Shannara VII
Wenn das Schwert magisch ist und ich es schwingen soll, werde ich dann rechtzeitig wissen, was zu tun ist?«
Bek kicherte. »Wann wusstest du jemals nicht rechtzeitig, was zu tun ist? Du wurdest schon in Bereitschaft geboren, Quentin.«
»Und du wurdest zwei Mal so klug geboren und mit wesentlich größerer Intuition als ich«, erwiderte sein Vetter, und in seiner Antwort schwang kein Scherz und kein Lachen mit. Er schaute Bek offen an. »Ich kenne meine Stärken und Schwächen. Und ich kann ehrlich mit ihnen umgehen. Sicherlich überstürze ich die Dinge manchmal, so wie ich sofort die Chance ergriffen habe, an dieser Expedition teilzunehmen. Manchmal ist das gut, manchmal eben nicht. Ich verlasse mich auf dich, damit ich mich nicht allzu weit vom richtigen Weg entferne.«
Bek zuckte mit den Schultern. »Ich werde dich stets gern wieder auf Kurs bringen.« Er grinste.
»Vergiss das nicht.« Quentin betrachtete wieder das Schwert. »Wenn ich etwas übersehe, das notwendigerweise getan werden muss, wenn ich richtig und falsch verwechsle, zähle ich auf dich. Dieses Schwert« - bei diesen Worten hob er es leicht an - »ist vielleicht magischer Natur und kann wundersame Taten vollbringen. Womöglich rettet es Leben. Aber unter Umständen ist es so wie jede andere Magie und kann auch Schaden hervorrufen. Liegt darin nicht die Natur der Magie? Dass sie in beide Richtungen wirken kann? Ich will keinen Schaden anrichten, Bek. Ich will es nicht überstürzt benutzen.«
Das war für Quentin eine tiefschürfende Beobachtung, und Bek dachte, dass sich sein Cousin einfach nicht genug zutraue. Nichtsdestotrotz nickte er. »Jetzt geh und nimm ein Bad«, sagte er, stand auf und ging auf die Tür zu. »Man kann schließlich nicht von mir erwarten, ordentlich nachzudenken, wenn du so riechst!«
Er kehrte in sein Zimmer zurück und begann, Kleidung für ihre Reise zusammenzupacken. Sie würden früh am Morgen aufbrechen. Um Truls Rohk zu finden und anschließend Arborlon zu erreichen, würden sie eine Woche brauchen. Wie viel länger wären sie danach wohl unterwegs? Wie würden die Länder sein, die jenseits der Blauen Spalte lagen? Würde das Klima heiß oder kalt sein, feucht oder trocken, hart oder mild? Er blickte sich hilflos in seinem Zimmer um und erkannte erneut, wie wenig er eigentlich über das wusste, auf was er sich eingelassen hatte. Aber solche Gedanken halfen ihm nicht weiter, daher schob er sie zur Seite und machte sich von neuem an die Arbeit.
Er war fast fertig, da stand Coran Leah plötzlich in der Tür, ernst und nachdenklich. »Ob ich mich vielleicht einen Moment mit dir unterhalten kann, Bek?«
Ohne die Antwort abzuwarten, betrat er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Einen Augenblick lang stand er einfach nur da, als habe er noch nicht entschieden, was er tun solle. Dann trat er an die Bank, wo Bek gerade seine Kleidung hingelegt hatte, schob sie ein Stück zur Seite und setzte sich.
Bek starrte ihn an und hielt ein Hemd in den Händen, das er zusammenfalten und in den Rucksack packen wollte. »Was ist denn los?«
Coran Leah schüttelte den Kopf. Trotz des Alters von fünfzig Jahren war er noch immer ein stattlicher Mann; er war kräftig, lächelte gern und hatte leuchtend blaue Augen. In Leah war er beliebt und wurde von allen geachtet. Er gehörte zu der Sorte Mann, die sich um die Kleinigkeiten kümmerte, welche andere zu oft übersahen. War jemand in Not, versuchte Coran Leah stets als Erster, Hilfe für ihn zu finden, und misslang das, half er persönlich. Er hatte seine Kinder mit freundlichen Worten und sanftem Druck erzogen, und Bek erinnerte sich nicht, ihn jemals schreien gehört zu haben. Wenn er sich einen Vater hätte auswählen dürfen, hätte Bek nicht länger gesucht, nachdem er Coran entdeckt hatte.
»Ich habe über diese ganze Geschichte nachgedacht, seit Walker gestern bei mir erschien und mir sagte, was er will. Es gibt einiges, was du nicht weißt, Bek - Dinge, die sonst niemand weiß, nicht einmal Quentin, nur Liria und ich. Lange habe ich auf den richtigen Zeitpunkt gewartet, es dir zu erzählen, und ich schätze, der ist jetzt gekommen.«
Er richtete sich auf und legte die Hände auf die Knie. »Damals, vor vielen Jahren, war es nicht dein Vater, der dich hierher gebracht hat. Es war Walker. Er berichtete mir, dein Vater sei bei einem Unfall ums Leben gekommen und habe dich allein zurückgelassen, und deshalb bat er mich, dich aufzunehmen. Tatsache ist, ich stand
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