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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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seine wichtigste Eigenschaft. Er wurde bewacht, wann immer er aus seiner Zelle herauskam, wann immer er in den dunklen Gängen des Monolithen zu dem Übungshof hinabschritt und wann immer er wieder hinaufstieg. Es war ihm gestattet, im Übungskampf mit Ulfkingroh so lange zu bleiben, wie er wollte, und es war ihm auch erlaubt, soviel Zeit mit dem rauhen Burschen zu verbringen, daß er ihn in ein Gespräch verwickeln konnte. Aber er wurde immer bewacht. Er konnte sich keinen Fehler leisten.
    Dennoch bezweifelte er nie, daß er einen Weg finden würde.
    Er sah Rimmer Dall nur zweimal, nachdem der Sucher ihn in seiner Zelle besucht haue. Jedesmal hatte er sich ferngehalten und nur einen unerwarteten, kurzen Blick auf ihn geworfen und war dann wieder verschwunden. Jedes Mal waren die kalten Augen alles, woran er sich hinterher erinnern konnte. Coll hielt zuerst überall Ausschau nach ihm, bis er erkannte, daß das zu einer Art Besessenheit wurde und er damit aufhören mußte. Aber er hörte niemals auf, daran zu denken, was der große Mann ihm gesagt hatte, daran, daß Par auch ein Schattenwesen war und daß die Magie ihn verschlingen würde, wenn er die Wahrheit seiner Identität nicht akzeptierte, und daß er in seinem Wahnsinn eine Gefahr für seinen Bruder sei. Coll glaubte nicht, was Rimmer Dall ihm erzählt hatte - und doch konnte er sich auch nicht dazu bringen, es vollständig zu leugnen. Die Wahrheit, so sagte er sich, lag irgendwo dazwischen, in dieser grauen Zone zwischen Vermutungen und Lügen. Aber die Wahrheit war schwer zu erkennen, und hier drinnen würde er sie nie erfahren. Rimmer Dall hatte seine eigenen Gründe für das, was er tat, und er würde sie Coll nie verraten. Was auch immer es war, was auch immer die Realität der Schattenwesen und ihrer Magie war, Coll war überzeugt davon, daß er seinen Bruder finden mußte.
    Also trainierte er am Tage im Übungshof, lag bei Nacht wach und erwog alle Möglichkeiten und verdrängte dabei die ganze Zeit den quälenden Gedanken, daß vielleicht nichts so eintreten würde. Als er eines Tages wieder einmal mit Ulfkingroh trainierte, mehrere Wochen nachdem er aus seiner Zelle freigelassen worden war, erblickte er Rimmer Dall, wie er einen Weg zwischen zwei Nischen hinabging. Zuerst sah es so aus, als sei ein Teil von ihm abgeschnitten. Dann erkannte er, daß der Erste Sucher etwas über seinen Arm gelegt hatte - etwas, das zunächst wie nichts erschien, weil es so schwarz war, daß es an einen Teil einer Neumondnacht erinnerte. Coll verhielt seinen Schritt, trat dann zurück und beobachtete. Ulfkingroh knurrte verärgert und schaute dann über seine Schulter zurück, um zu sehen, was ihn abgelenkt hatte.
    »Huh!« grunzte er, als er sah, wohin Coll schaute. »Da ist nichts, was dich etwas angeht. Nimm die Hände hoch.«
    »Was trägt er da?« drängte Coll.
    Ulfkingroh stieß seinen Stab auf den Boden und lehnte sich mit demonstrativer Geduld darauf. »Einen Umhang. Er wird Spiegeltuch genannt. Siehst du, wie schwarz er ist? Siehst du, wie er das Licht fortnimmt, genau wie ein Fleck schwarzer Tinte? Schattenwesenmagie, kleiner Bursche.« Das rauhe Gesicht verzog sich unter dem Anflug eines Lächelns. »Weißt du, was er tut?« Coll schüttelte den Kopf. »Du weißt es nicht? Gut! Du sollst es ja auch nicht wissen! Jetzt nimm die Hände hoch!«
    Sie fuhren mit dem Training fort, und Coll, der keineswegs ein kleiner Bursche und jeden Zoll so groß und stark wie Ulfkingroh war, nahm gewissermaßen Rache, indem er den anderen so hart schlug, daß der hinfiel und einige Minuten lang wie betäubt war.
    In dieser Nacht lag Coll wach, weil er über das Spiegeltuch nachdachte und sich fragte, wozu es dienen mochte. Es war das erste greifbare Stück von Schattenwesenmagie, das er je gesehen hatte. Es gab natürlich noch andere Arten der Magie, aber die wurden vor ihm verborgen. Das Größte und Wichtigste war etwas, das tief im Inneren des Turmes eingesperrt war, das brummte und klopfte und manchmal fast so klang, als würde es schreien, etwas Riesiges und sehr Erschreckendes. Er stellte sich darunter immer einen Drachen vor, den die Schattenwesen hatten anketten können, aber er wußte, daß es so einfach nicht sein konnte. Was auch immer es war, es war weit beeindruckender und schrecklicher als das. Es gab auch noch andere Wesen, die hinter den Türen eingeschlossen waren, die ihm verboten waren. Andere waren in den Katakomben verborgen, die er niemals betreten konnte.

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