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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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dem selten durchquerten Gewirr des Dunkelstreif, an einer Stelle, die Kamin genannt wurde. Nicht einmal Kinson hatte jemals vom Kamin gehört, obwohl er von Dunkelstreif wußte und ihn als einen Ort betrachtete, den man besser meiden sollte. Spinnengnome lebten dort, borstige, kaum menschliche Kreaturen, die so wild und primitiv waren, daß sie mit den Geistern verkehrten und den alten Göttern opferten. Dunkelstreif war wie erstarrt in der Zeit und hatte sich seit den großen Kriegen nicht verändert. Kinson war nicht sehr wohl, als er hörte, daß dieser Ort vermutlich ihr nächstes Ziel sein würde.
    Als das gemeinsame Mahl beendet war und die Storen sich wieder an ihre Arbeit machten, setzte sich Kinson mit Mareth auf eine Bank in die Vorhalle des Speiseraums und starrte in die sich hinabsenkende Nacht. Er war unruhig. Bremen war nicht erschienen. Vielleicht war er noch auf Paranor. Vielleicht saß er auf der anderen Seite des Rabb in der Falle, weil die Armee des Nordlands sich zwischen ihm und dem Dorf niedergelassen hatte. Kinson mochte diese Unsicherheit nicht. Es gefiel ihm nicht, auf die Ankunft des Druiden warten zu müssen, verdammt zur Trägheit, obwohl er gerne etwas unternommen hätte. Wenn es notwendig war, konnte er auch warten, aber er fragte sich, wieso dies ausgerechnet jetzt nötig war. Er hätte sich sogar lieber auf die Suche nach Cogline gemacht, auch wenn er dafür in den Dunkelstreif hätte gehen müssen. Er hatte das Gefühl, daß die Zeit ihm davonlief.
    Eine Reihe von Storen kam vorbei; sie hatten Umhänge und Kapuzen an und waren verschlossen und geheimnisvoll. Sie gingen die Treppen der Vorhalle hinunter und überquerten den Weg zu einem anderen Gebäude. Ihre weißen Gestalten verschmolzen langsam mit dem grauen Dunst des Dämmerlichts, als wären sie Geister in der Nacht. Kinson wunderte sich über ihre Unbeirrbarkeit, über die besondere Mischung aus Hingabe an ihre Pflicht und Verschlossenheit gegenüber allem, was jenseits dieses winzigen Dorfes lag. Er warf einen Blick auf Mareth, versuchte, sie sich als eine der ihren vorzustellen, fragte sich, ob sie wohl immer noch wünschte, sie hätten sie aufgenommen. Würde die Isolation besser zu ihr passen, zu dem, was ihre Magie ihr aufbürdete, zu der ständigen Gefahr unkontrollierter Ausbrüche? Hätte sie sich hier weniger unter Zwang gefühlt als auf Paranor? Das Rätsel ihres Lebens faszinierte ihn, und er stellte fest, daß er über sie in einer Art und Weise nachdachte, wie er es über andere niemals tat.
    Er schlief schlecht in dieser Nacht; seine Träume waren voller gesichtsloser, bedrohlicher Kreaturen. Als er kurz vor Morgengrauen aufwachte, war er so schnell auf den Beinen und hatte das Schwert so rasch in der Hand, daß er gar nicht merkte, was er tat.
    Draußen erklangen rauhe und kehlige Stimmen, und er konnte das Klirren und Klappern von Waffen hören. Er wußte sofort, was geschehen war. Ohne auch nur die Schuhe anzuziehen, schlich er aus dem Schlafzimmer und den Gang entlang zum Vordereingang, wo einige Fenster zur Hauptstraße hin geöffnet waren. In den Schatten verborgen, blinzelte er ungesehen hinaus.
    Eine große Gruppe von räuberischen Trollen war mitten auf der Straße erschienen und hatte sich vor einem kleinen Häuflein von Storen aufgebaut, die auf den Stufen zum Hauptkrankenhaus standen. Die Trolle waren bewaffnet und bedrohlich, ihre Gesten ließen keinen Zweifel daran, daß sie vorhatten dort einzudringen. Die Storen stellten sich ihnen nicht direkt in den Weg, aber sie machten ihn auch nicht frei. Die verärgerten Stimmen gehörten den Trollen, die Storen dagegen blieben trotz der Drohungen der Angreifer ruhig. Kinson verstand nicht, was die Trolle wollten - ob Nahrungsmittel und Vorräte oder noch mehr. Aber er konnte erkennen, daß sie auf die Erfüllung ihrer Forderungen nicht verzichten würden. Sie hatten genauso schnell begriffen wie er, daß es in diesem Dorf niemanden gab, der sich gegen sie zur Wehr setzen konnte.
    Kinson starrte von dem dunklen Gebäude zu dem im Schatten liegenden Weg, von dem dichten Wald zur offenen Straße und wog seine Möglichkeiten ab. Er konnte hierbleiben und hoffen, daß nichts geschehen würde. Wenn er das tat, würde er die Storen zu dem Schicksal verdammen, das die Trolle für sie bereithielten. Er konnte die Trolle von hinten angreifen und wahrscheinlich vier oder fünf von ihnen töten, bevor die übrigen ihn überwältigten. Damit würde er nicht viel gewinnen.

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