Shannara VI
seine Fenster, wie das Tageslicht den Himmel erhellte. Essen und Trinken wurden von einem schwarz gewandeten, lautlosen Schattenwesen gebracht, und er dachte einen Moment lang daran, das Wesen mit seiner Magie zu vernichten und zu fliehen. Aber er zögerte, denn er war sich der Weisheit so eines Plans nicht sicher, der Moment verging, und die Tür schloß sich für ihn einmal mehr.
Er aß und trank und fühlte sich nicht besser. Er saß in der Düsterkeit seines Gefängnisses und lauschte auf die Stille. Hin und wieder konnte er die Schreie der Reiher und Kraniche von dort draußen hören und ein leises Pfeifen des Windes an der Festungsmauer. Er trat an die Fenster und sah hinaus. Er schaute gen Osten in die aufgehende Sonne hinein. Unter ihm wand sich der Mermidon aus dem Runne heraus und setzte seinen Weg zum Regenbogensee hinab fort. Seine Wasser waren angeschwollen von dem Unwetter und mit Schutt versetzt. Die Fenster waren tiefliegend und erlaubten nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf das umliegende Land, aber er konnte die Bäume und Gräser riechen und das Vorüberfließen des Flusses hören.
Danach setzte er sich erneut auf sein Bett und versuchte darüber nachzudenken, was er tun sollte. Während er das tat, wurde ihm ein Summen aus den Tiefen der Festung bewußt, eine seltsame Vibration, die wie Donner bei einem Unwetter durch das Gestein und das Eisen lief. Sie klang tief und beharrlich und schien wie eine stetige, unaufhörliche Woge zu verlaufen, aber hin und wieder dachte er, er könne es brechen spüren und in seinem Wimmern etwas anderes hören. Er lauschte sorgfältig darauf, spürte seine Bewegung in seinem Körper und fragte sich, was es war.
Der Tag strebte dem Mittag zu, als Felsen-Dall zurückkehrte. So dunkel, daß er das Licht um sich herum zu absorbieren schien, glitt er wie ein Schatten durch die Tür und materialisierte sich erneut auf dem Stuhl. Er fragte Par, wie er sich fühle, wie er geschlafen habe, ob er genug zu essen und zu trinken bekommen habe. Er war freundlich und ruhig und bestrebt, sich zu unterhalten, aber auch abweisend, als fürchte er, daß jeder Versuch, zu nah heranzukommen, vorhandene Wunden nur verschlimmern würde. Er sprach erneut von den Schattenwesen und der Föderation, von dem Fehler, den Par beging, wenn er diese beiden verwechselte, daß es gefährlich sei, wenn er glaubte, daß sie beide Feinde wären. Er sprach erneut von seinem Mißtrauen gegenüber den Druiden, von den Arten, wie sie manipulierten und täuschten, von ihrer Besessenheit von der Macht und ihrem Gebrauch. Er erinnerte Par an die Geschichte seiner Familie - wie die Druiden die Ohmsfords benutzt hatten, um Ziele zu erreichen, die sie für notwendig gehalten, und dabei die Leben jener für immer verändert hatten, die sie benutzten.
»Du würdest nicht unter der Wandelbarkeit des Wunschgesangs leiden, wenn nicht das gewesen wäre, was Wil Ohmsford vor Jahren angetan wurde«, erklärte er, und seine Stimme war wie immer leise und zwingend. »Du kannst genausogut darüber nachdenken wie ich, Par. Alles, was du in diesen letzten Wochen durchgemacht hast, wurde von den Druiden und ihrer Magie herbeigeführt. Wer trägt die Schuld daran?«
Dann sprach er von der Krankheit der Vier Länder und den Schritten, die unternommen werden mußten, um eine Heilung zu beschleunigen. Es seien nicht die Schattenwesen, die diese Krankheit verursachten. Es sei die Mißachtung der Rassen durch jene, die einst so vorsichtig geschützt und bewahrt hatten. Wo waren die Elfen, als sie gebraucht wurden? Fort, weil die Föderation sie vertrieben hatte, voller Angst wegen der Magie, die ihnen als Vermächtnis hinterlassen worden war. Wo waren die Zwerge, die immer die besten Hüter gewesen waren? In der Sklaverei, von der Föderation unterworfen, damit sie keine Bedrohung für die Südlandregierung mehr darstellen konnten.
Er sprach eine Zeitlang, und dann war er plötzlich wieder fort, in das Gestein und die Stille der Festung verschwunden. Par saß da, wo er zurückgelassen worden war, und bewegte sich nicht. Er hörte das Flüstern des Ersten Suchers in seinem Geist - den Rhythmus seiner Stimme, den Klang seiner Worte und die Litanei seiner Argumente, wie sie begann und endete und erneut begann. Der Nachmittag verging, und die Sonne versank im Westen. Die Dämmerung brach herein, und sein Abendessen wurde gebracht. Er nahm an, was ihm von dem schweigsamen Träger gebracht wurde, und dieses Mal dachte er
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