Shannara I
Flick aufschrie.
Augenblicklich spürte Shea, wie das Seil, das sie verband, heftig ruckte und ihn in die Richtung des tödlichen Sumpfes zu zerren begann. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte, unfähig, im Nebel irgend etwas unterscheiden zu können. Einen flüchtigen Augenblick lang glaubte er, seinen Bruder einen Meter über den Sumpf schweben zu sehen, das Seil noch um seinen Körper geschlungen. In der nächsten Sekunde fühlte Shea den kalten Schlick nach seinen Beinen greifen.
Sie hätten alle verloren sein können, wenn nicht die schnellen Reflexe des Prinzen von Leah gewesen wären. Beim ersten harten Ruck am Seil hatte Menion instinktiv nach dem einzigen gegriffen, das nahe genug war, um ihn auf den Beinen zu halten. Es war eine riesige Eiche, deren Äste so tief herabhingen, daß er sich an einem derselben festklammern konnte. Er schlang einen Arm um ihn, packte mit der anderen Hand das Seil und zerrte daran. Shea, schon bis zu den Knien im Morast, spürte, wie das Seil sich straffte, und versuchte mitzuhelfen. Flick schrie in der Dunkelheit über dem Sumpf auf, und Menion und Shea brüllten gleichzeitig aufmunternde Worte. Plötzlich hing das Seil zwischen Flick und Shea durch, und aus dem grauen Nebel tauchte die kräftige Gestalt Flicks auf, noch immer über der Wasseroberfläche hängend, die Hüften umfaßt von einer Art grünlichen, tangbewachsenen Greifarms. Seine rechte Hand umklammerte den langen Silberdolch, der drohend glänzte, als er immer wieder auf das Ding einstach, das ihn festhielt. Shea zerrte heftig an dem Seil, das sie zusammenband, und versuchte seinem Bruder zu helfen, was ihm einen Augenblick später gelang, als der Greifarm in den Nebel zurückschnellte und Flick losließ, der prompt in den Sumpf stürzte.
Shea hatte seinen Bruder kaum aus dem Morast gezogen, ihm das Seil abgenommen und ihn auf die Beine gestellt, als gleich mehrere der grünlichen Arme aus der nebligen Dunkelheit herausschossen. Sie stießen den noch benommenen Flick nieder, und ein Tentakel legte sich um den linken Arm des verblüfften Shea, bevor er ausweichen konnte. Er spürte, wie er zum Sumpf gezogen wurde, und zog blitzschnell seinen eigenen Dolch, um heftig auf den schleimbedeckten Arm einzustechen. Währenddessen erblickte er im Sumpf etwas Riesiges, dessen Masse von der Nacht und dem Nebel verhüllt wurde. Auch Flick wurde wieder erfaßt, sogar von zwei Greifarmen, die ihn in den Morast zu ziehen suchten. Shea befreite sich tapfer von dem Tentakel, indem er ihn durchhackte; als er seinen Bruder zu erreichen versuchte, spürte er, wie ein anderer Arm sein Bein packte und ihn umriß. Sein Kopf prallte an eine Eichenwurzel, und er verlor das Bewußtsein.
Wieder wurden sie von Menion gerettet, der aus der Dunkelheit hervorsprang und das große Schwert schwang. Es durchtrennte mit einem Hieb den Arm, der den bewußtlosen Shea umklammerte. Eine Sekunde später war der Hochländer an Flicks Seite und hackte sich durch die Arme, die aus der Nacht nach ihm griffen. Mit einer Reihe gezielter Hiebe befreite er Flick. Für einen Augenblick verschwanden die Arme im Nebel über dem Sumpf, und Flick und Menion beeilten sich, den ohnmächtigen Shea vom Ufer wegzuzerren. Bevor sie jedoch die Sicherheit der mächtigen Eichen gewannen, stellten Menion und Flick sich vor den Bewußtlosen und hieben auf die Greifarme ein. Der Kampf ging lautlos vonstatten, abgesehen vom Keuchen der beiden Männer, die immer wieder zuschlugen, Fetzen und Stücke aus den Armen hieben, manchmal ganze Teile abtrennten. Aber nichts schien das Ungeheuer im Sumpf bremsen zu können, das nach jedem Hieb mit erneuerter Wut angriff. Menion verfluchte sich dafür, nicht den großen Eschenholzbogen herangeholt zu haben, um versuchen zu können, auf das zu schießen, was sich im Nebel verbarg.
»Shea!« brüllte er verzweifelt. »Shea, wach auf, oder wir sind verloren, beim Himmel!«
Die Gestalt hinter ihm regte sich.
»Steh auf, Shea!« flehte Flick heiser, denn er spürte, wie sein Arm ermüdete.
»Die Steine!« brüllte Menion. »Hol die Elfensteine!«
Shea richtete sich auf, wurde aber sofort wieder umgeworfen. Er hörte Menion schreien und tastete blind nach seinem Rucksack, der einige Meter entfernt lag, unter peitschenden Greifarmen. Menion schien das im selben Augenblick zu erkennen und stürzte mit einem wilden Schrei vorwärts, mit dem Schwert eine Gasse für die anderen bahnend. Flick folgte ihm, den Dolch schwingend. Shea sprang
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