Shannara VIII
solle sich die Sache ansehen, und setzte dann seine Kreise über den Ruinen fort. Die Fahrende würde eine Entscheidung treffen. Er würde weitersuchen. Wenn sich sonst nichts anderes ergab, würde er später hierher zurückkehren.
Kaum hatte er zu einer weiteren Runde über das zerstörte Viertel der Stadt angesetzt, da sah er etwas, das von Nordosten auf sie zugeflogen kam. Obsidian bemerkte es ebenfalls und stieß einen schrillen Schrei aus, dass er die anderen erkannt hatte.
Es waren Po Keiles und Niciannon.
Rue Meridian hatte die Schwarze Moclips gerade über eine Ansammlung von Leichen am Rande der Ruinen gesteuert und fragte sich, was sie davon zu halten hatte, als sie zu Hunter Predd hinüberschaute und den zweiten Flugreiter sah. Das musste Po Keiles sein, und sie verspürte neue Hoffnung, denn sein Erscheinen würde vermutlich die Ankunft ihres Bruders und der Jerle Shannara ankündigen. Mit zwei Luftschiffen vergrößerten sich die Erfolgsaussichten der Suche erheblich. Vielleicht halfen ihr sogar ein paar Fahrende, die Schwarze Moclips zu steuern, damit sie sich ein paar Stunden Schlaf gönnen konnte.
Sie beobachtete die beiden Flugreiter, die auf ihren Rocks nebeneinander kreisten, sich unterhielten und heftig gestikulierten. Rue spähte zurück zur Küste und hielt nach dem anderen Schiff Ausschau. Aber bislang ließ sich nichts erkennen, daher richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Flugreiter. Ihr Gespräch war nun offensichtlich hitzig geworden, und ein erstes Unbehagen beschlich sie. Die Art, wie sie sich unterhielten, ließ selbst auf die Distanz nichts Gutes ahnen.
Das bildest du dir nur ein, dachte sie.
Dann löste sich Hunter Predd von Po Keiles, flog zu Rue zurück und steuerte unter das Heck. Dort packte er die Leine, die von der Reling baumelte, schwang sich vom Vogel und zog sich mit den Händen nach oben, bis er an Bord war. Auf ein Handzeichen hin nahm Obsidian eine Position neben dem Schiff ein.
Rue Meridian wartete, während der Elf zur Pilotenkanzel eilte und hineinstieg. Im schwachen Licht des jungen Tages sah sie deutlich, wie aufgeregt er war.
»Hör zu, Kleine Rote.« Sein wettergegerbtes Gesicht war ruhig, doch angespannt. »Dein Bruder und die anderen fliegen in diese Richtung, aber sie werden verfolgt. Eine Flotte feindlicher Luftschiffe ist gestern im Morgengrauen an der Küste aufgetaucht. Die Jerle Shannara konnte ihnen gerade so eben entkommen. Seitdem ist sie in diese Richtung unterwegs und versucht, die Verfolger abzuschütteln. Nur anscheinend wird sie die nicht los. Sie haben sie durch die Berge den ganzen Weg ins Landesinnere verfolgt, sogar nachdem sie den Kurs komplett geändert hat, und jetzt sind sie fast hier.«
Feindliche Luftschiffe? So weit hier draußen, fern der Vier Länder? Es dauerte einen Augenblick, bis sich die Information gesetzt hatte. »Wer ist das?«
Er winkte ab. »Ich weiß es nicht. Niemand hat eine Ahnung. Sie führen keine Flagge, und die Männer an Bord bewegen sich wie wandelnde Tote. Po Keiles hat sie sich gestern Abend ansehen können, als die Fahrenden sich zur Ruhe legen wollten, weil sie glaubten, die Verfolger abgehängt zu haben. Doch keine Stunde später waren sie wieder da. Diejenigen, die Po sehen konnte, waren Männer, benahmen sich jedoch nicht wie solche. Sie bewegten sich wie Maschinen. Eigentlich wirkten sie überhaupt nicht lebendig. Sie waren steif, und ihre Augen leer, als würden sie nichts wahrnehmen. Eins ist jedenfalls sicher. Die wissen, wo sie hinwollen, und sie brauchen offensichtlich keine Karte, um uns zu finden.«
Sie blickte sich im hellen Tageslicht um und schaute hinunter zu den Ruinen. Ihre Hoffnung, die Suche fortzusetzen, schwand. »Wie weit sind sie schon?«
»Keine halbe Stunde entfernt. Wir müssen hier fort. Wenn sie dich ganz allein auf der Schwarzen Moclips erwischen, hast du keine Chance.«
Sie starrte ihn an und erwiderte einen Moment lang nichts, da es vor Wut und Verzweiflung in ihr brodelte. Natürlich sah sie die Notwendigkeit der Flucht ein, doch hatte sie sich noch nie gern zu etwas zwingen lassen. Ihr Instinkt drängte sie, zu bleiben und zu kämpfen, nicht davonzurennen. Sie hasste den Gedanken, die Vermissten erneut im Stich zu lassen und dem Ungewissen Schicksal in Form von Mwellrets und der Ilse-Hexe zu überlassen - und nun auch dieser neuen Bedrohung. Wie lange würden sie noch auf sich selbst gestellt sein? Wie lange würde es dauern, bis
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