie, wie der Dschungel langsam in der Dunkelheit versank und die geheimnisvollen Lichter ebenso langsam daraus auftauchten. Koras nahm behutsam Zelas Hand in die seine, während sie dort standen. Sie ließ es geschehen.
    Nur mühsam konnten sie sich von dem Anblick losreißen. Sie mussten noch ihr Lager errichten, bevor es ganz dunkel war. Aufgrund ihrer exponierten Lage verzichteten sie auf ein Feuer und mussten sich mit Trockennahrung und einigen Früchten zufrieden geben.
    Es war nicht völlig finster, der zunehmende erste Mond brachte ein wenig Licht. Nach dem Essen ging Shanera wieder zum Aussichtspunkt zurück und kauerte sich auf den Felsen. Es war nicht mehr wirklich kalt, eigentlich ganz angenehm. Die beiden Lichtbereiche waren inzwischen zu leuchtenden Flecken im Dschungel geworden. Es gab dort definitiv mehr Licht, als auch ein großes Dorf jemals benötigt hätte.
    Sie hörte Schritte hinter sich und registrierte, wie Zela sich neben sie

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