Shannara I
etwas zu. Eine Tür öffnete sich, und ein graubärtiger Veteran tauchte auf; er starrte Balinor und die Elfen an, gab ein kurzes Kommando, und die Soldaten wandten sich widerstrebend ab, während er auf die drei Neuankömmlinge zueilte.
»Lord Balinor, Ihr kommt endlich!« rief er zur Begrüßung und senkte kurz den Kopf.
»Hauptmann Sheelon, ich freue mich, Euch zu sehen.« Balinor ergriff die Hand des Mannes. »Was geht in der Stadt vor? Weshalb tragen die Wachen das Zeichen des Falken und nicht unseren Kampfleoparden?«
»Mein Lord, die Grenzlegion hat Befehl erhalten, sich aufzulösen. Nur eine Handvoll von uns tut noch Dienst, die anderen sind in ihre Häuser zurückgekehrt.«
Sie starrten den Mann ungläubig an. Die Grenzlegion aufgelöst, angesichts der gewaltigsten Invasion, die das Südland je bedroht hatte? Sie erinnerten sich alle an Allanons Worte, wonach die Grenzlegion die einzige Hoffnung für die Völker der bedrohten Länder sei.
»Auf wessen Befehl?« fragte Balinor gepreßt.
»Eures Bruders«, erwiderte Sheelon. »Er hat seiner eigenen Garde befohlen, unsere Pflichten zu übernehmen, und die Legion angewiesen, sich bis auf weiteres aufzulösen. Die Lords Acton und Messaline gingen zum König, um ihn zu bitten, sich zu besinnen, aber sie sind nicht zurückgekehrt. Wir konnten nichts anderes tun als gehorchen…«
»Sind denn alle toll geworden?« schrie Balinor und packte den anderen am Rock. »Was ist mit meinem Vater? Regiert er dieses Land nicht mehr, ist er nicht mehr Befehlshaber der Legion? Was sagt er zu dieser Narretei?«
Sheelon senkte den Blick und suchte nach Worten. Balinor schüttelte ihn heftig.
»Ich - ich weiß es nicht, Herr«, murmelte der Mann. »Wir hörten, der König sei krank, und dann erfuhren wir nichts mehr. Ihr Bruder hat sich zum zeitweiligen Herrscher ernannt. Das ist drei Wochen her.«
Balinor ließ den Mann betroffen los und starrte geistesabwesend auf die Lichter des fernen Palastes.
»Wir müssen sofort zum Palast und mit Eurem Bruder sprechen«, sagte Dayel scharf. Er sah den jungen Elf an.
»Ja, natürlich, du hast recht«, sagte er. »Wir müssen zu ihm.«
»Nein, Ihr dürft nicht hingehen!« schrie Sheelon auf. »Keiner ist mehr zurückgekommen. Es gibt Gerüchte, daß Euer Bruder Euch zum Verräter erklärt haben soll - Ihr hättet Euch mit dem bösen Allanon verbündet, dem schwarzen Wanderer, der den dunklen Mächten dient. Es heißt, Ihr sollt eingesperrt und hingerichtet werden!«
»Das ist lächerlich«, sagte Balinor. »Ich bin kein Verräter, das weiß mein Bruder. Was Allanon betrifft, so ist er der beste Freund, den das Südland finden kann. Ich muß zu Palance und mit ihm sprechen. Wir mögen verschiedener Meinung sein, aber seinen eigenen Bruder würde er nie ins Gefängnis werfen. Dazu hat er nicht die Macht.«
»Es sei denn, Euer Vater ist tot«, warnte Durin. »Angeraten ist Vorsicht jetzt, bevor wir den Palast betreten. Höndel glaubt, daß Euer Bruder unter dem Einfluß Stenmins steht, und wenn das zutrifft, könntet Ihr in größerer Gefahr schweben, als Ihr ahnt.«
Balinor dachte nach und nickte. Er schilderte Sheelon schnell die Bedrohung Callahorns durch eine bevorstehende Invasion aus dem Norden und bekräftigte seine Ansicht, daß die Grenzlegion zur Verteidigung ihrer Heimat bitter nötig sei. Dann packte er den alten Soldaten an der Schulter und beugte sich vor.
»Ihr wartet vier Stunden auf meine Rückkehr oder das Erscheinen eines persönlichen Boten. Wenn ich bis dahin nicht herausgekommen bin oder Nachricht geschickt habe, sucht Ihr die Lords Ginnisson und Fandwick auf. Die Grenzlegion soll sofort wieder aufgestellt werden. Dann wendet Euch ans Volk und verlangt ein offenes Verfahren über unsere Sache von meinem Bruder. Das kann er nicht verweigern. Außerdem schickt Ihr Boten nach Westen und Osten, zu den Zwergen und Elfen, um ihnen mitzuteilen, daß wir gefangen sind, ich und die Vettern Eventines. Könnt Ihr Euch das alles merken?«
»Ja, mein Lord.« Der Soldat nickte. »Es wird geschehen, wie Ihr befehlt. Möge Euch das Glück treu sein, Prinz von Callahorn.« Er drehte sich um und verschwand in der Kaserne, während Balinor zornig und ungeduldig auf die Innenstadt zuging. Durin wollte seinen Bruder flüsternd dazu bewegen, außerhalb der Stadtmauern zu warten, bis er wisse, was mit Balinor und ihm selbst geschehen sei, aber Dayel weigerte sich rundweg, zurückzubleiben. Durin gab es schließlich auf und
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