Shannara III
von allen am ehesten Teil von mir«, hörte er den alten Mann sagen, und die Worte klangen schwach und wie aus weiter Ferne. »Kind des Lebens, die Magie macht dich dazu. Alles ist in Fluß, aber die Vergangenheit wirkt fort und wird zum Kommenden. So war es bei deinem Urgroßvater und bei deinem Vater. So verhält es sich auch bei dir.«
Er verblaßte und verging wie Rauch im Feuerschein. Jair spähte ihm hinterdrein, doch sein Blick war von Müdigkeit so umwölkt, daß er anscheinend nicht klar sehen konnte.
»Wenn du erwachst, wird alles sein wie zuvor, bis auf eines - daß ich hier war. Schlaf nun, Kind. Friede sei mit dir.«
Jair schloß gehorsam die Augen und schlief.
Kapitel 11
Als Jair erwachte, war der Tag bereits angebrochen, Sonnenschein ergoß sich von einem wolkenlosen, blauen Himmel und wärmte die Erde, die noch feucht vom Morgentau war. Er streckte sich genüßlich und atmete den Duft von Brot und gekochtem Fleisch. Garet Jax kniete mit dem Talbewohner zugewandtem Rücken am Lagerfeuer und bereitete das Frühstück zu.
Jair schaute sich um. Spinkser war nirgendwo zu sehen.
Alles wird sein wie zuvor…
Schlagartig erinnerte er sich an alles, was in der vergangenen Nacht geschehen war, und setzte sich ruckartig hoch. Der König vom Silberfluß - oder war das alles nur ein Traum gewesen? Er blickte auf seine Hände hinab. Da lag kein Sehkristall. Als er schlafend zurückgesunken war, hatte er den Kristall - sofern wirklich einer dagewesen war - in der Hand gehabt. Er tastete den Boden danach ab und befühlte seinen Umhang. Immer noch kein Kristall. Dann war es wohl doch ein Traum gewesen. Er fühlte hastig seine Jackentaschen ab. Eine Ausbeulung in einer Tasche zeigte, daß die Elfensteine noch da waren - oder war es der Beutel mit dem Silberstaub? Rasch flogen seine Hände über seinen übrigen Körper.
»Suchst du etwas?«
Jair riß den Kopf hoch und stellte fest, daß Garet Jax ihn musterte. Er schüttelte schnell den Kopf. »Nein, ich habe nur…« stotterte er.
Dann fiel sein Blick auf ein metallisches Schimmern an seiner Brust, wo sein Hemd offenstand. Er schaute an sich hinab und preßte das Kinn an die Brust. Es war eine Silberkette.
»Möchtest du etwas essen?« fragte der andere Mann.
Jair hörte ihn gar nicht. Also war es doch kein Traum gewesen, dachte er. Es war Wirklichkeit. Es hatte sich alles so zugetragen, wie es in seiner Erinnerung war. Eine Hand folgte der Silberkette an seinem Hemd, bis er die Kristallkugel zu fassen bekam, die an ihrem Ende hing.
»Willst du nun etwas essen oder nicht?« wiederholte Garet Jax mit leicht gereiztem Unterton.
»Ja, ich… ja, gern«, murmelte Jair, stand auf und trat hinzu, um neben dem anderen zu knien. Er bekam einen Teller gereicht, gefüllt mit den Speisen aus dem Kessel. Er überspielte seine Aufregung und begann zu essen.
»Wo ist Spinkser?« erkundigte er sich einen Augenblick später, als ihm der abwesende Gnom wieder einfiel.
Garet Jax zuckte mit den Schultern. »Er ist nicht wiedergekommen. Vor dem Frühstück habe ich mich nach ihm umgesehen. Seine Spur führt hinunter zum Fluß und dann westwärts.«
»Westwärts?« Jair hörte zu kauen auf. »Aber das ist doch gar nicht der Weg in den Anar.«
Der Waffenmeister nickte. »Ich fürchte, dein Freund ist zu dem Schluß gekommen, daß er uns weit genug begleitet hat. Das ist das Ärgerliche an Gnomen - sie sind nicht sehr zuverlässig.«
Jair spürte, wie die Enttäuschung ihm einen Stich versetzte. Spinkser mußte tatsächlich beschlossen haben, seiner eigenen Wege zu gehen. Aber warum mußte er sich so davonschleichen? Warum hatte er nicht zumindest etwas sagen können. Jair dachte noch einen Moment darüber nach, zwang sich dann weiterzuessen und seine Enttäuschung zu verdrängen. Heute früh mußte er sich mit dringenderen Problemen beschäftigen.
Er dachte noch einmal alles durch, was der König vom Silberfluß ihm vergangene Nacht erzählt hatte. Er hatte einen Auftrag zu erfüllen. Er mußte in den unteren Anar zum Rabenhorn, dem Unterschlupf der Mordgeister, und zu einem Berggipfel namens Himmelsbrunnen. Es würde eine lange, gefährliche Reise werden - selbst für einen geübten Jäger. Jair starrte zu Boden. Natürlich würde er gehen. Daran bestand kein Zweifel. Aber so kampfbereit und entschlossen er sein mochte, mußte er sich doch eingestehen, daß er alles andere als ein geübter Jäger oder auf anderem Gebiet geübt war. Er würde Hilfe benötigen. Aber wo
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