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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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dass sich das Kühlhaus ein Stück entfernt befinde. »Es ist kaum eine Nacht, in der es einen bei diesem Wetter nach draußen zieht«, erklärte er.
    »Dann gehe ich allein«, schlug Walker vor.
    »Beschreibe mir nur den Weg.« Der Druide hüllte sich in seinen feuchten Mantel und ging zur Vordertür hinaus. Er folgte den Anweisungen des Heilers, umrundete das Haus, zuerst unter dem Dach der Veranda, dann unter der Dachtraufe, bis er durch die Schatten in den Regen schlüpfte. Der Wald begann zwanzig Meter hinter dem Gebäude, und das Kühlhaus lag noch einmal hundert Meter weiter. Walker senkte den Kopf wegen des Regens und der niedrigen Zweige und beschritt einen Fußweg, den der Heiler und seine Helfer im Laufe der Zeit ausgetreten hatten. In der Ferne grollte Donner, und ein scharfer Wind vom Ozean blies stetig durch die nassen Äste.
    Am Ende des Pfads führte eine Tür zu einem Steindamm, der aus riesigen Felsen bestand und mit Erde und Pflanzen bedeckt war. Über ein Schütz lief Wasser und verschwand in einem Bach. Der Türgriff des Kühlhauses war feucht und kalt, und der Druide brauchte einen Augenblick, bis er den Riegel zurückgelegt hatte.
    Im Inneren blieb der Lärm des Sturms zurück. In Halterungen an den Wänden steckten Fackeln, und bei ihnen befand sich Zunder, um sie anzuzünden. Walker steckte eine in der Halterung an und dann eine zweite, die er mit sich nahm. Er schaute sich um. Der Raum war groß und viereckig und bestand vom Boden bis zur Decke aus Steinscheiben. Nischen in den Wänden enthielten hölzerne Schlitten für die Leichen, und in Rinnen, die in den Steinboden gemeißelt waren, flossen austretende Feuchtigkeit und Körperflüssigkeiten ab. Ein mit Metall beschlagener Holztisch stand leer in der Mitte des Raums. Er wurde von dem Heiler für Untersuchungen an den Toten benutzt. Im tiefen Schatten glitzerten an Haken in der Wand scharfe Instrumente wie die Augen von Raubtieren.
    Es roch nach Blut und Tod, und rasch begann der Druide mit der notwendigen Arbeit, damit er diesen Ort möglichst bald wieder verlassen konnte. Der Schiffbrüchige befand sich in der Nische ganz links unten vom Eingang aus, und Walker schlug das Laken zurück. Das Gesicht des Mannes war im Fackelschein blutleer und weiß, sein Körper steif, die Haut wächsern. Walker betrachtete ihn, erkannte ihn jedoch nicht. Wenn dies Kael Elessedil gewesen war, so hatte er sich vollständig verändert.
    »Wer warst du?«, flüsterte Walker dem Toten zu.
    Er rammte die Fackel, die er trug, in die nächstliegende Wandhalterung. Sachte legte er dem Mann die Fingerspitzen auf die Brust und strich langsam den Oberkörper hinunter und dann wieder hoch zu den Schultern. Er tastete Kehle und Schädel vorsichtig ab. Auch auf dem Gesicht suchten seine Finger.
    »Erzähl mir etwas«, flüsterte er.
    Draußen erschütterte ein Donnerschlag die Erde, aber der Druide sah nicht von seiner Arbeit auf. Er legte dem Toten die Finger auf die Versehrten Augen und fühlte, wie die Lider unter seiner Berührung nachgaben; dann strich er langsam über Nase und Wangen.
    Als er die blutlosen Lippen erreichte, zuckte er zurück. Hier, zischte er still, war dem Mann das Leben entzogen worden! Die Magie war noch immer vorhanden, und vor zwei Tagen hätte sie sogar noch gebrannt. Er fuhr rasch über die Lippen und forschte weiter. Gewalt war keine angewandt worden. Der Tod war sanft eingetreten, doch rasch und mit gewissem Nachdruck. Aber für den Druiden hatte vor allem etwas anderes Bedeutung: Der Tod kam nicht aus dem Inneren, sondern von außen.
    Walker trat zur Seite, ohne den Schiffbrüchigen aus den Augen zu lassen. Verschiedene Fragen drängten sich ihm auf. War der Mörder in die Erinnerung vorgedrungen, ehe er den Tod herbeigeführt hatte? Das war anzunehmen. Der Mörder würde dort nach dem gesucht haben, was Walker in der Karte entdeckt hatte. Aus dem Gedankenaufruhr des Druiden bildete sich eine finstere Gewissheit heraus. Nur eine einzige Person war zu alldem in der Lage. Sein Gegner war jemand, dem gegenüber er selbst keine Feindseligkeit empfand, dem er jedoch verhasst war. Irgendwann musste es ja zu dieser Auseinandersetzung kommen, das hatte er befürchtet, nur hätte er einen späteren Zeitpunkt bevorzugt.
    Sie hingegen würde es aufs Äußerste begrüßen, dass es ausgerechnet jetzt passierte.
    Er hob den Blick und starrte in die Dunkelheit des Raums, wobei er zum ersten Mal die Kälte spürte. Kein anderer Feind würde die

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