Shannara III
Wie sollte er dazu fähig sein?
»Gib sie mir«, wiederholte die fremde, sanfte Stimme.
Jair zögerte noch einen Augenblick und kämpfte mit seiner Unentschlossenheit. Dann reichte er sie langsam dem König vorn Silberfluß.
»Recht getan«, lobte der alte Mann. »Du zeigst Charakter und Urteilskraft, wie sie deiner Vorfahren würdig sind. Um dieser Eigenschaften willen habe ich dich auserwählt. Und diese Eigenschaften werden dich aufrecht halten.«
Er schob die Elfensteine in seine Gewänder und zog einen anderen Beutel heraus. »Dieser Beutel enthält Silberstaub - Lebenserwecker für die Wasser vom Silberfluß. Du mußt ihn zum Himmelsbrunnen bringen und in das vergiftete Wasser streuen. Wenn du das tust, wird der Fluß wieder sauber. Dann wirst du eine Möglichkeit finden, deine Schwester sich selbst wiederzugeben.«
Brin sich selbst wiedergeben? Jair schüttelte langsam den Kopf. Was meinte der alte Mann damit?
»Sie wird sich verlieren.« Wieder schien der König vom Silberfluß seine Gedanken lesen zu können. »Du verfügst über die Stimme, die ihr helfen wird, auf ihren Weg zurückzufinden.«
Jair verstand immer noch nicht. Er begann Fragen zu stellen, die seine Verwirrung beseitigen könnten, aber der alte Mann schüttelte langsam den Kopf.
»Höre auf meine Worte.« Ein dünner Arm streckte sich nach ihm und legte ihm den Beutel Silberstaub in die Hand. »Nun haben wir das Bündnis geschlossen. Wir haben Vertrauen gegen Vertrauen getauscht. Nun kann die Zauberkraft wirken. Deine Zauberkraft nützt dir gar nichts, so wenig wie die meine mir. Deshalb behalte ich deine und gebe dir die meine.«
Wieder griff er in seine Gewänder. »Die Elfensteine sind drei an der Zahl, jeweils einer für Verstand, Körper und Herz - Zauberkräfte, welche die Macht der Steine wirksam werden lassen. Demnach sollst du drei Zauberkräfte bekommen. Zuerst diese.«
In seiner Hand lag ein strahlender Kristall an einer Silberkette. Er reichte ihn Jair. »Für den Verstand einen Kristall. Wenn du ihn ansingst, zeigt er dir das Antlitz deiner Schwester, wo immer sie sich aufhalten mag. Benutze ihn, wenn du wissen mußt, wie es um sie steht. Und du wirst es erfahren müssen, denn du mußt zum Himmelsbrunnen emporgestiegen sein, ehe sie den Maelmord erreicht.«
Seine Hand hob sich zu Jairs Schulter. »Für deinen Körper die Kraft, die Reise ostwärts durchzustehen und den Gefahren standzuhalten, die dir drohen werden. Diese Kraft wirst du in jenen finden, die dich begleiten, denn du wirst diese Reise nicht alleine unternehmen. Für jeden demnach einen Hauch Magie. Sie beginnt und endet hier.« Er wies auf den schlafenden Garet Jax. »Wenn du ihn am meisten brauchst, wird er stets dasein. Er wird dein Beschützer sein, bis du endlich am Himmelsbrunnen angelangt bist.«
Dann wandte er sich wieder Jair zu. »Und für das Herz, mein Kind, den letzten Zauber - ein Wunsch, der dir am meisten nützen wird. Nur ein einziges Mal wirst du dich auf das Wunschlied stützen, und es wird dir nicht nur Trugbilder, sondern Wirklichkeit schenken. Es ist der Zauber, durch welchen du deine Schwester retten wirst. Benutze ihn, wenn du am Himmelsbrunnen stehst.«
Jair schüttelte langsam den Kopf. »Aber wie soll ich ihn benutzen? Was soll ich tun?«
»Ich kann dir die Entscheidung nicht abnehmen«, entgegnete der König vom Silberfluß. »Wenn du den Silberstaub in das Becken vom Himmelsbrunnen geschüttet hast und die Wasser wieder rein sind, wirf den Sehkristall hinterher. Dort mußt du die Antwort finden.«
Er beugte sich nach vorn und hob die zerbrechliche Hand. »Aber sei gewarnt. Du mußt den Brunnen erreichen, ehe deine Schwester den Maelmord betritt. Es steht geschrieben, daß sie das schaffen wird, da das Vertrauen des Druiden in ihre Magie wohl verdient ist. Du mußt dort sein, wenn das geschieht.«
»Das will ich«, flüsterte Jair und drückte den Sehkristall fest an sich.
Der alte Mann nickte. »Ich habe großes Vertrauen in dich gesetzt. Die Schicksale der Länder und Völker hängen nun von dir ab, und du darfst sie nicht enttäuschen. Aber du hast Mut. Man kann sich auf dich verlassen. Sprich die Worte nach, Jair.«
»Du kannst dich auf mich verlassen«, wiederholte der Talbewohner.
Vorsichtig erhob sich der König vom Silberfluß wieder wie ein Geist in der Nacht. Große Müdigkeit überkam Jair plötzlich und zerrte ihn hinab in seinen Reiseumhang. Wärme und Trost durchströmten langsam seinen Körper.
»Du bist
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