Shannara VII
Unterschied, ob wir den anderen von Paranor berichten oder nicht, wenn Bremen erst einmal etwas zugestoßen ist?«
Er warf ihr einen erstaunten Blick zu, dann sagte er: »Ja, welchen Unterschied macht es dann noch?«
Gemeinsam eilten sie über den leeren, windumtosten Hof auf das Innere der Festung zu.
Bremen eilte rasch durch die leeren Gänge der Druidenfestung, so lautlos wie eine Wolke am Himmel entlangwandert. Er sah sich ständig forschend um und begann, sich an den Geschmack, den Geruch und die Geräusche in der Festung zu gewöhnen. Er setzte all seine Sinne und seinen Instinkt ein, um die Gefahr zu enttarnen, vor der Caerid Lock sie gewarnt hatte. Unablässig war er sich ihrer Gegenwart und ihrer Absicht bewußt, aber er konnte sie nicht entdecken. Entweder sie war sehr gut verborgen, oder sie war verschwunden.
Sei vorsichtig, schärfte er sich immer wieder ein. Sei wachsam.
Alle in der Festung waren tot - dessen war er jedenfalls sicher. Alle Druiden, alle Wachen, alle, die hier so viele Jahre lang gelebt und gearbeitet und studiert hatten, alle diejenigen, die er erst vier Tage zuvor verlassen hatte. Der Schock dieser Erkenntnis wirkte wie ein mächtiger Hieb in den Magen, der ihm den Atem und die Kraft raubte und ihn beinahe betäubt zurückließ. Alle tot. Er hatte gewußt, daß es geschehen konnte, hatte geglaubt, daß es eintreten würde, er hatte es sogar in seiner Vision gesehen. Aber die Realität war schlimmer. Überall lagen Leichen, die Glieder im Tode verrenkt. Einige waren durch das Schwert gestorben, andere zerrissen worden. Wieder andere, das konnte er spüren, waren in die tiefsten Tiefen der Festung gebracht und dort getötet worden. Aber niemand hatte überlebt. Kein Herzschlag erreichte seine Ohren. Keine Stimme rief. Nichts Lebendiges rührte sich. Paranor war eine Leichenhalle, ein einziges, großes Grab.
Er kämpfte sich durch die hallenden Gänge bis zum Versammlungsraum und fand dort Athabasca. Die Leiche des Hohen Druiden war nur noch eine traurige, zerfetzte Hülle. Bremen beugte sich vor um zu sehen, ob Athabasca den Eilt Druin noch bei sich trug, aber er konnte den Talisman nicht finden. Er richtete sich wieder auf und hielt inne. Er empfand nur Trauer um den Hohen Druiden, nur Bedauern. Als er ihn so sah, als er sie alle tot und die Druidenfestung verlassen sah, wünschte er, er hätte sich stärker bemüht, sie von der Gefahr zu überzeugen. Schuldgefühle quälten ihn, und er konnte sich nicht dagegen wehren. In einer gewissen Weise war er für all dies verantwortlich. Er hatte das Wissen und die Macht besessen, und er hatte versagt, da er nichts davon hatte in überzeugender Weise einsetzen können. Er bedeckte Athabascas Gesicht mit dem Umhang des Hohen Druiden und ging weiter.
Als nächstes suchte er die Bibliothek auf. Er hielt sich immer dicht an der Wand und lauschte vorsichtig und wachsam auf Anzeichen von Gefahr. Sowohl Caerid Lock als auch die Vision hatten ihn gewarnt. Die Verräterdruiden warteten auf ihn. Also gut. Aber der Dämonenlord war fort und hatte seine Ungeheuer mit sich genommen. Der Hexenkessel der Magie - die Falle, die Bremen im Brunnen der Druiden errichtet hatte - war bei ihrer Ankunft aufgegangen, und das hatte genügt, ihnen angst zu machen und sie daran zu hindern, länger auf Paranor zu verweilen. Bremen lauschte und hörte jetzt das schwache Zischen der Magie, die jetzt in den Brunnen zurücksank, jener Magie, die die Festung mit Leben versorgte und den meisten Zaubersprüchen der Druiden ihre Kraft gab. Gewaltig und stoßweise gab sie nur einen Teil von dem ab, was sie versprochen hatte, einen Teil zudem, der so gering war, daß er vor Bronas monströser Macht verblaßte. Dennoch hatte die Falle ihren Zweck erfüllt, hatte den rebellischen Druiden von der Festung vertrieben.
Bremen seufzte. Es war ein geringer Sieg, aus dem er keine Freude ziehen konnte. Brona hatte seine Rache gehabt, und das war alles, was zählte. Er hatte jene vernichtet, die sich ihm einst entgegengestellt hatten, die ihn hätten erneut herausfordern können, und er hatte ihre Zuflucht verwüstet. Jetzt war niemand mehr da, um ihn aufzuhalten, außer einem alten Mann und einer Handvoll anderer.
Vielleicht.
In der Bibliothek fand Bremen Kahle Rese. Beim Anblick der Leiche seines alten Freundes konnte er sich nicht beherrschen und weinte leise. Er bedeckte auch diese Leiche, unfähig, sie noch einmal anzuschauen, und verschwand durch die verborgene Tür in den
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