Shannara VII
Schmerz verzerrte seinen mageren, angespannten Körper. »Nach links«, keuchte er und zeigte in die entsprechende Richtung.
Sie taten, wie er gesagt hatte. Preia wartete und nahm dann Vrees Arm, um ihn zu stützen. Er atmete wieder sehr hastig und zwinkerte heftig, als wollte er seine Verwirrung abschütteln. Tay drehte sich kurz zu ihm um und sah ihn an. Er fühlte sich merkwürdig schutzlos, als hätte seine Magie ihn im Stich gelassen. Er biß die Zähne zusammen, um dieses Gefühl der Unzulänglichkeit zu verscheuchen und zwang sich weiterzugehen. Seine Magie würde ihn niemals verlassen, redete er sich immer wieder ein. Niemals.
Sie folgten einer breiten Treppe, die sich um die äußeren Wände eines riesigen Rundbaus wand, nach unten. Ihre Schritte hallten schwach in der modrigen Stille, und jetzt fühlte Tay erneut diese Augen, noch stärker dieses Mal, noch deutlicher. Was immer in dieser Festung noch am Leben war, mußte jetzt sehr nahe sein.
Sie erreichten den Fuß der Treppe und blieben stehen. Vor ihnen breitete sich ein großer Hof aus, erhellt von dunstigem Sonnenlicht, das Schatten in kleine Fetzen und Fransen zerfallen ließ. Der abgestandene Modergeruch der dunklen Gänge hatte sich verzogen, und der Staub, der bisher in der stehenden Luft gehangen hatte, war verschwunden.
In der Mitte des Hofes befand sich ein Garten.
Der Garten hatte die Form eines Rechtecks und war von einem breiten Weg umgeben, der aus bemalten Ziegeln und Steinen bestand, deren Farben noch immer kräftig waren. Blumen wuchsen am äußeren Rand, in einer Vielfalt, die Tay nicht identifizieren konnte, in den unterschiedlichsten Farben und ungemein üppig. In der Mitte des Gartens befand sich ein Hain aus schlanken Bäumen und Rankenpflanzen, die so eng beieinander standen, daß sie beinahe untrennbar ineinander verschlungen waren. Die Blätter leuchteten grün und glänzten, und die Stämme und Äste waren sonderbar gesprenkelt.
Ein Garten! Tay Trefenwyd staunte. Ein Garten, tief in den Eingeweiden dieser uralten Festung, von der man meinen sollte, daß dort nichts wachsen und kein Sonnenlicht hineingelangen könnte.
Er konnte es kaum glauben!
Beinahe ohne nachzudenken verließ er die Treppe und eilte zum Rand des Gartens. Er war bereits einige Meter weit gegangen, als Jerle Shannara ihn mit einem festen Griff zurückzog.
»Nicht so schnell, Tay«, warnte er.
Verwirrt blickte Tay die anderen an, dann sah er Vree Erreden wieder auf den Knien hocken. Preia hielt ihn fest, und er ließ seinen Kopf langsam von einer Seite zur anderen taumeln. Plötzlich erkannte Tay, wie stark der Drang gewesen war, weiterzugehen, wie begierig er gewesen war, den Garten auszukundschaften. Er begriff, daß er seine Verteidigungsmechanismen völlig außer acht gelassen hatte. Er war so eifrig gewesen, daß er den schützenden Schild seiner Druidenmagie ohne einen weiteren Gedanken fallengelassen hatte.
Wortlos ging Tay zu Vree Erreden. Der Lokat klammerte sich sofort an ihn, er spürte ihn eher, als daß er ihn sah, und zog ihn nah zu sich heran. »Der schwarze Elfenstein«, brachte er zischend zwischen den Zähnen hervor, »er liegt hier!«
Seine Hand zeigte zitternd auf den Garten.
Preia berührte sanft Tays Arm, und er sah sie an. Ihre zimtfarbenen Augen waren aufmerksam und äußerst wachsam. »Er ging genau in dem Augenblick in die Knie, als du die Treppe verlassen hast. Etwas hat ihn angegriffen. Was ist geschehen?«
Tay schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht sicher.«
Er griff nach Vree Erredens Hand und umschloß sie mit der seinen. Der Lokat zuckte zurück, dann war er wieder ruhig. Tay rief seine Magie herbei, ließ einen heilenden Balsam entstehen, den er in die hageren Arme und in den Körper des Lokaten schickte. Vree Erreden seufzte kurz auf und beruhigte sich, ließ den Kopf sinken.
Preia sah Tay fragend an. »Halte ihn einen Augenblick«, bat er sie.
Dann stand er wieder auf. »Was soll dieser Garten deiner Meinung nach?« fragte er Jerle leise.
Sein Freund schüttelte den Kopf. »Auf jeden Fall nichts Gutes, wenn der Schwarze Elfenstein darin liegt. Ich würde an deiner Stelle nicht hineingehen.«
Tay nickte. »Aber ich werde den Elfenstein nicht bekommen, wenn ich es nicht tue.«
»Ich frage mich, ob es dir gelingt, selbst wenn du hineingehst. Du hast gesagt, daß die Vision vor etwas gewarnt hat, das den Stein bewacht. Vielleicht ist es dieser Garten. Oder etwas, das in dem Garten lauert.«
Sie standen dicht
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