Shannara VI
nicht, warum er jetzt dazu in der Lage war, dachte aber auch nicht, daß er es jemals wieder tun würde.
Cogline schüttelte in einer langsamen und schmerzvollen Bewegung den Kopf. »Nein. Ein Druide sagt nicht, was er nicht sagen muß.« Er hustete erneut. »Du weißt das.«
Walker Boh konnte nicht sprechen. Er schaute nur auf den alten Mann hinab.
Cogline blinzelte. »Du hast mir einmal gesagt, daß ich immer wüßte, wann ich handeln müßte und wann nicht.« Er lächelte. »Du hattest recht.«
Er schluckte erneut. Dann wurde sein Blick starr, und er hörte auf zu atmen. Walker sah weiterhin auf ihn hinab, kniete im Staub und in der Hitze da, lauschte auf die Stille, die sich ungebrochen ausstreckte, und dachte in bitterem Trost, daß Allanon den alten Mann das letzte Mal benutzt hatte.
Er schloß Coglines blinde Augen.
Es mußte sich erst noch zeigen, ob der Druide ihn zum Guten benutzt hatte.
Kapitel 20
Walker begrub Cogline in den Wäldern unterhalb Paranors. Er bettete ihn auf einer Lichtung zur Ruhe, die ein Fluß, der sich durch eine Reihe flacher Stromschnellen schlängelte, kühlte und die von Eichen und Hickorybäumen gesäumt wurde, deren belaubte Zweige einen Teppich aus Wildblumen und grünen Gräsern mit schattigen Mustern bedeckten. Jeden Tag würde sich mit dem Zug der Sonne gen Westen das Farbenspiel verändern. Es war eine Umgebung, die Walker an die verborgenen Täler am Hearthstone erinnerte, die sie beide so gern bewandert hatten. Er wählte einen Platz auf der Lichtung, von dem aus die Spitzen Paranors deutlich zu sehen waren. Cogline, der sich bis zum Ende als irregeleiteter Druide gefühlt hatte, war endlich heimgekehrt.
Als er fertig war, verweilte Walker noch eine Zeitlang auf der Lichtung. Er fühlte sich zerschlagen und erschöpft, aber die tiefsten Wunden waren jene, die er nicht sehen konnte, und es bedeutete für ihn ein gewisses Maß an Trost, inmitten der uralten Bäume zu stehen und die Waldluft zu atmen. Vögel sangen, ein Windstoß ließ die Blätter und Gräser rascheln, der Fluß kräuselte sich, und die Geräusche waren tröstlich und friedlich. Er wollte noch nicht nach Paranor zurückkehren. Er wollte nicht an den geschwärzten, verkohlten Überresten der Vier Reiter und ihrer Schlangenreittiere vorbei hinaufgehen. Er wollte alles, was in seinem Leben geschehen war, auslöschen wie Kreide von einer Tafel und erneut beginnen. In ihm war eine Bitterkeit, die er nicht loswerden konnte, die mit der Beharrlichkeit eines hungrigen Tieres an ihm nagte und kratzte und sich nicht vertreiben ließ. Diese Bitterkeit hatte viele Ursachen - er machte sich nicht die Mühe, sie aufzulisten. Am stärksten empfand er natürlich Bitterkeit über sich selbst. Er war in diesen Tagen immer über sich selbst verbittert, wie es schien, ein Fremder, aus dem Nichts gekommen, ein Mann, dessen Identität er kaum erkannte, ein nur zu bereites Unterpfand für die Wünsche und Bedürfnisse alter Männer, die seit tausend Jahren vergangen waren.
Er saß auf der Lichtung am Fluß, schaute über sie und den Flecken frisch gewendeter Erde an der Stelle, an der Cogline lag, hinweg und zwang sich dazu, sich an den alten Mann zu erinnern. Seine Verbitterung brauchte Linderung. Vielleicht würden Erinnerungen an den alten Mann dies bewirken. Er nahm sich einen Moment Zeit, um sich einige Handvoll kaltes Wasser aus dem Fluß ins Gesicht zu spritzen, es von Schmutz und Asche und Blut zu säubern, ließ sich dann auf einem sonnigen Fleck nieder und ließ seine Gedanken schweifen.
Wenn Walker sich an Cogline erinnerte, dachte er vor allem an den Lehrer, einen Mann, der zu ihm gekommen war, als sein Leben durcheinander und wirr gewesen war, als er die Rassen verlassen hatte, um allein am Hearthstone zu leben, wo man ihn nicht anstarren und über ihn flüstern würde, wo er nicht als der Dunkle Onkel bekannt sein würde. Die Magie war für Walker damals ein Mysterium gewesen, das Vermächtnis des Wunschgesangs von Brin Ohmsford, das durch die Jahre hindurch in einem Gewirr von Fäden herabgekommen war, die er nicht entwirren konnte. Cogline hatte ihm Möglichkeiten aufgezeigt, wie er die Magie kontrollieren konnte, so daß er sich ihr gegenüber nicht mehr hilflos fühlen mußte. Cogline hatte ihn gelehrt, wie er sein Leben ausrichten mußte, damit er Herr der weißen Hitze sein konnte, die in ihm wühlte. Er hatte ihm die Angst und die Verwirrung genommen und Walker seinen Sinn für das Wesentliche und
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