Shannara VII
Quentin hatte sich zurückgezogen.
In der Pilotenkanzel schaute Spanner Frew mit düsterer Miene über die Steuerung hinweg, als solle sein Blick verhindern, dass noch etwas schief ging.
»Ich hätte dir das meiste bereits früher erzählt, wenn ich es nicht für besser erachtet hätte zu warten«, sagte Walker leise. »Ich bin wahrlich nicht glücklich darüber gewesen, es dir zu verschweigen. Eigentlich wollte ich näher an unserem Ziel Ice Henge und Castledown sein, ehe ich mit dir spreche. Sogar nach dem Vorfall auf Mephitic und den Vermutungen, die Truls Rohk dir eingeimpft hatte, hielt ich es immer noch für das Beste.
Jetzt weiß ich allerdings, dass du über eine bestimmte Art von Magie verfügen kannst, und es wäre gefährlich, dir die Quelle und den Nutzen zu verschweigen. Diese Magie ist eine sehr mächtige, Bek. Du hast bisher nur an der Oberfläche gekratzt, und ich will nicht riskieren, dass du sie erneut einsetzt, ehe du dich auf den Umgang mit ihr vorbereitet hast. Wenn du verstehst, wie sie funktioniert und was sie leisten kann, wirst du sie auch beherrschen. Vorher befindest du dich in Todesgefahr. Das bedeutet, ich muss dir alles verraten, was ich über deine Herkunft weiß. Es wird nicht leicht für dich sein, dir dies anzuhören. Schlimmer noch, nachher wirst du nicht leicht mit diesem Wissen leben können.«
Bek stand still neben ihm und lauschte. Äußerlich war der Junge ruhig, innerlich jedoch angespannt und nervös. Er wusste, der Druide blickte ihn an, und wartete auf eine Antwort und die Erlaubnis fortzufahren. Bek schaute ihm in die Augen und nickte; ja, er war bereit.
»Du bist kein Leah und kein Rowe oder auch nur ein entferntes Mitglied ihrer Familien«, sagte Walker. »Dein Name ist Ohmsford.«
Es dauerte einen Moment, bis der Junge den Namen erkannte und sich an dessen Ursprünge erinnerte. All die Geschichten, die er über die Leahs und die Druiden gehört hatte, fielen ihm wieder ein. In diesen Geschichten waren auch Ohmsfords vorgekommen, und zwar noch vor hundertdreißig Jahren, als Quentins Ururgroßvater Morgan Leah gegen die Schattenwesen in die Schlacht gezogen war. Davor hatten Shea und Flick Ohmsford an Allanons Seite gegen den Dämonenlord gekämpft, Wil Ohmsford hatte mit Eventine Elessedil und den Elfen gegen die Dämonenhorden gefochten, und Brin und Jair Ohmsford waren auf der Suche nach dem Ildatch tief ins Ostland gezogen.
Sie alle waren seit vielen Jahren tot, und die Familie Ohmsford war inzwischen ausgestorben. Coran hatte ihm das erzählt.
»Deine Magie ist das Erbe deiner Familie, Bek.« Der Druide schaute über die Reling in die Dunkelheit. »Wil Ohmsford hat sie vor Hunderten von Jahren in sich aufgenommen, als er die Elfensteine einsetzte, um das Leben zweier Frauen zu retten, von denen eine zum Ellcrys wurde und die andere seine Gemahlin. Sein Elfenblut war zu dünn, um die Benutzung der Elfensteine ohne Schaden zu überstehen, und deshalb wurde er unumkehrbar verändert. Dabei zeigte sich dieses Phänomen weniger bei ihm als bei seinen Kindern Brin und Jair, die mit der Begabung geboren wurden, mit ihren Stimmen Magie zu erzeugen, genau wie du. In beiden war die Gabe stark, insbesondere bei dem Mädchen. Sie konnte lebende Dinge durch Singen verwandeln, sie heilen oder sie zerstören. Ihre Kraft nannte man das Wunschlied.«
Er holte tief Luft und atmete langsam aus. Bek wandte den Blick nicht von ihm ab. »Die Magie trat auch in den folgenden Generationen auf, aber nur sporadisch. Fünfhundert Jahre sollte es dauern, bevor sie sich wieder auf bemerkenswerte Weise zeigte. Diesmal bei den Brüdern Par und Coll Ohmsford, die mit mir und der Elfenkönigin Wren Elessedil gegen die Schattenwesen kämpften. Die Magie war sehr, sehr stark in Par Ohmsford. Er war dein Ururgroßvater, Bek.«
Er trat von der Reling zurück und betrachtete den Jungen erneut. »Ich bin ebenfalls mit dir verwandt, obwohl ich die genaue Linie niemals verfolgt habe. Wir sind beide Nachfahren von Brin Ohmsford. Doch während du den Gebrauch des Wunschliedes geerbt hast, ging an mich der Blutsbund über, den sie mit dem sterbenden Allanon geschlossen hatte, die Verpflichtung, dass einer ihrer Nachfahren der Erste der neuen Druiden sein würde. Und dieser Nachfahre war ich, obwohl ich es nicht glauben wollte, als man es mir eröffnete, und es lange Zeit nicht akzeptierte. Widerwillig trat ich in den Orden ein und diente nur mit größten Bedenken.«
Er seufzte leise und wehmütig.
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