Shannara VI
strich ein drittes Mal über den See, ignorierte den Kriecher und kam auf die Brücke zu. Da Spirit ihnen gefolgt war, seit sie den Sumpf betreten hatten, war er jetzt bereit, sie in Sicherheit zu bringen. Seine Klauen streckten sich nach einem sicheren Halt auf dem Steg aus, und der große Rock hielt sich dort lange genug, daß Triss Wren wie einen Sack Federn Tiger Ty zuschieben und ihr hinauf folgen konnte, daß Faun hinterhereilen und sogar Stresa hinaufgehoben werden konnten. Dann erhob sich Spirit erneut und entkam gerade eben den riesigen Kiefern, die sich aus dem Sumpf streckten, über die Brücke fuhren und erfolglos zuschnappten.
Sie stiegen langsam hoch, und Wren richtete sich auf, zog ihre Haltegurte fest und schaute hinab. Der letzte der Kriecher kauerte auf der Insel. Auf allen Seiten wurde er von den Schrecken des Sees gefangengehalten. Schatten sprenkelten ihn wie eine Krankheit. Er konnte nicht entkommen und würde dort in dem Sumpf sterben wie die anderen. Wren starrte ihn unverwandt an und empfand nichts.
Spirit durchbrach den Nebel und flog in das Sonnenlicht über den Wolken. Wren mußte in der plötzlichen Helligkeit blinzeln. Der Sumpf und alles, was in Nebel und Dunkelheit verborgen war, verschwand unter ihnen.
Wie Morrowindl, in die Vergangenheit verbannt…
Wren wandte ihr Gesicht der Sonne zu und schaute nicht mehr zurück.
Kapitel 32
Zwielichtschatten streckten ihre Finger in die Nacht, und der Himmel über der Südwache war dicht vor Wolken, die die Sterne und den Mond ausschlossen und Kühle und Feuchtigkeit vor der Dämmerung versprachen. Die Hitze des Tages nahm schnell ab, und Staub und Sand ließen sich als winzige Teilchen, die wie Elfen tanzten, wieder auf der Erde nieder. Es war unwahrscheinlich, daß auch nur die kleinste Brise aus dem Runne herabwehen würde. Stille senkte sich über das Land, so weich wie Satin und so zerbrechlich wie Glas. Auf der Erde kauerte Nebel in langen Ranken, die sich durch Senken und über Grate hinwegwanden und das vergiftete Grasland um den Schattenwesenkeep in eine weite weiße See verwandelten.
Schäumend und wirbelnd begann die See unruhig zu werden. Es war eine Zeit für Geister, die auf dem Wind segelten wie Schiffe auf dem Meer, für Wesen, die einhergehen konnten, ohne bei ihrem Vorüberziehen Fußabdrücke zu hinterlassen. Es war eine Zeit, in der die Hoffnungen und Erwartungen und Ängste und Zweifel des Tages Gestalt annehmen und hervorkommen und nach einer Stimme suchen konnten, die mit ihnen sprach und sie Erlösung aus neubegründetem Glauben finden ließ. Es war eine Zeit, in der der Verstand den Weg freigeben mußte für das, was nur die Vorstellungskraft allein erfassen konnte. Es war eine Zeit für Träume.
Walker Boh berief die Seinen herauf und beobachtete, wie sie sich schnell und sicher näherten wie ein herabgleitender Falke, und als der ihn erreichte, streckte er sich, um ihm zu begegnen, erhob sich so leicht wie Luft aus seinem Körper, klammerte sich fest und wurde emporgehoben. Lautlos, unsichtbar, eins mit den Geistern der Nacht, schwebte er aus den Wäldern an den Hängen des Runne herab, eilte mit der grausamen Gewißheit des herannahenden Todes durch die dunklen Stämme und belaubten Zweige und durch alle Stille und Schwärze. Er hielt sich so ruhig wie Eis im Winter, während er auf die jenseitigen, verdorrten, kahlen Ebenen hinausschwebte, durch den Nebel auf den wartenden schwarzen Obelisken zu. Er bewegte sich auf die Art der Druiden fort, auf die Art, die Allanon ihn gelehrt hatte, als ein entkörperlichter Geist. Seine Erinnerungen wanden sich um ihn herum und zerrten an ihm, jene Allanons und jene des Mannes, der er gewesen war. Er erinnerte sich sofort an beide und sah sich wieder als einen Geächteten, der nicht hatte glauben wollen und gegen die Umwandlung angekämpft hatte, die die Druidenmagie unweigerlich bewirkt hatte. Und Walker Boh sah sich auch wieder als Druidenschatten, der die Ereignisse in Bewegung gesetzt hatte, die in dieser Umwandlung gipfeln würden, indem sie Brin Ohmsford das Vermächtnis hinterließen, das schließlich in ihm seine Erfüllung finden würde. Es war seltsam, mehr als eine Person zu sein, und doch war es auch richtig. Er war niemals in Frieden mit sich selbst gewesen, und seine Unzufriedenheit lag zum großen Teil in einem Gefühl der Unvollkommenheit begründet. Jetzt war er vollständig, ein Mann, der aus vielen anderen entstanden war. Er lernte noch immer, zu
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