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Shannara VI

Titel: Shannara VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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fragte er sich zum sicherlich hundertsten Mal. Was war aus ihnen geworden, seit sie selbst entkommen waren?
    An die beiden zu denken bereitete ihm Unbehagen. Das tat es immer. Zuviel Zeit war vergangen, seit er sie verlassen hatte. Die Gefahr durch die Schattenwesen war zu groß, als daß es gut war, daß die Talbewohner allein dort draußen blieben. Er hoffte, daß Padishar sie inzwischen gefunden hatte. Er hoffte, daß sie es leichter gehabt hatten als er.
    Aber er hätte nicht gewagt, darauf zu wetten.
    Er überquerte den Platz und sah das Whistledown. Ein verwittertes Holzschild, auf dem über dem Namen eine Flöte und ein schäumender Krug eingeschnitzt waren, wies auf das Gasthaus hin. Es war ein Holzhaus wie alle anderen, die eng darum herum standen, teilte eine gemeinsame Wand mit den Gebäuden zur Rechten und zur Linken, ragte drei Stockwerke in den Himmel empor, mit Fenstern mit Vorhängen im zweiten und dritten Stockwerk, wo sich entweder die Wohnräume der Besitzer und ihrer Familien oder Mieträume befanden. Der Platz war voller Menschen, die von diesem Ort zu einem anderen kamen oder gingen. Es gab gar nicht wenige, die von Wirtshaus zu Wirtshaus torkelten, einige so betrunken, daß sie kaum stehen konnten. Morgan umging sie, trat beiseite, um jene, denen er begegnete, vorbeizulassen, roch den Schweiß und den Schmutz ihrer Körper und den Gestank der Straßen. Wyvern Split, so dachte er, war wirklich die Gosse.
    Er erreichte die geöffneten Türen des Whistledown, trat ein und war überrascht, als er feststellte, daß das Innere des Bierhauses völlig anders aussah. Obwohl es schlicht und karg möbliert war, waren die Böden sauber geschrubbt, die hölzerne Oberfläche der Theke auf Hochglanz poliert und die Tische und Sessel und Stühle ordentlich aufgestellt. Über allem lag der Geruch von Zedernholz und Firnis. Bierfässer schimmerten in ihren Gestellen an der Wand hinter der Theke, und das Krügeregal aus Metall war mit Glastüren versehen. Zwei schwere Schwingtüren am Ende der Theke waren geschlossen. Ein wuchtiger Steinkamin ragte an der Wand links von der Theke empor, und eine enge Treppe, die zu den oberen Stockwerken führte, nahm den größten Teil der rechten Wand ein. Auf der Theke selbst waren Schüsseln und Geschirrtücher gestapelt.
    Aber es war etwas anderes, was Morgans Blick anzog und festhielt, etwas, was so offensichtlich fehl am Platz war, daß er ein zweites Mal hinschauen mußte, um sicher zu sein, daß er sich nicht getäuscht hatte.
    Bündel von Wildblumen waren in großen Vasen auf den Regalen neben den Bierfässern und auf den Ständern mit den Krügen angeordnet.
    Blumen - hier, ausgerechnet hier! Er schüttelte den Kopf.
    Die Schwingtüren öffneten sich, und ein Junge mit einem Besen trat hindurch. Er war groß und hager, hatte kurzgeschorene, schwarze Haare und feine, fast zarte Gesichtszüge. Er bewegte sich mit fließender Anmut, während er entlang der Theke fegte, fast als tanze er, den Besen gedankenverloren vor sich hin und her schwingend. Er pfiff leise und hatte Morgan offensichtlich noch nicht registriert.
    Morgan änderte seine Haltung gerade soweit, daß seine Anwesenheit bemerkt wurde, und der Junge schaute sofort auf.
    »Wir haben geschlossen«, sagte er. Kobaltblaue Augen waren auf den Hochländer gerichtet, ein offener, fast herausfordernder Blick begegnete ihm. »Wir öffnen in der Dämmerung.«
    Morgan schaute zurück. Das Gesicht des Jungen war glatt und unbehaart, und seine Hände waren lang und dünn. Die Kleidung, die er trug, war locker und formlos und hing an ihm wie an Stöcken. Sie war um seine schmale Taille gegürtet und an den Knöcheln zusammengebunden. Er trug Schuhe anstelle von Stiefeln, tiefgeschnittene, genähte Lederschuhe, die sich seinen Füßen angepaßt hatten.
    »Ist dies das Whistledown?« fragte Morgan, der beschlossen hatte, sich dessen besser zu versichern.
    Der Junge nickte. »Kommt später zurück. Nehmt zuerst ein Bad.«
    Morgan blinzelte. Ein Bad nehmen? »Ich suche jemanden«, sagte er und begann sich unter dem stetigen Blick unbehaglich zu fühlen.
    Der Junge zuckte die Achseln. »Ich kann Euch nicht helfen. Außer mir ist niemand hier. Versucht es auf der anderen Seite der Straße.«
    »Danke. Aber ich suche nicht einfach nach irgend jemandem…« begann Morgan.
    Doch der Junge wandte sich bereits ab, schwenkte den Besen wieder über den Boden und bewegte sich auf die Theke zu. »Wir haben geschlossen«, wiederholte er,

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