Shannara VII
bist.«
Jeden Tag gegen Mittag, für gewöhnlich während Bek mit den Fahrenden zu Tische saß, das Luftschiff steuerte oder sich vielleicht sogar im schmalen Schatten unter dem Vordermast mit Panax ausruhte, stand Ahren Elessedil in der Sonne und übte mit Ard Patrinell zwei Stunden lang den Umgang mit den Elfenwaffen. Manchmal beschäftigten sie sich mit Schwertern und Messern, dann wieder mit Pfeil und Bogen, Äxten oder Schleudern. Gelegentlich saßen die beiden einfach zusammen und redeten, und Bek beobachtete ihre Gesten. Der frühere Hauptmann der Leibgarde nahm seinen jungen Schutzbefohlenen hart ran. Die Übungen fanden zur heißesten Tageszeit statt, und stets waren sie besonders anstrengend. Lediglich zu dieser Zeit sah Bek die zwei zusammen, und schließlich fragte er Ahren danach.
»Früher war er dein Lehrer«, meinte Bek. »Und dein Freund. Warum verbringt ihr nicht mehr Zeit zusammen?«
Ahren seufzte. »Meine Idee war das nicht, sondern seine. Er wurde von seinem Posten entlassen, weil er für das Leben meines Vaters verantwortlich war. Die Elfenjäger, die er anführt, akzeptieren ihn nur, da der König, mein Vater, es so befohlen hatte und weil sie seine Erfahrung und seine Fähigkeiten schätzen. Trotzdem akzeptieren sie seine Freundschaft mit mir nicht. Diese endete mit dem Tod meines Vaters. Meine Ausbildung setzt er nur fort, da mein Vater es so angeordnet hat. Alles andere wäre unziemlich.«
»Aber wir befinden uns mitten auf dem weiten Ozean.« Bek war verblüfft. »Welchen Unterschied würde es schon machen?«
Ahren zuckte mit den Schultern. »Ard muss sich darauf verlassen können, dass seine Männer ihm ohne Widerspruch und Zögern gehorchen. Dazu braucht er ihren Respekt. Was, wenn sie nun glauben, er würde sich bei mir einschmeicheln, um zurückzugewinnen, was er verloren hat? Oder wenn sie denken, er würde mehr als einem Herrn dienen? Deshalb übt er des Mittags mit mir, in der größten Hitze, und härter als mit ihnen. Aus dem gleichen Grund ignoriert er mich sonst. Er begünstigt mich nicht. So gibt er ihnen keinen Grund, an ihm zu zweifeln. Verstehst du?«
Bek verstand es nicht wirklich, dennoch nickte er.
»Außerdem«, fügte Ahren hinzu, »bin ich der zweitgeborene Sohn eines toten Königs, und die zweiten Söhne toter Könige müssen lernen, zäh und unabhängig zu werden.«
Panax, schroff und reizbar, wie er war, sagte zu Bek, die Elfen sollten lieber weniger Zeit damit verbringen, sich gegenseitig auf die Füße zu treten, und stattdessen mehr auf ihre Instinkte vertrauen, dann wären sie besser dran. Früher sei es einmal so gewesen, verkündete er unverblümt. Erst seit die letzten Elessedils die Krone aufgesetzt hatten, hätten sich die Dinge verändert. Auf welche Weise er allerdings zu diesem Schluss gekommen war, da er doch im hinterwäldlerischen Depo Bent wohnte, konnte Bek nicht erkennen. Trotz seines einsiedlerischen Lebens schien der Zwerg ziemlich gut darüber Bescheid zu wissen, was in den Vier Ländern vor sich ging.
»Nimm bloß diesen lächerlichen Krieg zwischen den Freien und der Föderation«, murmelte er einmal, während sie dasaßen und Patrinell und Ahren beim Kampf mit Stöcken zuschauten. »Wozu ist der gut? Seit fünfzig Jahren streiten sie sich wegen desselben Stücks Land, seit mehr als fünfhundert Jahren über die Kontrolle der Grenzländer. Ständig geht es hin und her, nie verändert sich etwas, nie wird eine Entscheidung getroffen. Sollte man nicht denken, dass sie sich nach all der Zeit endlich zusammensetzen und eine Lösung ausarbeiten? Wie kompliziert könnte das sein? Oberflächlich betrachtet, dreht es sich um Souveränität und Gebietsansprüche, dahinter aber stehen Handel und Wirtschaft. Man braucht bloß einen Weg zu finden, sie von diesem Streit abzulenken und sie zu Gesprächen über Handelsbündnisse und den Wohlstand, der daraus resultieren würde, zu bringen, dann wäre der Krieg in zwei Tagen beendet.«
»Aber die Föderation ist entschlossen, die Grenzländer zu beherrschen«, wandte Bek ein. »Die Grenzländer sollen Teil ihres Südlandreiches werden. Was ist damit?«
Der Zwerg spuckte aus. »Die Grenzländer werden niemals Teil eines einzigen Landes sein, denn sie sind Teil aller Vier Länder, solange jemand zurückdenken kann. Der durchschnittliche Südländer schert sich einen Dreck darum, ob die Grenzländer Teil der Föderation sind. Ihn interessiert nur, dass diese Eschenbögen gut für die Jagd geeignet
Weitere Kostenlose Bücher