Shanera (German Edition)
würden sie auch.
„Keine Sorge, bald ist die Plackerei vorbei und wir treiben flussabwärts.“, wollte sie die anderen aufmuntern.
„Ich hoffe, Du meinst: auf dem Floß.“, erwiderte Koras trocken.
„Nun hör aber auf! Etwas mehr Optimismus, bitte.“
* *
Tag 16
„Wir hätten ein Regendach anbringen sollen.“, murrte Zela.
Shanera blinzelte zu ihr hinüber. Der strömende Regen war wie ein gleichmäßiges Rauschen, das alles überdeckte, jeden ihrer Sinne beanspruchte. Man sah, hörte und fühlte ihn, man konnte ihn sogar riechen. Schwer und betäubend zu Beginn, leichter und frisch am Ende der halbtäglichen Gewittergüsse. Zela war, wie sie alle, völlig durchnässt. Kleine Bäche liefen an ihren strähnigen Haaren entlang über das durchweichte Hemd, das an ihrem Körper klebte.
Die ledernen Umhänge und Westen hatten sie schon vor einigen Tagen zusammengepackt und mit ihren restlichen Sachen in der Mitte ihres kleinen Floßes verstaut, als die Hitze zu groß geworden war. Koras’ Umhang, der der größte war, lag obenauf und hielt das ganze einigermaßen trocken. Shanera fürchtete insbesondere um ihre Schriftrollen. Sie hatte nicht mehr gewagt, sie auszupacken, seit sie nach dem ersten großen Regen alles eingerollt und fest in einer hoffentlich wasserdichten Lederhülle verschnürt hatte.
Die Ufer links und rechts waren aus ihrer Sicht nur graue Massen undeutlich gewordener Bäume, die in den Wassern des Himmels zu versinken drohten. Sie ließen sich stromabwärts treiben, paddelten nur ab und zu ein wenig, um Hindernissen auszuweichen. Einmal waren sie mit einem treibenden Baumstamm kollidiert und in ernsthafte Schwierigkeiten gekommen, weil das Geäst sich in ihrem Floß verhakt, es aus dem Gleichgewicht und um ein Haar zum Kentern gebracht hatte. Seither waren sie vorsichtiger und hielten stets Ausschau nach Treibgut.
„Wenn Du mir sagst, wie wir das anstellen sollen, können wir gerne darüber reden.“, entgegnete Shanera ihrer Freundin und strich sich ein paar feuchte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Ich weiß auch nicht … Irgendwie muss es doch gehen. Warum nehmen wir nicht ein paar von den großen Blättern, wie sie die ganzen Stauden am Flussufer hatten?“
„Na ja, die sind vielleicht dicht, aber wie willst Du sie befestigen? Wir müssten eine Art Hütte oder Zelt bauen, und dafür ist das Floß nicht groß genug. Wir liegen jetzt schon ziemlich tief im Wasser.“
Tatsächlich kam ihnen das Wasser auch von unten näher, als ihnen lieb war. Sie hatten zwei grob behauene Baumstämme quer über der Grundfläche angebracht, auf denen sie sitzen konnten, und in der Mitte gab es eine kleine erhöhte Konstruktion für ihr Gepäck. Ansonsten war der Boden des Floßes aber fast immer nass und meist sogar leicht überschwemmt.
„Ich wette, wenn wir jemanden treffen, der hier wohnt, dann lacht der sich krumm und bucklig über unser Gefährt.“, warf Koras ein. „Für einen, der sich auskennt, ist es wahrscheinlich ziemliche Stümperei, was wir da fabriziert haben.“
„Ich weiß nicht, ich finde es nicht so schlecht.“, widersprach Shanera. „Immerhin hat es bisher gut gehalten. Außerdem haben wir noch keine Anzeichen von irgendwelche Leuten gesehen, die hier leben könnten. Die scheinen also auch nicht so gewieft in der Flussfahrt zu sein.“
„Oder sie sind so schlau, dass sie sich vom Fluss fern halten.“
„Alter Miesmacher.“
*
Tag 17
Am nächsten Morgen mussten sie sich allerdings fragen, ob Koras nicht recht gehabt hatte. Als Zela die beiden anderen nach der Nachtwache weckte, waren sie schweißgebadet und wie benommen.
„Hey, Shanera. Was ist los?“
Shanera blinzelte aus trüben Augen.
„Ich fühl mich gar nicht gut.“, brachte sie hervor. „Mir ist heiß.“
„Ich glaube, in diesem Land ist jedem heiß.“, versuchte Zela zu witzeln, doch sie sah, dass es ihrer Freundin nicht gut ging. Vorsichtig fühlte sie deren Stirn. Tatsächlich schien die Temperatur erhöht. „Hmm.“
Shanera stöhnte. „Immer wenn jemand ,Hmm‘ zu mir sagt, geht’s mir dreckig.“
„Also, so schlimm ist es nicht.“, beruhigte sie Zela. „Du bleibst am besten einfach liegen und ich mische Dir etwas Gesundes aus meinem Kräutervorrat.“
Sie ging zu Koras hinüber, der auch keinen besseren Eindruck machte. „Das Gleiche gilt für Dich.“ Sie fühlte auch seine Stirn und schob ihn dann sanft wieder auf seine Decke und in eine liegende Position.
„Was ist mit dem
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