Shannara V
Versteinerung des umliegenden Landes ging ihm nicht schnell genug. Umschlossen vom Gezeitenstrom, den seine Magie nicht angreifen kann, saß er auf seinem Stückchen Land in der Falle, und nur die schmale Landenge bot ihm den Weg nach Süden, und nur der Malmschlund konnte diesen Zugang ausweiten. Der Steinkönig flößte seinem Kinde immer größere Mengen seiner eigenen Magie ein, gierig auf schnellere, weitreichendere Ergebnisse. Der Malmschlund fing als Folge der immer größeren Machtzugaben an, seine Gestalt zu verändern und sich in etwas zu transformieren, das dem, was sein Vater wünschte, angemessener war. Er wurde maulwurfartig. Er begann, Stollen in den Boden zu graben und stellte fest, daß der Wandel von unten her schneller ging als von oben. Er wuchs, während er fraß, und veränderte sich weiter. Er wurde zu einem Wühlwurm von gigantischen Ausmaßen.«
Sie machte eine Pause. Dann fuhr sie fort: »Und er verlor den Verstand. Zu viel Macht, zu schnell eingeflößt, machte ihn wahnsinnig. Aus dem denkenden, vernünftigen Geschöpf wurde ein so vernunftloses Wesen, das nichts anderes als Fressen konnte. Es ging nach Süden und grub sich tiefer und tiefer. Das Land wandelte sich schnell, doch der Malmschlund veränderte sich noch schneller. Und eines Tages verlor Uhl Belk alle Kontrolle über sein Kind.«
Sie schaute hinüber auf die dunkle Silhouette der Stadt und dann wieder auf ihre Gefährten. »Der Malmschlund begann seinen Vater zu verfolgen, wenn er sich nicht gerade durch das Land fraß. Ihm war die Macht bewußt geworden, die der Steinkönig besaß, und er war gierig darauf, sie an sich zu reißen. Uhl Belk begriff, daß er ein zweischneidiges Schwert erschaffen hatte. Auf der einen Seite untergrub der Malmschlund die Vier Länder und verwandelte sie zu Stein. Auf der anderen untergrub er auch Eldwist und suchte nach einem Weg, ihn zu zerstören. Der Malmschlund war so stark geworden, daß Vater und Sohn sich die Waage hielten. Der Steinkönig lief Gefahr, von seiner eigenen Waffe besiegt zu werden.«
»Konnte er nicht einfach seinen Sohn zurückverwandeln?« fragte Carisman mit weit aufgerissenen Augen.
Quickening schüttelte den Kopf. »Nicht mehr, als er daran dachte, etwas zu ändern. Da war es zu spät. Der Malmschlund wollte sich nicht verändern lassen - auch wenn, wie mein Vater mir sagte, ein Teil von ihm erkannte, was für ein Horrorwesen er geworden war, und sich nach Erlösung sehnte. Doch offenbar war dieser Teil zu schwach, um sich durchzusetzen.«
»Und so wühlt er unter der Erde und bejammert sein Schicksal«, murmelte der Sänger. Er begann zu singen:
»Gestaltet wie ein Menschenkind,
dem Steinkönig zu dienen,
wühlt Malmschlund sich durch Feld und Land.
Geschaffen von des Vaters Hand,
wurde ein Monster aus dem Kind,
ohn’ Hoffnung, frei zu fliehen.
Er jagt.«
»Er jagt allerdings« wiederholte Morgan Leah. »Uns jagt er voraussichtlich auch bald.«
Quickening schüttelte den Kopf. »Er merkt nicht einmal, daß es uns gibt, Morgan. Wir sind zu klein und viel zu unbedeutend, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken. Bis zu dem Augenblick, in dem wir unsere Magie benutzen, heißt das. Dann merkt er es.«
Es herrschte nachdenkliche Stille. »Was tat er, als wir ihn vorhin sahen?« fragte Horner Dees schließlich.
»Schrie seine Gefühle heraus - seine Wut, seine Enttäuschung, seinen Haß und seinen Wahnsinn.« Sie machte eine Pause. »Seinen Schmerz.«
»Genau wie der Koden ist er ein Gefangener von des Steinkönigs Magie«, sagte Walker Boh. Seine scharfen Augen fixierten das Mädchen. »Und irgendwie ist es Uhl Belk gelungen, jene Magie in seinem Besitz zu halten, nicht wahr?«
»Er ist in den Besitz des schwarzen Elfensteines gelangt«, erwiderte sie. »Er verließ Eldwist gerade lange genug, um ihn aus der Halle der Könige zu stehlen und durch den Asphinx zu ersetzen. Er trug ihn in seine Feste zurück und setzte ihn gegen sein Kind ein. Der Besitz der Elfenmagie ließ die Waage der Kraft wieder zu Uhl Belks Gunsten ausschlagen. Nicht einmal der Malmschlund ist stark genug gegen den Stein.«
»Ein Zauber, der die Kraft anderer Zauber zunichte machen kann«, zitierte Pe Ell nachdenklich. »Ein Zauber, der sie zu seinem eigenen Vorteil umkehren kann.«
»Der Malmschlund bedroht seinen Vater noch immer, doch den Elfenstein kann er nicht besiegen. Er lebt noch, weil Uhl Belk will, daß er weiterhin das Land frißt, daß er fortfährt, alles Lebende in Stein zu
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