Shannara VII
noch übrig waren, waren blutverschmiert und erschöpft. Raybur wartete, bis Risca bei ihm war. Sein Gesicht war grimmig und glänzte schweißnaß im schwachen Licht. Seine Streitaxt war blutbefleckt, eine Klinge zerbrochen.
»Wir müssen uns beeilen«, warnte er und stapfte weiter. »Sie haben uns fast eingeholt.«
Risca nickte. Speere und Pfeile flogen von den Felsen zu ihnen hinauf. Die Zwerge hetzten weiter nach oben und hörten die Schreie der hinter ihnen herjagenden Nordländer. Wieder ging einer von Riscas Leuten zu Boden; in seinem Hals steckte ein Pfeil. Nur eine Handvoll von ehemals zwanzig war jetzt noch übrig. Risca wirbelte herum, als er etwas vom Himmel herabstürzen spürte, und ließ Feuer auf eines der geflügelten Ungeheuer zujagen, das daraufhin davontaumelte. Der Nebel war jetzt dichter. Wenn sie ihre Verfolger noch ein paar weitere Minuten hinter sich lassen könnten, würden sie sie abgehängt haben.
Genauso geschah es. Sie drängten weiter, bis sie jenseits jeglicher Erschöpfung waren. Als sie jetzt zu achten den Platz erreichten, auf dem sie sich zuvor versammelt hatten, war nur noch Geften da. Wortlos hasteten sie hinter dem besorgten Fährtenleser her, der sie in die Berge und dahinterliegenden Gipfel führte.
Hinter ihnen schwärmten die Nordländer ins Tal, brachen durch Bäume und Büsche und heulten laut vor Wut. Irgendwo hatten sich die Zwerge versteckt und saßen in der Falle. Bald schon würden sie sie finden. Die Jagd ging weiter, sie bewegten sich weiter nach Süden auf den Noosepaß zu. Mit etwas Glück, dachte Risca, würden die beiden Hälften der Armee des Dämonenlords im Nebel und in der Dunkelheit aufeinanderstoßen und jeweils die andere Gruppe für die Feinde halten. Mit etwas Glück würde eine große Anzahl von ihnen tot sein, bevor sie ihren Fehler erkannten.
Risca kletterte zwischen den Felsblöcken hindurch, die den Beginn der höheren Gebirgslagen markierten. Die Feinde würden ihnen hierher nicht folgen, nicht im Dunkeln, und am nächsten Morgen würden sie längst an der Stelle vorbeimarschiert sein, wo sie ihre Spuren noch hätten finden können.
Raybur wartete auf Risca und schlug ihm anerkennend auf die breite Schulter. Risca lächelte, aber innerlich fror er. Er hatte sich ein Bild von der Armee verschafft, die sie gejagt hatte. Ja, diesmal hatten sie dem Dämonenlord entkommen können. Sie hatten die Nordländer zu einer langen und sinnlosen Jagd verleitet, ihren Vormarsch verzögert und überlebt, um den Kampf an einem anderen Tag weiterführen zu können.
Dieser Tag allerdings würde ein Tag der Abrechnung werden. Und er würde, fürchtete Risca, nur zu bald kommen.
Kapitel 20
Schwerer, anhaltender Regen hüllte Arborlon in einen Vorhang aus schimmernder Nässe und grauem Nebel. Es war Nachmittag, und auch jetzt, mehr als neun Stunden nach Beginn der Regenfälle, schienen sie immer noch nicht nachzulassen. Jerle Shannara hatte sich in die Abgeschiedenheit des königlichen Sommerhauses zurückgezogen und schaute hinaus auf den Regen. Er sah, wie die Tropfen gegen die Fensterscheiben klatschten und auf den Fußweg prasselten, in mittlerweile Hunderte von Pfützen. Er sah, wie sich die Bäume im Wald veränderten, wie ihre Stämme seidigschwarz wurden und die Blätter ein sattes Grün annahmen. In seiner tiefen Niedergeschlagenheit schien es ihm beinahe, als würde auch er sich verändern, wenn er nur lange genug in den düsteren Regen starrte.
Er war in sehr übler Stimmung. Dies war bereits seit seiner Rückkehr in die Stadt vor drei Tagen so. Er war mit den restlichen Mitgliedern seiner arg mitgenommenen Gruppe - Preia Starle, Vree Erreden und die Elfenjäger Obann und Rusk - nach Hause zurückgekehrt. Sie brachten den Schwarzen Elfenstein und die Leiche von Tay Trefenwyd mit zurück und eine Stimmung, die genauso düster war wie die, die sie erwartete. In ihrer Abwesenheit war Courtann Ballindarroch an den Folgen seiner Wunden gestorben. Sein Sohn Alyten hatte den Thron bestiegen und als erste Amtshandlung eine Gruppe von Kundschaftern zusammengestellt, mit der er losgestürmt war, um die Mörder seines Vaters aufzuspüren. Welch ein Irrsinn! Aber niemand hatte ihn aufgehalten. Jerle war angewidert. Es war die Tat eines Narren, und er fürchtete, daß die Elfen jetzt einen Narren zum König hatten. Entweder dies oder gar keinen, denn Alyten Ballindarroch hatte Arborlon eine Woche zuvor verlassen, und seither gab es kein Lebenszeichen mehr von
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