Shannara VII
seine Robe. »Lauf los! Dort entlang!«
Sie sprangen von dem Felsen herunter, rannten auf ein offenes, flaches Stück Land zu, das keine dreißig Meter entfernt war, und wateten durch die seichten, rutschigen Tümpel. Die Aale jagten ihnen hinterher, ihre riesigen Leiber drängten und schlängelten sich durch die tiefen Kanäle. Über ihnen sank die Jerle Shannara herab, hatte die Segel gesetzt und die Strahlungssammler gespannt. Das schlanke Schiff fiel wie ein Senklot aus dem grauen Himmel. Näher und näher kamen die Aale, und Quentin und Walker drehten sich ein letztes Mal um, wobei vom ausgestreckten Arm des Druiden Feuer sprang, während der Hochländer die Magie seines Schwertes aufblitzen ließ.
Der Schatten des Luftschiffes fiel auf sie, und die Strickleiter schwang vorbei, ihr Weg in die Sicherheit. Beide griffen instinktiv danach, packten sie und wurden vom Boden hochgerissen. Die Mäuler der Aale schnappten nur wenige Zoll entfernt ins Leere.
Sekunden später hatten sie die Insel hinter sich gelassen und stiegen an der Leiter hinauf zum Deck.
Bek gehörte zu jenen, die den Druiden und den Hochländer über die Reling zogen. Das Luftschiff stieg bereits wieder über Flay Creech und der Masse enttäuschter Aale in die Höhe. Als sein Vetter endlich vor ihm stand, verletzt und blutend, aber doch lächelnd, wollte Bek ihn eigentlich schelten, weil er solche Risiken einging und ihn zu Tode erschreckte, aber stattdessen schloss er Quentin einfach nur fest in die Arme.
»Aua, du tust mir weh!«, schrie Quentin. Als Bek eilig zurückwich, grinste sein Vetter breit. »Na, glücklich, mich zu sehen, Bek? Hast doch nicht an mir gezweifelt, oder?«
Walker stand neben ihm, kramte in seiner Robe nach dem, was er entdeckt hatte, und alle versammelten sich um ihn. Er brachte ein flaches Metallrechteck mit symmetrischen Kanten hervor, die in einem geometrischen Muster mit einem kleinen, erhöhten, leicht vibrierenden Quadrat verbunden waren. Ein rotes Licht inmitten dieses Quadrats blinkte. Alle starrten das Ding überrascht an. So etwas hatte Bek noch nie gesehen.
»Was ist das?«, fragte Panax schließlich.
»Ein Schlüssel«, antwortete Walker. »Aber keiner von der Sorte, wie wir sie kennen. Dieser Schlüssel gehört zur Technologie der Alten Welt aus der Zeit vor den Großen Kriegen, aus der alten Zivilisation der Menschen. Es muss eine Art Maschine sein, die ein Eigenleben besitzt.«
Er ließ ihnen Gelegenheit, das Ding noch ein wenig zu betrachten, dann schob er es wieder in seine Robe. »Es wird uns große Geheimnisse verraten, wenn wir es entschlüsseln können«, sagte er leise, dann drückte er Quentin dankbar die Schulter und ging davon.
Die anderen kehrten auf ihre Posten oder an ihre Arbeit zurück und ließen das Abenteuer von Flay Creech hinter sich. Joad Rish riss bereits das Hemd des Hochländers auf, weil er die Wunden säubern wollte. Quentin nahm die Glückwünsche einiger Männer der Besatzung entgegen, bevor er sich auf ein Fass plumpsen ließ und zusammenzuckte, als der Heiler mit seiner Arbeit begann. Bek blieb bei ihm, leistete ihm schweigend Gesellschaft, und nur er bemerkte die nackte Angst, die in den grünen Augen seines Cousins aufblitzte, während er an seinem geschundenen Körper hinunterblickte und ihm bewusst wurde, wie nah er dem Tod gekommen war.
Aber dann sah er wieder auf, war wieder ganz er selbst, lächelte und hielt einen Finger in die Höhe.
Der erste Streich, meinte Quentin damit.
Bek erwiderte das Lächeln. Der erste Streich, dachte er, aber zwei lagen immer noch vor ihnen.
Kapitel 55
Es dauerte zwei weitere Monate bis zur Insel Shatterstone. Bek hatte geglaubt, sie würden eher dort eintreffen, da sie bis nach Flay Creech lediglich zehn Tage gebraucht hatten. Aber Walkers grob gezeichneter Karte ließ sich durchaus entnehmen, dass die Entfernung wesentlich größer war, und das stellte sich tatsächlich als richtig heraus.
Nichtsdestotrotz flogen die Tage nur so dahin, verstrichen mit Routinearbeiten und kleinen Krisensituationen. Bek lernte immer mehr über Luftschiffe - wie sie konstruiert wurden, warum sie fliegen konnten und auf welche Weise man sie wartete. Er bekam Gelegenheit, fast alles eigenhändig auszuprobieren, angefangen vom Polieren der Diapsonkristalle bis hin zum Einfädeln der Strahlungssammler. Er durfte nach oben klettern, um sich anzuschauen, wie die Sammler an den Lichtsegeln befestigt waren, damit sie die Energie weiterleiten konnten.
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