Shannara IV
ausgewechselt. Ich weiß es; ich habe nichts unversucht gelassen, es herauszufinden. Heute wird ein paar Stunden vor der Ablösung der Wache zudem ein besonderes Reinigungskommando eintreffen, weil vor der Wachablösung am Abend eine Inspizierung der Quartiere stattfinden soll; der Kommandant des Wachhauses will, daß die Quartiere makellos aussehen. Die Tagwachen werden das Reinigungskommando ungehindert passieren lassen.« Er schwieg kurz. »Das besagte Reinigungskommando, das sind natürlich wir. Sind wir erst einmal drin, kümmern wir uns als erstes um die Nachtwache. Wenn wir nicht allzu viel Lärm machen, wird die Tagwache überhaupt nicht merken, was gespielt wird. Sie werden ihre Runden fortsetzen und damit sogar einen Teil unserer Arbeit erledigen, indem sie niemand hereinlassen. Von innen verriegeln wir für alle Fälle die Tür. Dann begeben wir uns über die Treppe des Wachhauses in den Keller und hinaus in die Schlucht. Draußen sollte es dann noch immer hell genug sein, damit wir das, was wir suchen, ziemlich rasch finden. Sobald wir es haben, gehen wir die Treppe wieder hinauf und verschwinden so, wie wir gekommen sind.«
Einen Augenblick sprach niemand. Dann sagte Drutt mit rauher Stimme: »Man wird uns erkennen, Padishar. Wir werden bestimmt einigen von den Soldaten über den Weg laufen, die uns von unserem letzten Besuch kennen.«
Padishar Creel schüttelte den Kopf. »Vor drei Tagen wurden die Wachen ausgetauscht. Die Wachen, die dort waren, als wir gefangengenommen worden sind, sind nicht mehr da.«
»Und was ist mit dem Kommandanten?«
»Er kommt erst Anfang der nächsten Woche zurück. Wir haben es nur mit dem wachhabenden Offizier zu tun.«
»Wir brauchen Föderationsuniformen.«
»Die haben wir. Ich habe sie gestern besorgt.«
Drutt und Stasas warfen sich vielsagende Blicke zu. »Du hast alles seit langem vorbereitet, stimmt’s?« fragte letzterer.
Der Anführer der Geächteten lachte leise. »Seit dem Augenblick, als wir die Zellen verlassen haben.«
Morgan, der neben Par auf einer Bank saß, stand auf. »Wenn irgend etwas schief geht und sie unser Vorhaben entdecken, werden sie überall sein. Und dann sitzen wir in der Falle, Padishar.«
Der große Mann schüttelte den Kopf. »Nein, werden wir nicht. Zusätzlich zu unseren Reinigungsgeräten nehmen wir Greifhaken und Seile mit. Wenn wir nicht auf dem gleichen Weg wieder hinauskommen, verlassen wir die Schlucht mit Hilfe dieser Geräte. Die Föderationssoldaten werden darauf warten, daß wir durch den Wachhauseingang verschwinden. Sie werden gar nicht auf die Idee kommen, daß wir die Schlucht auf einem anderen Weg verlassen könnten.«
Ein langes Schweigen trat ein.
»Nun, wie steht ihr dazu?« Padishar Creels Geduld neigte sich dem Ende zu. »Zeit ist unser kostbarstes Gut. Wir wissen, daß wir ein Risiko eingehen, aber das liegt in der Natur der Sache. Ich möchte eine Entscheidung. Wollt ihr es versuchen oder nicht? Wer sagt ja? Wer ist auf meiner Seite?«
Par spürte, wie die Stille unerträglich wurde. Coll und Morgan waren neben ihm zu Statuen erstarrt. Stasas und Drutt hatten die Augen auf den Fußboden gerichtet. Damson Rhee und Padishar Creel sahen einander an.
Par erkannte, daß niemand etwas sagen wollte, sondern alle auf ihn warteten. Zu seiner eigenen Überraschung, und ohne daß er darüber nachdenken mußte, sagte er: »Ich bin dabei.«
»Hast du den Verstand verloren?« flüsterte Coll in sein Ohr.
Stasas und Drutt zogen einen Augenblick Padishar Creels Aufmerksamkeit auf sich, als auch sie erklärten, mit von der Partie zu sein.
»Par, das war unsere Chance, aus der Sache rauszukommen!« murmelte Coll.
»Er tut es für mich, verstehst du das nicht? Ich bin es schließlich, der das Schwert von Shannara sucht. Ich kann nicht zulassen, daß Padishar das Risiko ganz allein trägt. Ich muß mit ihm gehen!«
Hilflos schüttelte Coll den Kopf. Morgan zwinkerte Par über Colls Schulter hinweg zu und hob seine Hand, um sein Einverständnis zu erklären. Coll tat dies ebenfalls.
Nur noch Damson Rhee war übrig. Padishar Creel hatte seinen Blick auf sie geheftet und wartete. Plötzlich kam Par der Gedanke, daß Padishar Creel überhaupt nicht hätte fragen müssen, ob sie mit ihm gehen wollten; er hätte es ihnen einfach befehlen können. Vielleicht wollte er sie mit der Frage auch nur auf die Probe stellen. Der Verräter war immer noch nicht gefunden.
»Ich werde im Park auf euch warten«, sagte Damson Rhee.
Weitere Kostenlose Bücher