Shannara IV
»Und nur dieses eine Mal.«
Par wartete. »Es hat in meinem Leben viele Veränderungen gegeben«, fuhr sein Onkel nach einer Weile fort. »Ich nehme an, daß deine Erinnerungen an mich aus deinen Kindertagen nur sehr spärlich sind, und das meiste davon hat sowieso nicht mehr viel mit dem, der ich jetzt bin, zu tun. Ich habe das Leben im Vale aufgegeben und damit jeden Anspruch darauf, ein Südländer zu sein, und bin dann hierher gekommen, um noch einmal von vorne anzufangen. Ich habe den Wahnsinn der Menschen hinter mir gelassen, deren Leben durch ihre primitiven Instinkte bestimmt wird. Ich habe den Menschen aller Rassen den Rücken gekehrt, ihrer Habgier und ihren Vorurteilen, ihren Kriegen, ihrer Politik und ihrer abscheulichen Vorstellung von Verbesserung. Ich bin hierher gekommen, Par, damit ich allein leben konnte. Ich war natürlich schon immer allein; ich bin dazu geboren, allein zu sein. Der Unterschied besteht jetzt darin, daß ich nicht deswegen allein bin, weil die anderen es so wollen, sondern deshalb, weil ich es so will. Ich habe die Freiheit, das zu sein, was ich bin - ohne daß ich mich deshalb unwohl fühlen müßte.« Ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht. »Die Zeit, in der wir leben, und das, was wir sind, machen es uns schwer. Verstehst du mich, Par? Auch du verfügst über Magie - in deinem Fall eine sehr konkrete Magie. Durch sie wirst du keine Freunde gewinnen, im Gegenteil. Man gestattet uns heutzutage nicht, Ohmsfords zu sein, weil Ohmsfords die Zauberkraft ihrer Vorfahren besitzen, und weder die Magie noch die Elfen werden heutzutage geschätzt oder verstanden. Ich bin es leid geworden, ich habe keine Lust mehr, ein Außenseiter zu sein und ständig mit Argwohn und Mißtrauen behandelt zu werden. Ich bin es leid, als etwas Fremdartiges angesehen zu werden. Dir wird es genauso ergehen, wenn es dir nicht schon so ergangen ist. Es liegt einfach im Wesen der Dinge.«
»Ich lasse mich davon nicht beirren«, antwortete Par. »Die Magie ist eine Gabe.«
»Ja wirklich? Ist sie das jetzt? Eine Gabe ist nicht etwas, das man verstecken muß wie eine ansteckende Krankheit. Sie ist nicht etwas, dessen man sich schämen, wovor man sich in Acht nehmen oder Angst haben sollte. Sie ist nicht etwas, das einen töten könnte.«
Er sprach mit solcher Bitterkeit, daß Par ein Schauer über den Rücken lief. Schuldbewußt schüttelte der Onkel den Kopf. »Ich weiß manchmal nicht, was ich sage, wenn ich über die Vergangenheit spreche. Es tut mir leid. Ich wollte andere Dinge mit dir besprechen. Aber nur mit dir, Par. Ich überlasse die Hütte deinen Gefährten für die Zeit ihres Aufenthaltes. Aber ich werde sie dort nicht aufsuchen. Mein Interesse gilt nur dir.«
»Aber was ist mit Coll?« fragte Par verwirrt. »Warum willst du nur mit mir sprechen und nicht auch mit ihm?«
Sein Onkel lächelte spöttisch. »Denk nach, Par. Ich habe ihm nie so nahe gestanden wie dir.«
Par starrte ihn schweigend an. Er mußte zugeben, daß sein Onkel recht hatte. Es war die Magie, durch die er Walker nähergekommen war, und Coll hatte daran nie teilgehabt. Die Zeit, die er mit seinem Onkel verbracht und die ihn dem Mann nähergebracht hatte, war immer eine Zeit ohne Coll gewesen.
»Außerdem«, fuhr der andere leise fort, »geht das, was ich mit dir besprechen will, nur uns an.«
Plötzlich verstand Par. »Die Träume.« Sein Onkel nickte.
»Das heißt also, daß auch du sie geträumt hast - die schwarze Gestalt, die Allanon zu sein scheint und vor dem Hadeshorn steht und uns warnt und ruft?« Par war sprachlos. »Und was ist mit dem alten Mann? War er auch bei dir?« Wieder nickte sein Onkel. »Dann kennst du ihn, nicht wahr? Ist es wirklich Cogline?«
Walker Bohs Gesicht war jetzt ausdruckslos. »Ja, Par, es ist Cogline.«
Par rieb sich aufgeregt die Hände. »Ich kann es nicht glauben! Wie alt ist er? Hunderte von Jahren, nehme ich an - genauso alt, wie er zu sein behauptet. Lebt er immer noch hier bei dir?«
»Er besucht mich manchmal. Die Katze gehörte ihm, bevor er sie mir schenkte. Du erinnerst dich doch daran, daß es immer eine Moorkatze gab. Die davor hieß Whisper. Das war zu Zeiten von Brin Ohmsford. Die jetzige heißt Ondit. Der alte Mann hat ihr diesen Namen gegeben. Er meinte, es sei ein guter Name für eine Katze - besonders für eine Katze, die mir gehört.«
Er sprach nicht weiter, und etwas, das Par nicht deuten konnte, zeigte sich in seinem Gesicht, um sofort wieder zu
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