Shannara VII
Angriff des Rammbocks verbogen. Die Riegel knackten bereits, und die Bolzen zersplitterten langsam. Die Zwerge versuchten, die nachgebende Schutzvorrichtung mit zusätzlichem Holz zu stützen, aber es war nur eine Frage der Zeit, wann alles zusammenkrachen würde. Das Hämmern des Rammbocks verstärkte sich, und die Schreie der Angreifer schwollen rhythmisch an. Die Zwerge auf den Mauern zogen sich, unsicher geworden, von ihren Verteidigungspositionen zurück.
Fleer rannte auf seinen Vater zu; sein langes Haar flatterte im Wind. »Wir müssen alle rausbringen!« schrie er mit bleichem und schmerzerfülltem Gesicht.
»Dann tu es doch!« fauchte Raybur. Seine Stimme war kalt und hart. »Zieht euch von den Mauern zurück und lauft zum Tunnel! Mir reicht es jetzt hier!«
Fleer rannte fort, während Raybur sich aufgebracht umdrehte und zu den Toren schritt. Sein Gesicht war gerötet und entschlossen. Als Risca sah, was er vorhatte, folgte er ihm, packte ihn am Arm und drehte ihn zu sich herum.
»Nein, Raybur«, erklärte er. »Ich werde mich ihnen entgegenstellen, nicht du!«
»Allein?« fauchte der König und befreite sich mit einer wilden Handbewegung aus dem Griff des anderen.
»Wie viele wolltest du denn bitten, bei dir zu bleiben?« Riscas Erwiderung war scharf. »Und jetzt geh! Bring die Armee raus!«
Regen tropfte ihnen in die Augen und zwang sie immer wieder zu blinzeln; zwei einsame Gestalten, verbunden im Streit. »Das ist Wahnsinn!« zischte der König.
Risca schüttelte den Kopf. »Du bist König, und du mußt dich in Sicherheit bringen. Was geschieht mit den Zwergen, wenn du fällst? Abgesehen davon habe ich die Druidenmagie als Schutz, und das ist mehr als du von dir behaupten kannst. Jetzt geh, Raybur!«
Das rechte Tor brach zusammen, zersplitterte und barst in tausend Trümmer. Dunkle Gestalten drängten mit blitzenden Waffen auf die Öffnung zu. Risca hob seine Hand; er rief die Druidenmagie herbei. Raybur zögerte einen Augenblick und schoß dann davon; er rief seine Befehlshaber zu sich und erteilte Anweisungen zum Rückzug. Die Zwerge kletterten von den Zinnen und rannten zur Tür des Turms und in die Sicherheit der dahinterliegenden Gänge. Die Männer an den Toren waren bereits geflohen. Risca stand allein im Regen und wartete gelassen. Er war es müde, wegzurennen, gejagt zu werden. Er war bereit, sich ihnen entgegenzustellen und zu kämpfen. Er wollte seine Chance.
Als die erste Welle der Angreifer die Öffnung erreichte, sandte er das Druidenfeuer auf sie. Er verbrannte alles, was in Sichtweite war. Die Flammen kletterten über die Trümmer und verschlangen die vorderen Reihen der Nordländer, bevor sie auch nur einen Gedanken an Flucht verschwenden konnten. Die anderen weiter hinter ihnen in der Dunkelheit fielen zurück; sie waren nicht in der Lage, der Hitze zu widerstehen. Risca ließ das Feuer noch etwas bestehen und dann versiegen. Wie ein Rausch jagte die Magie durch seinen Körper und schwemmte jede Furcht, jeden Zweifel, jede Müdigkeit und jeden Schmerz beiseite. Wie immer in der Hitze des Gefechts wurde sie für Risca zum einzigen, für das zu leben sich lohnte.
Das Pochen des Rammbocks setzte wieder ein, und bald danach fiel auch die zweite Torhälfte; jetzt war die Öffnung noch größer. Aber niemand näherte sich dem Eingang. Risca blinzelte durch den Regen nach oben. Die letzten Zwerge zogen sich jetzt von den Zinnen und Wachtürmen zurück. In wenigen Momenten würde er ganz allein sein. Er sollte jetzt auch fliehen, das wußte er. Er sollte mit den anderen fortrennen, sich retten, solange es noch möglich war. Es machte keinen Sinn zu bleiben. Aber er konnte sich nicht aufraffen. Es war, als läge der Ausgang des Kampfes in seinen Händen, als könnte er allein dadurch, daß er dort stand und sich ihnen widersetzte, das Gemetzel aufhalten, das ihnen allen den Untergang zu bringen drohte.
Dann erschien etwas Gewaltiges in der ausgebrannten Öffnung, ein schattenhafter Umriß wälzte sich in den Eingang. Risca zögerte, er wollte sehen, was es war. Der Schatten kam weiter zum Vorschein und wurde von dem blassen, verschwommenen Schimmer des versiegenden Druidenfeuers beleuchtet. Es war eine Kreatur aus Bronas Unterwelt, ein Monster aus Schlamm und Schleim, aus spitzen Dornen und gepanzerten Schuppen, mit schweren Gliedern und einem riesigen Körper. Es stand auf zwei Beinen, war aber kaum menschlich und duckte sich wie unter der Bürde seiner eigenen Häßlichkeit. Die
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