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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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daran, wie sie wenige Stunden zuvor von ihm verlangt hatte, sich in einer anderen Angelegenheit zu entscheiden. Wieviel bedeute ich dir? Wie wichtig bin ich? Jetzt stellte sie die gleichen Fragen wieder, nur waren die Worte etwas anders. Wieviel bedeutet dir dein Volk? Wie wichtig ist es dir? Er war sich der plötzlichen, überstürzten Veränderung in ihrer Beziehung und der neuen Richtung seines Lebens bewußt, beides ausgelöst durch Tay Trefenwyds Tod. Ereignisse, die er nicht einmal im Traum für möglich gehalten hätte, waren zusammengekommen und hatten diese Veränderung herbeigeführt. Zielstrebig und eigensinnig hatte das Schicksal ihn erwählt. Verantwortung, Herrschaft, die Hoffnungen seines Volkes - es lag an ihm, eine Entscheidung zu treffen, die all das ins rechte Gleichgewicht brachte.
    Seine Gedanken rasten bei der Suche nach Antworten, die er nicht fand. Aber er wußte mit einer Sicherheit, die ihn erschreckte, daß ganz gleich, welche Wahl er traf, sie ihn für immer verfolgen würde.
    »Du mußt dich stellen«, sagte Preia plötzlich. »Du mußt dich entscheiden.«
    Er hatte das Gefühl, als würde die Welt sich drehen und außer Kontrolle geraten. Sie verlangte zuviel von ihm. Es bestand noch nicht die Notwendigkeit, überhaupt etwas zu entscheiden. Jede gegenwärtige Notwendigkeit wurde nur von Gerüchten und Spekulationen genährt. Der Thron war ihm noch nicht offiziell angetragen worden. Alytens Schicksal war noch nicht entschieden. Was war mit den Enkelkindern von Courtann Ballindarroch? Tay Trefenwyd selbst hatte ihr Leben gerettet. Durfte man sie ohne einen Gedanken übergehen? Er selbst hatte sich noch nicht zu einer eindeutigen Position durchgerungen. Er konnte kaum glauben, worüber er da nachdenken sollte.
    Aber seine Gedanken hatten einen hohlen und unausgereiften Beigeschmack, und in der Stille ihres Nachhalls fand er sich dem grinsenden Gespenst seiner eigenen Verzweiflung gegenüber.
    Er wandte sich von den beiden ab, die darauf warteten, daß er etwas sagen würde, und schaute aus dem Fenster in die Nacht hinaus.
    Es gab keine Antwort.

Kapitel 21
    Es war Sonnenuntergang, und die Stadt Dechtera war in blutrotes Licht getaucht. Die Stadt lag in einer Ebene zwischen niedrigen Hügeln im Norden und Süden, und die Mauern und Dächer der Häuser und anderen Gebäude bildeten ein unruhiges Gewirr vor dem purpurnen Horizont. Dunkelheit kroch aus dem Grasland im Osten und drängte die letzten Flecken verblassenden Lichts zurück, sie saugte das Land in ihren schwarzen Schlund. Die Sonne hielt sich hinter einer tiefen Wolkenbank verborgen und färbte Himmel und Erde erst orange, dann rot; mit vollen, atemberaubenden Farben malte sie in einer trotzigen Geste, als der Tag widerwillig seinem Ende entgegenging.
    Östlich der Stadt, wo die Dunkelheit bereits die ersten Anhöhen erklommen und begonnen hatte, in die tiefer gelegenen Ebenen Schatten auszuwerfen, stand Kinson Ravenlock neben Bremen und Mareth und starrte wortlos auf das Ziel ihrer langen Reise.
    Dechtera war eine Industriestadt und von den anderen wichtigen Städten des Südlandes leicht zu erreichen, ganz in der Nähe der wichtigen Minen. Dechtera war weit größer als jede andere Stadt im Norden, im Grenzland, im Land der Zwerge, Elfen oder gar der Trolle. Es gab Wohnhäuser und Geschäfte hier, aber geprägt wurde alles von den Schmelzöfen, die über die ganze Stadt verstreut lagen und ununterbrochen brannten. Tagsüber konnte man sie an dem senkrecht aufsteigenden, dicken Rauch erkennen, nachts an dem heißen Glühen ihrer offenen Schlünde. Gierig fraßen sie Holz und Kohle, die den Brennvorgang in Gang hielten und dafür sorgten, daß das in ihren Bäuchen verschwindende Erz geschmolzen und geformt werden konnte. Stunde um Stunde klirrten in den Schmieden die Hämmer auf die Ambosse und versprühten wilde Funken, und so war Dechtera die Stadt der endlosen Farben und ewigen Geräusche. Qualm und Hitze, Asche und Staub erfüllten die Luft, umhüllten die Gebäude und Menschen. Unter den Städten des Südlandes übernahm Dechtera die Rolle des rußüberzogenen Mitglieds einer Familie, die diese Stadt mehr brauchte als wünschte, mehr akzeptierte als liebte, und die niemals daran dachte, Dechtera auch nur mit annähernd so etwas wie Stolz oder Hoffnung zu betrachten.
    Es war eine ungewöhnliche Entscheidung, ausgerechnet diesen Ort für das Schmieden ihres Talismans zu bestimmen, dachte Kinson Ravenlock wieder einmal, denn

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