Shannara VII
Kriege überlebt. Sie waren die ersten Gegenstände, die zerstört wurden, wenn nicht durch Feuer, dann durch den Zahn der Zeit. Die Schriften der Alten Welt gingen vor zweitausend Jahren verloren, und nur unsere mündliche Erzähltradition hat das Wissen überliefert, das sie enthielten. Sogar dieses Wenige wurde im Laufe der Jahrhunderte verwässert, und so ist heute das meiste wertlos. Die Bücher, die wir heute besitzen, wurden von den Druiden in Paranor gesammelt. Die Elfen haben einige in Arborlon, und die Föderation hat einige in Arishaig, doch die meisten befinden sich im Keep des Druiden. Doch sind es Bücher dieser Welt und nicht der alten. Wenn es also tatsächlich Bücher sind, die überlebt haben, werden sie gut versteckt worden sein. Möglicherweise erkennt man sie auf den ersten Blick gar nicht als Bücher. Sie könnten eine gänzlich andere Form angenommen haben.«
»Wenn es viele Bücher sind und sie ihr ursprüngliches Aussehen haben, braucht es ein großes Haus, um sie aufzubewahren«, sagte Bek leise.
Walker nickte. »Das sollten wir nicht vergessen. Wir suchen einen Aufbewahrungsort, einen großen Behälter oder ein Lagerhaus. Vergesst auch nicht, dass wir erfahren wollen, was aus Kael Elessedils Expedition und den Elfensteinen geworden ist.«
Niemand erwiderte etwas. Einen Augenblick später rückte Quentin das Schwert von Leah auf seinem Rücken zurecht und blickte zum Himmel. »Sieht so aus, als würde der Regen nachlassen«, erklärte er.
»Fangen wir also an«, fügte Panax hinzu und grunzte.
Sie brachen auf, und wie eine Reihe dunkler Geister legten sie durch den Dunst den Weg zwischen dem bewaldeten Hang und den Ruinen zurück. Sie betraten die Stadt in drei Gruppen im Abstand von ungefähr fünfzig Metern. Zunächst bewegten sie sich schnell, fanden vor allem Schutt unter den Hülsen der kleineren Gebäude, die auch verrostete Maschinen und Apparate enthielten. Größtenteils hatten sie keine Ahnung, was sie da vor sich hatten, obwohl einige Teile aussahen wie Waffen. Über allem lag eine dicke Schicht Staub, und nichts deutete darauf hin, dass in jüngster Zeit jemand hier gewesen war. Seit Jahren war nichts berührt oder verändert worden. Alles war in Ewigkeit erstarrt.
Walker war sich durchaus bewusst, wie dicht sich Ryer Ord Star an ihn drängte, wobei sie ihn fast berührte. Gestern Nacht, während die anderen schliefen, war sie zu ihm gekommen und hatte ihm erzählt, was sie so verängstigt hatte. In der dunklen Stille der mondlosen Nacht hatte sie neben ihm gekniet und mit leiser Stimme kaum verständlich geflüstert: »Die Ruinen sind das Labyrinth, das ich in meiner Vision gesehen habe.«
Er hatte ihr die Hand auf die schmale Schulter gelegt. »Bist du sicher?«
Ihre Augen leuchteten hell, während sie ihn anstarrte. »Die Gegenwart der beiden anderen habe ich ebenfalls gespürt. Als ich am Rande des Tals stand und hinunter in das Wirrwarr schaute, fühlte ich sie. Die Bänder aus Feuer und die Metallhunde. Sie sind hier und warten auf mich. Auf uns alle.«
»Dann sollten wir uns auf sie vorbereiten.« Sie zitterte erneut, und er legte den Arm um sie, weil er ihre Angst vertreiben wollte, die er durch ihre Kleidung spürte. »Fürchte dich nicht, Ryer. Deine Warnungen sind unsere Rettung. Schon auf Flay Creech, auf Shatterstone und auf Mephitic. Und hier ebenso.«
Aber sie wich erschrocken zurück. »Nein, Walker. Was uns hier erwartet, ist viel größer und stärker. Es ist in die Ruinen und die Erde eingelassen, auf welcher die Gebäude stehen. Alt, hungrig und böse lauert es auf uns. Ich fühle seinen Atem. Ich spüre den Puls in der Bewegung der Luft und im Anstieg und Fallen der Temperatur. Es ist zu viel für uns. Zu viel.«
Still hielt er sie in der samtenen Dunkelheit, versuchte sie zu trösten, und lauschte auf ihren Atem, der sich nach und nach beruhigte. Schließlich löste sie sich von ihm und wollte davongehen.
»Ich werde hier sterben, Walker«, flüsterte sie ihm zu.
Das glaubte sie tatsächlich, merkte er, und vielleicht hatte sie in ihren Visionen etwas gesehen, das ihr Grund zu dieser Annahme gab. Möglicherweise hatte sie nur gespürt, dass es so kommen könnte, aber manchmal genügte das ja schon, um eine Sache tatsächlich passieren zu lassen. Er würde gut auf sie aufpassen und sie beschützen. Das hätte er sowieso getan. Ja, das würde er für alle tun, soweit es in seiner Macht stand. Aber sogar ein Druide konnte nicht mehr tun, als sein
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