Shannara II
Zeltwand empor. Einen Lidschlag lang blickte der König ihm wortlos nach, dann sprang er hastig auf.
»Allanon!«
Der Druide wandte sich um.
»Wenn die Dämonen wissen, daß wir uns auf dem Marsch zum Grimmzacken-Gebirge befinden - wenn sie das wissen, dann wissen sie vielleicht auch, daß Amberle mit dem Samenkorn des Ellcrys auf dem Weg zum Wildewald ist.«
Den Worten des Königs folgte bedrücktes Schweigen. Die beiden Männer sahen einander an. Ohne etwas zu erwidern, verschwand der Druide durch die Zeltöffnung in der Nacht.
Zu derselben Zeit wanderte Andor Elessedil auf der Suche nach der Legions-Freitruppe und Stee Jans durch das abendliche Treiben im Lager der Elfen. Vordergründig ging es ihm darum, sich zu vergewissern, daß die Legionssoldaten über alles verfügten, was sie zu ihrem Wohlbefinden brauchten; dahinter verbarg sich ein persönliches Interesse an ihrem Befehlshaber. Seit dem Eintreffen der Freitruppe in Arborlon hatte er kein Wort mehr mit Jans gewechselt, und es interessierte ihn, mehr über den rätselhaften Südländer zu erfahren. Da er im Augenblick keinen dringenderen Auftrag zu erfüllen hatte, hatte er beschlossen, die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Stee Jans zu suchen.
Er fand das Lager der Freitruppe schließlich am Südrand der Kensrowe-Berge. Die Pferde waren schon angebunden und gefüttert, auch die Wachen schon aufgestellt. Doch keiner der Wachposten rief ihn an, als er ins Lager hineinwanderte. Als er das Quartier des Befehlshabers nicht gleich finden konnte, hielt er mehrere Soldaten an, um sie nach Jans zu fragen, und wurde schließlich an einen Hauptmann der Truppe verwiesen.
»Jans?« Der Hauptmann war ein stämmiger Bursche mit einem dichten Vollbart. Sein Lachen klang tief und dröhnend. »Weiß der Himmel! In seinem Zelt ist er jedenfalls nicht, das kann ich Euch sagen. Wir hatten kaum das Lager aufgeschlagen, da war er schon verschwunden. Rauf in die Berge.«
»Auf Erkundung?« fragte Andor ungläubig.
Der Hauptmann zuckte die Schultern.
»So ist er nun mal. Der will immer schon vorher ganz genau wissen, was das für ein Ort ist, wo er vielleicht ins Gras beißt.« Er lachte. »Nie läßt er einen anderen auf Kundschaft gehen. Das tut er immer selbst.«
Andor nickte mit einigem Unbehagen.
»Ich vermute, das ist der Grund, weshalb er noch am Leben ist.«
»Der! Der hat doch das ewige Leben! Wißt Ihr, wie man ihn nennt? Den Eisenmann. Ja, genau das ist er. Das ist unser Befehlshaber.«
»Ja, hart genug sieht er ja aus«, meinte Andor zustimmend. Seine Neugier wuchs schier unbezähmbar.
Der Hauptmann winkte ihn näher zu sich heran, und einen Moment lang vergaßen beide, mit wem er es da zu tun hatte.
»Habt Ihr die Geschichte von Rybeck gehört?« fragte der Grenzbewohner.
Andor schüttelte den Kopf, und ein Funke von Befriedigung loderte in den harten Augen des anderen auf.
»Dann hört mir zu. Vor zehn Jahren fiel eine Horde von Gnomen immer wieder über die Dörfer am Ostrand der Grenzländer her, plünderte Häuser und Höfe und tötete die Bewohner. Ein niederträchtiges Geschmeiß war das, und die Legion versuchte mit allen Mitteln, die Bande zu stellen, aber ohne Erfolg. Schließlich hetzte ihnen der König die Freitruppe auf die Fersen, und zwar mit dem Befehl, die Gnomen zu stellen und zu vernichten, und wenn es Monate dauern sollte. Ich erinnere mich an diese Jagd; ich war schon damals bei der Truppe.«
Er kauerte sich an einem Feuer nieder, und Andor hockte sich neben ihn. Andere gesellten sich zu ihnen und lauschten dem Bericht.
»Fünf Wochen dauerte die Jagd, und die Truppe verfolgte diese Gnomen bis in den oberen Anar hinein. Eines Tages dann, als wir der Bande schon ziemlich dicht auf den Pelz gerückt waren, geriet ein Spähtrupp von uns - ganze dreiundzwanzig Mann - in eine Nachhuttruppe von mehreren hundert Plünderern. Der Spähtrupp hätte zurückweichen können, aber das tat er nicht. Die Männer entschieden sich für den Kampf. Einer wurde zurückgeschickt, um Verstärkung zu holen, die anderen warfen sich den Plünderern in einem kleinen Dorf namens Rybeck entgegen - ein paar windschiefe alte Häuser, sonst nichts. Drei Stunden lang hielten diese zweiundzwanzig Soldaten den Plünderern stand - warfen jeden Angriff zurück, den die Gnomen eröffneten. Ein Leutnant, drei Unteroffiziere und achtzehn Soldaten. Einer der Unteroffiziere war fast noch ein Knabe. Er war erst seit sieben Monaten bei der Truppe - aber schon
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