Shannara II
kann. Dieser Stab soll unser Talisman sein - die rechte Hand des Ellcrys, die uns beschützen wird, wenn die Heere in der Schlacht aufeinanderprallen.«
Den Stab noch immer in den Händen, trat er vor. In den harten Augen im Schatten der hohen Stirn stand ein harter Glanz.
»Heute am frühen Morgen bin ich allein zu dem Ellcrys gegangen, weil ich hoffte, ein Mittel zu finden, das uns befähigen würde, dem Feind zu widerstehen. Der Baum schenkte mir Gehör, und er sprach in den Bildern zu mir, die seine Worte sind. Er fragte mich, warum ich gekommen sei. Ich erklärte ihm, daß den Elfen kein Zauber außer meinem eigenen zur Verfügung steht, mit dem sie der Macht der Dämonen begegnen können; ich erklärte ihm, daß ich fürchtete, dies allein könne nicht ausreichen; daß ich fürchtete, mein Zauber könne versagen. Ich sagte dem Baum, ich suchte eine Waffe gegen die Dämonen, die etwas von dem verkörpert, was er ist, da er ja die Macht besäße, sie in Bann zu halten.
Da tauchte der Baum tief in sein Inneres und brach diesen Stab, den ich jetzt in meinen Händen halte, dieses Glied seines Körpers. Geschwächt wie er ist, dem Tode nahe, konnte er mir dennoch etwas von sich selbst geben, was dem Elfenvolk eine Hilfe sein wird. Ich habe den Ellcrys nicht berührt, ich stand nur wie gebannt vor Ehrfurcht angesichts solcher Willenskraft. Berührt dieses Holz, König der Elfen - berührt es nur!«
Er übergab den Stab in Evetines Hände, und diese schlossen sich darum. Die Augen des Königs weiteten sich voller Bestürzung. Da nahm der Druide den Stab wieder aus seinen Händen und reichte ihn wortlos dem Sohn. Der Elfenprinz fuhr zusammen. Das Holz des Stabes war warm, es pulste das Lebensblut durch seine Adern.
»Er lebt!« hauchte der Druide ehrfürchtig. »Er ist von dem Baum ganz abgetrennt und dennoch mit seinem Leben erfüllt. Das ist die Waffe, die ich gesucht habe. Das ist der Talisman, der die Elfen vor dem schwarzen Zauber der Dämonenhorden schützen wird. Solange sie diesen Stab tragen, werden die Kräfte, die in dem Ellcrys wohnen, sie beschützen und für ihr Wohlergehen Sorge tragen.«
Er nahm Andor den Stab aus den Händen, und wieder trafen ihre Blicke einander. Der Elfenprinz spürte, wie etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen stand, etwas, das er nicht verstehen konnte; es war so wie an jenem Abend im Saal des Hohen Rates, als er sich an Amberles Seite gestellt hatte.
Die Augen des Druiden richteten sich jetzt auf den König.
»Hört mich an.« Seine Stimme war leise, und er sprach schnell. »In dieser Nacht wird der Regen versiegen. Ist das Heer bereit?«
Eventine nickte.
»Dann brechen wir bei Morgengrauen auf. Wir müssen schnell handeln.«
»Aber wohin führt unser Marsch?« fragte der König sogleich. »Habt Ihr denn entdeckt, wo der Durchbruch stattfinden wird?«
Die schwarzen Augen des Druiden funkelten.
»Ja. Der Ellcrys hat es mir kundgetan. Er spürt, daß die Dämonen sich an einem einzigen Punkt hinter der Mauer der Verfemung sammeln. Er spürt, wie er selbst dort schwach wird, wo sie sich zusammendrängen. Er weiß, daß dort der Bannfluch zuerst seine Wirkung verlieren wird. Schon einmal ist die Mauer an dieser Stelle durchbrochen worden, nämlich von denen, welche die Erwählten ermordet haben. Die Lücke wurde wieder geschlossen, aber die Wunde ist nicht geheilt. Und an dieser Stelle wird die Mauer der Verfemung schließlich nachgeben. Schon gibt sie ständig nach, kann den Kräften, die gegen sie andrängen, kaum noch standhalten. Von jenem, der ihr Führer ist und dessen zauberische Kräfte den meinen beinahe gleich sind, werden die Dämonen zu diesem Ort gerufen. Dagda Mor heißt der Führer. Mit seiner Hilfe werden die Dämonen eine neue Bresche in die Mauer schlagen, und diesmal wird sie sich nicht wieder schließen.
Doch wir werden auf ihr Kommen vorbereitet sein.« Seine Hand umfaßte den Stab fester. »Wir werden sie erwarten. Wir werden sie überraschen, während sie, gerade erst der Finsternis entronnen, noch verwirrt und uneins sind. Wir werden ihnen den Weg nach Arborlon versperren, solange wir dazu fähig sind. Wir werden Amberle die Zeit geben, die sie braucht, um das Blutfeuer zu finden und hierher zurückzukehren.«
Mit gebieterischer Miene winkte er Andor und dessen Vater. Dann bückte er sich und hob eine der Landkarten vom Boden auf, breitete sie auf dem Schreibtisch aus.
»Hier wird die Mauer brechen«, flüsterte er leise.
Sein Finger deutete
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