Shannara VII
umgaben die neue Position. Die Armee der Elfen war zerlumpt und blutig, am Rande der Erschöpfung, aber ohne Furcht. Sie hatten schon zuviel überlebt, um noch Angst zu haben. Ruhig und dichtgedrängt hielten sie ihre Positionen, denn an der Stelle, wo sie warteten, verengte sich das Tal zum Paß. Die Abhänge waren hier so steil, daß nur eine kleine Truppe Bogenschützen und Elfenjäger nötig waren, um die Anhöhe gegen einen Angriff zu verteidigen. In der Mitte drängte sich der größere Teil der Armee. Cormorant Etrurian war zurückgekehrt, seine Schulter und sein Kopf waren bandagiert, sein mageres Gesicht grimmig. Zusammen mit dem sogar noch mehr geschwächten Rustin Apt befehligte er die Einheiten, die dem Herzstück des feindlichen Angriffs standhalten sollten. Arn Banda war mit seinen Bogenschützen auf dem Nordhang. Kier Joplin und die Reiterei hatten sich zum Eingang des Passes zurückgezogen, denn es gab nicht mehr genügend Platz, um sie zum Einsatz bringen zu können. Die Elfengarde und die Schwarze Wache bildeten noch immer die Reserve.
Auf einem Felsvorsprung genau hinter der Elfenlinie standen Bremen und Allanon. Sie konnten den Kampf von hier aus gut überblicken.
Der König und Preia Starle führten auf ihren Pferden die Mitte der Verteidigung an, geschützt von der Elfengarde um sie herum.
Das Hämmern der Trommeln und das Echo schwerer Schritte hallten von der Ebene herauf. Gewaltige Massen an Fußsoldaten marschierten zum Angriff, so viele, daß sie den Boden des Tals vollkommen bedeckten, als sie näher kamen. Hinter ihnen kamen die Kriegsmaschinen - Belagerungstürme und Katapulte, die von Pferden und schwitzenden Männern gezogen wurden. Die letzte Gruppe bildete die Reiterei, Lanzen und Spieße und wehende Banner in den Händen. Gewaltige Felsentrolle trugen den Dämonenlord und seine Anführer in Wagen und Sänften, die in schwarze Seide gehüllt und mit weißen Knochen geschmückt waren.
Dies ist unser Untergang, dachte Bremen plötzlich. Ungebeten drängte sich der Gedanke auf, als er den Vormarsch des Feindes beobachtete. Sie sind zu viele, und wir sind zu schwach. Der Kampf ist zu hart geworden und hat zu lange gedauert, und dies ist nun das Ende.
Er fröstelte bei der Gewißheit, die ihn bei dieser Vorahnung beschlich, aber er konnte ihre Kraft nicht leugnen. Er spürte, wie sie ihn niederdrückte, eine unerbittliche Wahrheit. Er sah, wie die Nordlandarmee weiterrollte, ihre Wagen hinter sich herzog, wie sie das Rhenntal füllte, und sie entwickelte sich in seinen Augen zu einer Flutwelle, die über die Elfen hinwegtoben und sie ertränken würde. Sie hatten nur zwei Tage gegen sie gekämpft, aber der Ausgang war bereits unausweichlich. Wenn die Zwerge ihnen zu Hilfe gekommen wären, hätten sie vielleicht eine Chance gehabt. Wenn irgendeine Stadt des Südlandes eine Armee zusammengestellt hätte, wäre es vielleicht anders gewesen. Aber die Elfen waren allein, und es gab niemanden, der ihnen helfen würde. Sie waren bereits auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Stärke geschrumpft, und selbst, wenn der Schaden, den sie dem Feind zugefügt hatten, zehnmal größer sein mochte, spielte es keine Rolle. Der Feind hatte zu viele Kämpfer, deren Leben er aufs Spiel setzen konnte.
Der alte Mann blinzelte müde und rieb sich am Kinn. Daß es so enden sollte, war mehr, als er ertragen konnte. Jerle Shannara würde nicht einmal Gelegenheit haben, sein Schwert gegen den Dämonenlord einzusetzen. Er würde hier sterben, in diesem Tal, mit dem Rest seiner Männer. Bremen kannte den König gut, er wußte, Jerle würde eher sein Leben aufgeben, als sich selbst zu retten. Und wenn Jerle Shannara starb, gab es für niemanden mehr Hoffnung.
Der junge Allanon neben ihm regte sich. Auch er konnte das drohende Unheil spüren, dachte der alte Mann. Der Junge besaß Mut, er hatte es an diesem Morgen gezeigt, als er Bremen das Leben gerettet hatte. Er hatte, ohne sich um seine eigene Sicherheit zu sorgen, mit nur einem einzigen Ziel die Magie benutzt - den alten Mann zu retten. Bremen schüttelte den grauen Kopf. Der Junge war übel zugerichtet worden und benommen gewesen, aber er war jetzt nicht weniger zielstrebig als zuvor. Genau wie der König würde er in diesem Kampf tun, was in seinen Kräften stand. Bremen wußte, daß Allanon sich bereits einen Platz aussuchte, von dem aus er kämpfen konnte.
Die Armee des Nordlandes war noch etwa zweihundert Meter entfernt, als sie holpernd stehenblieb.
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