Shannara VII
reffen und alle außer dem Hauptsammler zu kürzen. Blitze zogen sich wie gezackte Linien über den Himmel im Nordwesten, und die Gewitterwolken wälzten sich in dunklen Bänken über den Horizont. Der Große Rote stellte den zuverlässigen Furl Hawken ans Ruder und stieg aufs Hauptdeck zu seiner Mannschaft hinunter. Ein jeder war bereits mit Seilen gesichert. Und alle, die nicht zur Mannschaft gehörten, waren unter Deck geschickt worden. Rue Meridian ging in die Kabine ihres Bruders, wo sie dafür sorgte, dass man Walker Boh an sein Bett band und Bek, Ryer Ord Star und Joad Rish vor dem schlechten Wetter warnte.
Nachdem dies erledigt und die Kleine Rote zurückgekehrt war, heulte der Wind übers Deck und zwischen den Masten und Spieren hindurch. Regen prasselte aus den Wolken herunter, und Dunkelheit brach wie eine Welle über das Luftschiff herein. Redden Alt Mer übernahm das Ruder von Furl Hawken. Spanner Frew hatte sich bereits zum Heck begeben, von wo aus er das gesamte Schiff überblicken konnte. Die Kleine Rote ging zum Bug. Die Mannschaft duckte sich im Schutz der Reling und der Masten und wartete auf das, was da kommen mochte.
Und es kam Fürchterliches. Die düstere Wut des Sturms verschlang sie mit einem Schlag, löschte die Sicht fast vollständig aus, durchnässte sie mit Regen, und das Schiff wurde so heftig hin und her geworfen, dass zu befürchten war, es könnte auseinander brechen. Der Große Rote brachte die Jerle Shannara auf eine Höhe von hundert Fuß über der Meeresoberfläche. Er würde das Schiff nicht weiter sinken lassen, denn der Ozean war noch weit gefährlicher als der Wind. Was er von der Blauen Spalte sah, wenn ein Blitz sie erhellte, bestätigte ihn in dieser Annahme. Die See brodelte und kochte, die Wellen türmten sich haushoch auf. In der Luft wurden sie zwar heftig hin und her geschüttelt, konnten jedoch wenigstens nicht untergehen.
Einige Spieren und Leinen waren bereits aufs Deck gekracht oder in die windumtoste Leere gefallen. Das Luftschiff war schlank und vermochte den schlimmsten Orkanböen zu entgehen, trotzdem wurde es immer wieder heftig getroffen. Es schwankte und schaukelte wild. Häufig legte es sich plötzlich nach rechts oder links, so unvermittelt, dass es für den Magen eine Qual war. Redden Alt Mer stand in der Pilotenkanzel, versuchte, das Schiff gerade zu halten, doch selbst das wurde langsam unmöglich. In welche Richtung sie fuhren, konnte er nicht mehr feststellen, und auch nicht, welche Geschwindigkeit sie hatten oder wo sie sich innerhalb des Sturmgebiets befanden. Das Einzige, was ihm gelang, war, sie oben zu halten und gegen den Wind zu drehen.
Es dauerte den ganzen Morgen. Mehrmals übergab der Große Rote das Steuerrad an Furl Hawken, ließ sich im Schutz der Kanzel zu Boden sinken und ruhte sich kurz aus. Im Heulen des Windes konnte er oft nichts mehr hören, und die Haut von Gesicht und Händen fühlte sich wie aufgescheuert an. Sein Körper schmerzte, und seine Arme und Beine brannten vom Ringen mit dem Steuerrad. Doch jedes Mal, wenn er sich ausruhte, fürchtete er, sich zu viel Zeit zu nehmen. So gönnte er sich nur wenige Minuten. Die Verantwortung für Schiff und Mannschaft lag bei ihm, und die konnte er niemand anderem zuschieben. Furl Hawken war so fähig wie er, aber die Sorge für die Sicherheit des Schiffes und der Passagiere oblag ihm selbst. Vielleicht hätte er seine Pflicht mit der Kleinen Roten teilen können, aber er hatte keine Ahnung, wo sie sich aufhielt. Den Bug oder das Heck konnte er längst nicht mehr sehen.
Endlich war der Sturm vorüber. Besatzung und Passagiere waren nass, erschöpft und erleichtert, noch am Leben zu sein. Es war der schlimmste Sturm gewesen, an den Redden Alt Mer sich erinnern konnte. Sie hatten Glück gehabt, weil sie ein Schiff wie die Jerle Shannara hatten, und als Erstes, nachdem er es ungefähr wieder auf Kurs gebracht hatte, übergab er nun Furl Hawken das Steuer und gratulierte Spanner Frew. Eine schnelle Überprüfung ergab, dass alle Mitglieder der Mannschaft noch an Bord waren, obwohl einige leichte Verletzungen erlitten hatten. Die Kleine Rote tauchte zwischen den vorderen Rammen auf und berichtete ihm vom Verlust mehrerer Spieren und von zwei Strahlungssammlern; ansonsten hatte sie keine größeren Schäden entdeckt. Doch ein Teil des Vorderdecks war eingebrochen und auf die Fässer gefallen, und nun hatten sie kein Wasser mehr. Sie mussten also welches suchen.
Jetzt erst erinnerte sich
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