Shannara VIII
worin auch immer diese bestanden, vermutlich konnte sie sie durch die Tarnung ihres Äußeren, Anpassung des Gewichts und Verschleierung der Körpertemperatur überlisten. Jedes Alarmsystem würde sie als Kriecher betrachten. Das brachte nicht einmal ein Druide zustande.
Dennoch erlaubte sie sich keine Überschwänglichkeit und keine Nachlässigkeit. Möglicherweise hatte das Wesen, das Castledown bewachte, die Fähigkeit, ihre Anwendung der Magie aufzuspüren, ihre Anwesenheit zu entdecken und die Tarnung auffliegen zu lassen. Sollte das geschehen, musste sie ein Ausweichmanöver starten, und zwar sofort. Sie hoffte allerdings, dass ihr Gegner anderweitig beschäftigt war, vielleicht mit Walker, oder dass ihre Magie zu klein war, um aufzufallen. Vor allem aber hoffte sie, ihr Vorhaben rasch umzusetzen, damit sie längst wieder verschwunden wäre, ehe sie überhaupt bemerkt wurde.
Sie passierte Dutzende Kriecher, die sie schlicht ignorierten. Jeder schien seine spezielle Aufgabe zu haben - worin diese bestand, erkannte sie allerdings nicht. Die Ilse-Hexe bewegte sich durch ein Labyrinth von Kammern und Gängen aller Größen und Formen, von denen manche leer und andere mit Maschinen und Materialien voll gestopft waren. Was dort gelagert wurde, wusste sie nicht, und es interessierte sie auch nicht. Sie suchte nach den Büchern der Magie, aber die waren nirgendwo zu finden. Alles andere war ihr gleichgültig. Sie hatte keine Zeit, den ganzen Trödel hier unten zu durchstöbern.
Von vorn hörte sie Maschinengeräusche in der Stille, ein leises, gleichmäßiges Dröhnen. Das Geräusch durchdrang den Stahl der Wände, und sogar der Boden unter ihren Füßen vibrierte leicht. Sie hielt inne und dachte nach. Was sie da hörte, musste Teil einer Maschinerie sein, die alles in den Schatten stellte, was sie je gesehen hatte, und vermutlich spielte diese Anlage eine zentrale Rolle in dieser Festung. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um ein Kraftwerk, es konnte jedoch auch mit dem Schutz der Bücher zu tun haben. Daher sollte sie sich einen Blick auf diese Anlage gönnen.
Sie war keine zehn Schritte weit gekommen, als rings um sie herum Alarm ertönte.
Ryer Ord Star. Walker spürte, wie sie sich regte und langsam aus der Trance erwachte, in die sie sich versetzt hatte, um ihm mit ihrer empathischen Kraft Stärkung zukommen lassen zu können. Ihre Finger, die auf seinen Schläfen ruhten, glitten über seine Wangen wie Tränen.
Wach auf, junge Seherin.
Er sprach in Gedanken zu ihr, sandte ihr einen stillen Ruf, den nur sie allein hören konnte. Er befand sich wieder in seinem Körper und hatte die Drogenträume überwunden, hatte seine Schattengestalt verlassen und bewohnte wieder sein eigenes Fleisch und Blut. Es war an der Zeit, sich von den Maschinen und von Antrax zu befreien. Doch dabei musste er vorsichtig vorgehen, und allein würde er es nicht schaffen.
Hör mir zu.
Inzwischen war sie hellwach, hatte die Augen aufgeschlagen und schob sich von seinem Körper hoch. »Walker?«
Sprich nicht. Hör einfach zu. Tu, was ich dir sage. Und zwar schnell. Nimm mir die Binde von den Augen und den Schlauch aus dem Mund.
Sie erfüllte seinen Wunsch, wobei ihre Hände um sein Gesicht herumflatterten wie Motten. Er spürte, wie sich ihre Lunge beim Atmen leerte und füllte.
Jetzt löse die Riemen, die mich an Handgelenk und Knöcheln fesseln, dann die an Hals, Stirn und Bauch. In dieser Reihenfolge. Dabei darfst du auf keinen Fall die Drähte lösen!
Sie brauchte eine Weile für diese Aufgabe; die Riemen waren mit einer Art Schnallen verschlossen, die sie nie zuvor gesehen hatte und deren Mechanismus ihr nicht sofort einleuchtete. Sie bestanden nicht aus Metall, sondern aus hartem Kunststoff, und sie fummelte eine Zeit lang daran herum, ehe sie begriff, wie sie funktionierten. Danach ging Walkers Befreiung rasch voran.
Dann war sie wieder dicht bei ihm und beugte sich über ihn. Zum ersten Mal schlug er jetzt die Augen auf und schaute sie an. Auf ihrem blassen, kindlichen Gesicht, das von dem silbernen Haar gerahmt wurde, breitete sich ein Lächeln aus, und Tränen stiegen ihr in die Augen. Noch immer umgab sie ein Hauch der verhüllenden Magie, doch langsam löste sich diese auf. Wie war sie zu Walker gelangt? Wo hatte sie die Magie gefunden, die ihr dabei geholfen hatte?
Walker, sagte sie still.
Er erforschte sich selbst, um zu erfahren, was als Nächstes geschehen musste, und versuchte zu entscheiden,
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