Shannara III
über die reglosen Wasser des Flusses, hob den Kopf in der dunklen Kapuze, und sein Blick war hart und durchdringend. Er sah nicht aus wie Brimen damals; sein Körper wirkte eher fest als durchschimmernd, war nicht wie der Geist seines Vaters in Nebelfetzen gehüllt, und er war frei von dem Leichentuch, das den alten Mann eng umschlungen hatte. Es war, als lebte er noch, dachte Brin plötzlich, als wäre er niemals gestorben.
Er kam näher und hielt dann inne, um in der Luft über dem Wasser des Flusses zu schweben.
»Allanon«, flüsterte sie.
»Ich habe darauf gewartet, daß du kommst, Brin Ohmsford«, antwortete er leise.
Sie schaute genauer hin und sah nun den schwachen Schimmer des Flußwassers sanft durch die dunklen Gewänder funkeln; nun begriff sie, daß er wirklich tot war und nur sein Geist vor ihr stand.
»Es ist vollbracht«, erklärte sie ihm, und das Sprechen fiel ihr plötzlich schwer. »Der Ildatch ist zerstört.«
Der Kopf in der Kapuze neigte sich leicht zur Seite. »Zerstört durch die Macht des Elfenzaubers, dem das Wünschlied seine besondere Gestalt verlieh. Doch auch durch eine bedeutendere Macht, Talmädchen - durch Liebe, Brin; durch die Liebe, die deinen Bruder an dich band. Er liebte dich zu sehr, um aufzugeben, auch wenn er fast zu spät gekommen wäre.«
»Ja, Allanon, auch durch die Liebe.«
»Retterin und Zerstörerin.« Die schwarzen Augen verengten sich. »Die Macht deiner Magie wollte dich zu beidem machen, und du hast gesehen, wie korrumpierend solche Macht sein kann. Die Verlockung ist so groß und so schwer abzuwägen. Ich hatte dich davor gewarnt, doch diese Warnung hat nicht ausgereicht. Ich habe dich kläglich im Stich gelassen.«
Sie schüttelte rasch den Kopf. »Nein, nicht Ihr habt mich im Stich gelassen. Ich selbst habe mich im Stich gelassen.«
Der Druide hob die Hände im Innern seiner Gewänder, und sie bemerkte, daß sie hindurchsehen konnte. »Ich habe nicht viel Zeit, so hör mich aufmerksam an, Brin Ohmsford. Ich verstand von der schwarzen Magie nicht soviel, wie ich hätte verstehen müssen. Ich habe mich getäuscht - genau wie der Finsterweiher dir sagte. Ich wußte, daß die Magie des Wünschliedes wirken konnte, wovor mein Vater gewarnt hatte - als Segen und als Fluch -, und daß derjenige, der diese Macht innehat, folglich zum Retter und zum Zerstörer werden konnte. Doch du besaßest Herz und Verstand, und ich hielt die Gefahr nicht für so groß, weil diese Eigenschaften dich stützten. Ich habe die Wahrheit über den Ildatch nicht erkannt und nicht begriffen, daß die von der schwarzen Magie ausgehende Gefahr jene überwältigen könnte, die geschaffen waren, sie zu beherrschen. Denn die wirkliche Gefahr stellte immer das Buch dar - es verwandelte alle von Grund auf, die kamen, den Zauber anzuwenden, von der Zeit des Dämonen-Lords bis zu jener der Mordgeister. Alle waren Sklaven des Ildatch gewesen, und dieser Ildatch war nicht nur eine leblose Sammlung von Seiten und Einband, in der die schwarze Magie aufgezeichnet war. Der Ildatch lebte - als Kraft des Bösen, die durch die Verlockungen des Zaubers alle, die ihre Macht suchten, unter ihre Gewalt bringen konnte.«
Allanon beugte sich näher zu ihr, und das Sonnenlicht fiel in Streifen durch die Ränder seiner dunklen Kleider, als wären sie ausgefranst. »Ich wollte von Anfang an, daß du zu dem Buch stößt. Doch ich wollte auch, daß du zuvor einige Prüfungen ablegen solltest. Bei jedem Gebrauch des Wünschliedes bist du der Verlockung der Zaubermacht ein Stück mehr erlegen. Du wußtest, daß dein fortgesetzter Gebrauch des Zaubers falsch war, warst aber trotzdem gezwungen, ihn weiter anzuwenden. Und ich war nicht da, um dir zu erklären, was geschah. Bis zu dem Zeitpunkt, als du in den Maelmord hinabstiegst, glichst du weitgehend allen, die dem Buch gedient hatten, und du glaubtest, daß es so sein müßte. Und genau das war die Absicht des Buches. Es wollte dich ganz für sich haben. Selbst die Macht der Mordgeister war unbedeutend im Vergleich zu der deinen, denn sie waren nicht wie du mit dem Zauber geboren worden. In dir hatte der Ildatch eine Waffe von größerer Macht gefunden als alle, die ihm jemals gedient hatten - selbst als der Dämonen-Lord.«
Brin starrte ihn ungläubig an. »Dann sprach er die Wahrheit, als er sagte, er hätte auf mich gewartet - daß es Bande gäbe, die uns einten.«
»Eine verdrehte Halbwahrheit«, schränkte Allanon ein. »Du warst im Geiste dem Bild sehr
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