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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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verwirrend. In dieser Stadt gab es keine Trennung der Lebensbereiche, erkannte der Grenzländer. Überhaupt keine Trennung.
    Er mußte an Mareth denken, daran, wie ruhig sie ihn anschauen konnte - wenn sie ihn in einer Art und Weise beobachtete, die er nicht verstand, ganz so, als würde sie ihn aus irgendeinem Grund abschätzen. Noch mehr verwunderte ihn, wie wenig es ihn störte. Er fand Zuversicht in ihrem Blick und eine Art von Trost und Beruhigung in der Tatsache, daß sie ihn besser kennenlernen wollte. Dies war niemals zuvor so gewesen, nicht einmal mit Bremen. Aber Mareth war anders. Sie waren sich in den vergangenen Wochen, während sie in den Süden nach Dechtera gereist waren, sehr nahe gekommen. Sie hatten nicht von der Gegenwart gesprochen, sondern von der Vergangenheit, von der Zeit, als sie jung gewesen waren, darüber, wie sie die Kindheit und Jugend erlebt hatten. Sie hatten sich gegenseitig ihre Geschichten erzählt und dabei viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Die Gemeinsamkeiten lagen jedoch nicht so sehr in den Erlebnissen oder Erfahrungen als vielmehr in den Einstellungen. Sie hatten in ihrem Leben die gleichen Lektionen gelernt und waren zu den gleichen Schlüssen gekommen. Ihre Sicht der Welt war ähnlich. Sie waren zufrieden mit dem, was und wer sie waren, akzeptierten, daß sie anders als die anderen waren. Sie waren zufrieden damit, alleine zu leben, zu reisen und Unbekanntes auszukundschaften, Neues zu entdecken. Sie hatten die Familienbande lange Zeit zuvor aufgegeben und die Kleidung der Städter gegen robuste Reisekleider eingetauscht. Sie betrachteten sich als Ausgestoßene aus freiem Willen und fanden es richtig so, wie es war.
    Aber am wichtigsten von allem war ihre beiderseitige Bereitschaft, Geheimnisse des anderen zu akzeptieren und es dessen Entscheidung zu überlassen, sie zu offenbaren. Dies bedeutete Mareth vielleicht mehr als Kinson, denn sie war diejenige, die mehr Wert auf ihre Privatsphäre legte. Von Anfang an hatte sie Dinge zurückgehalten, und Kinson war sicher, daß sie trotz ihrer jüngsten Enthüllungen noch weitere Geheimnisse hatte. Er konnte darin jedoch nichts Schlimmes sehen, sondern glaubte fest daran, daß jeder Mensch das Recht hatte, mit den eigenen Dämonen selbst und ohne die Einmischung anderer fertig zu werden. Indem Mareth mit ihnen ging, riskierte sie genausoviel wie er und Bremen. Sie hatte viel gewagt, als sie sich mit ihnen zusammentat, zu einem Zeitpunkt, da es einfach für sie gewesen wäre, ihre eigenen Wege zu gehen. Vielleicht würde Bremen in der Lage sein, ihr mit ihrer Magie zu helfen, vielleicht auch nicht - es gab keine Garantie. Das mußte sie wissen. Schließlich hatte er die Angelegenheit kaum erwähnt, seit sie den Kamin verlassen hatten, und Mareth hatte ihn nicht dazu gedrängt.
    Auf jeden Fall waren sie sich als Folge ihres Vertrauens nähergekommen, hatten sie die Bande zwischen sich mit großer Sorgfalt enger geschmiedet, und inzwischen besaßen sie beide genug Erfahrung, um die Worte und Handlungen des anderen besser abschätzen zu können. Kinson gefiel das.
    Dennoch konnte er einen Rest an Distanz zwischen ihnen nicht überwinden, eine Kluft, die nicht durch Worte oder Taten beseitigt werden konnte. Es war Mareths Entscheidung, diesen Zustand so beizubehalten, und wenn es auch beileibe nicht nur Kinson war, den sie auf Armeslänge von sich hielt, so kam es ihm - vor allem angesichts der Nähe, die sie bereits zwischen sich geschaffen hatten - manchmal doch so vor. Mareths Gründe, ihm unbekannt, schienen von Gewohnheit und Furcht geprägt zu sein. Etwas in ihr forderte, daß sie sich von anderen fernhielt, irgendein Mangel, eine Schwäche oder vielleicht ein Geheimnis, das furchterregender war als alles, was er sich vorzustellen vermochte. Hin und wieder spürte er ihre Versuche, mit einigen kleinen Worten oder Handlungen aus ihrem selbstgewählten Gefängnis auszubrechen. Aber es schien ihr nicht zu gelingen. Linien waren in den Sand gezogen, ein Rechteck, in dem sie zu stehen hatte, und sie brachte es nicht über sich, es zu verlassen.
    Deshalb fühlte er sich wohl jetzt so zufrieden, vermutete er, denn er hatte sie mit diesem Kuß überrascht, so sehr, daß er für einen Augenblick ihre Abwehr überwunden hatte. Er rief sich den Ausdruck in ihrem Gesicht in Erinnerung. Er mußte daran denken, wie sie schützend ihre Arme um ihren zierlichen Körper geschlungen hatte.
    Er lächelte in sich hinein, während er weiterging. Jetzt

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