Shannara VIII
Umrisse des Labyrinths und die Schemen zerstörter Kriecher und anderer Waffen. Jenseits davon breitete sich das Gewirr der Ruinenstadt aus. Aus dieser Ödnis war kein einziges Geräusch zu vernehmen. Es machte den Eindruck, als wären sie die einzigen Lebewesen auf der weiten Welt.
Das war jedoch trügerisch, wie er wusste. Die Mwellrets waren dort draußen und machten Jagd auf sie. Er musste sehr vorsichtig vorgehen.
Ryer hielt ihn weiterhin umklammert, und so beugte er sich hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: »Hör mir zu.«
Sie erstarrte und nickte dann langsam. »Wir sollten die anderen finden - Bek und Tamis und Quentin. Allerdings müssen wir uns dabei im Verborgenen halten. Die Mwellrets und die Ilse-Hexe sind uns bestimmt auf den Fersen. Zumindest sollten wir lieber davon ausgehen. Auf keinen Fall dürfen wir uns von ihnen erwischen lassen. Deshalb verlassen wir die Ruinen und verstecken uns im Wald. So schnell wie möglich. Meinst du, das schaffst du mit mir zusammen?«
»Wir hätten ihn nicht zurücklassen sollen«, erwiderte sie so leise, dass er die Worte kaum verstehen konnte. Ihre Finger schlossen sich fester um seine Arme. »Wir hätten bleiben sollen.«
»Nein, Ryer«, entgegnete er. »Er hat uns befohlen zu gehen. Es gab nichts, was wir für ihn hätten tun können. Er wollte, dass wir die anderen suchen. Schon vergessen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Das spielt keine Rolle. Wir hätten trotzdem bleiben sollen. Er lag im Sterben.«
»Wenn wir nicht schaffen, worum er uns gebeten hat, wenn wir in Gefangenschaft geraten oder gar umgebracht werden, waren all seine Mühen umsonst. Dann hätte er mit seinem Tod nur sein Leben verschwendet.« Er sprach leise, aber eindringlich. »Das wollte er nicht. Deshalb hat er uns fortgeschickt.«
»Ich habe ihn verraten.« Sie schluchzte.
»Wir haben uns alle gegenseitig irgendwann auf dieser Reise verraten.« Er drückte ihren Kopf von seiner Schulter hoch und hob ihr Kinn, so dass sie ihn ansehen musste. »Er ist nicht wegen etwas gestorben, das wir getan haben oder auch nicht. Nein, er hat sich entschieden, sein Leben zu opfern, um Antrax zu zerstören. Diese Wahl hat er selbst getroffen.«
Er holte tief Luft. »Hör mir zu. Wir dienen ihm am besten, wenn wir seinen letzten Willen ehren. Ich weiß nicht, welche weiteren Schritte er für uns ins Auge gefasst hatte oder was seiner Meinung nach als Nächstes geschehen sollte. Außerdem habe ich keine Ahnung, was wir schon erreicht haben. Aber für ihn können wir nicht mehr tun, als von hier zu verschwinden und in die Vier Länder zurückzukehren.«
Bei diesen harten Worten verzog sie das abgespannte bleiche Gesicht, das in diesem Moment wie zerknittertes altes Pergament wirkte. »Ohne ihn kann ich nicht leben, Ahren. Ich will auch gar nicht.«
Instinktiv streckte der Elfenprinz die Hand aus und strich ihr über das feine Haar. »Er hat gesagt, ihr würdet euch wieder sehen. Das hat er dir versprochen. Vielleicht solltest du ihm wenigstens die Chance geben, sein Versprechen einzulösen.« Er hielt inne, beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. »Du sagst, ohne ihn könntest du nicht leben. Wenn es für dich einen Unterschied ausmacht: Ich glaube, ich kann ohne dich nicht leben. So weit, wie ich es jetzt geschafft habe, wäre ich niemals gekommen, wenn ich es nicht für dich getan hätte. Bitte, verlass mich jetzt nicht.«
Er lehnte die Wange an ihre Schläfe, hielt Ryer im Arm und wartete auf eine Reaktion. Es dauerte eine ganze Weile, doch schließlich richtete sie sich auf und legte ihm die kleinen Hände auf die Wangen.
»Also gut«, sagte sie leise. Sie lächelte ihn traurig an.
Dann gingen sie weiter, hinaus in den Schatten des schwarzen Turmes und ins Labyrinth, und schließlich durch die Ruinen. Ständig achteten sie darauf, in den dunklen Schatten zu bleiben, sie überhasteten sich nicht und blieben häufig stehen, um zu lauschen, ob sie Geräusche hörten, die sie vor drohenden Gefahren warnten. Ahren führte, hielt Ryer Ord Stars Hand, und die Bindung zwischen ihnen wurde eigenartigerweise immer stärker. Er hatte nicht gelogen, als er ihr gesagt hatte, dass er sie weiterhin brauchte. Obwohl er die Elfensteine geborgen und erfolgreich gegen die Kriecher gekämpft hatte, verspürte er kein großes Selbstbewusstsein. Seine Jugend hatte er zwar hinter sich gelassen, dennoch war er unerfahren und grün hinter den Ohren. Das Leben würde ihm noch einige
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