Shannara VIII
wird schon kommen. Dafür werde ich sorgen.«
Erneut ging er voran, und Ahren rieb sich die Wange, um das unangenehme Gefühl loszuwerden, das die Schuppen auf seiner Haut hinterlassen hatten. Er hatte keine Ahnung, auf welche Weise ihm die Flucht glücken könnte. Was immer ihm auch einfiele, der erste Versuch musste gelingen, denn er würde nur eine einzige Chance erhalten. Dennoch würde er nicht fortrennen, ohne die Elfensteine wieder in seinen Besitz gebracht zu haben. Sie zu finden und ihre Macht zu beschwören hatte ihn verändert. Durch sie hatte er seine Feigheit überwunden und auf diese Weise ein Stück von dem Mann entdeckt, der zu werden er stets gehofft hatte. Mut und Willensstärke hatte er gefunden, und das wollte er nicht mehr verlieren. Doch ohne die Elfensteine würde genau das vermutlich passieren.
Sein Blick schweifte zum Horizont, wo die Luftschiffe schwebten. Im Westen war eine schwarze Wolkenwand aufgezogen. Außerdem sank die Temperatur. Ein Sturm nahte, und zwar offenbar ein starker.
Sie drangen tiefer in die Ruinen ein und folgten dem Weg, den er mit der Seherin gekommen war. Der Caull und seine Mwellrets gingen voraus, Ryer Ord Star und der Morgawr, der den Platz mit Cree Bega getauscht hatte, waren gleich hinter ihnen und flüsterten miteinander, als würden sie gemeinsam eine Verschwörung planen. Cree Bega stieß Ahren in den Rücken und drängte ihn aufzuschließen. Der Elfenprinz verdrängte die düsteren Grübeleien und beschleunigte seine Schritte, bis er hinter der Seherin ging, so nah, dass er sie hätte berühren können.
Schau mich an, dachte er. Sag etwas. Weder das eine noch das andere tat sie. Es war, als wäre er überhaupt nicht anwesend, so wenig schien ihr seine Gegenwart zu bedeuten. Ihn beschlich der Gedanke, dass sie ihn absichtlich ignorierte. War ihr Schuldgefühl, weil sie ihn verraten hatte, so stark? Anscheinend hatte sie die Absicht aufgegeben, sich zu bessern, und verwandelte sich in das Wesen zurück, zu dem sie in den Diensten der Hexe geworden war. Offensichtlich war ihr Sinn für Treue gemeinsam mit dem Tod von Walker gestorben. Das begriff er einfach nicht.
Dann zeigte sie dem Morgawr etwas in den Ruinen, und während der Zauberer sich in die angegebene Richtung drehte, stolperte sie, verlor das Gleichgewicht und fiel rückwärts gegen Ahren. Er fing sie aus einem Reflex heraus auf und stützte sie. Ohne ihn anzuschauen, richtete sie sich auf und stieß ihn zur Seite.
Das Ganze dauerte nur Sekunden, und schon ging Ryer Ord Star wieder neben dem Morgawr. Doch in dieser kurzen Zeit, als sie so nahe zusammen gewesen waren, hatte sie ihm zwei Worte zugeflüstert.
Vertrau mir.
Kapitel 39
Keine Viertelmeile entfernt hockte Bek Ohmsford in dem tiefen Schatten, den zwei halb eingestürzte Mauern bildeten, und wartete auf Truls Rohks Rückkehr. In der frühmorgendlichen Stille hörte er deutlich die Schritte der Mwellrets und derjenigen, die sich bei ihnen befanden. Die Luftschiffe, die in einiger Entfernung über den Ruinen schwebten, hatte er schon früher entdeckt, dunkle Rümpfe und Masten, denen jegliche Abzeichen und Flaggen fehlten. Er hatte zugeschaut, wie sie die Mwellrets ausspuckten und dazu Bestien, die dem Caull ähnelten, mit dem seine Schwester den Gestaltwandler und ihn selbst aufgespürt hatte. Dementsprechend wusste er, dass sie in Schwierigkeiten steckten.
Truls Rohk war losgezogen, um sich die Sache aus der Nähe anzusehen. Bisher war er nicht zurückgekehrt.
Bek schloss seine Hand fester um Griannes und versicherte sich mit einem Blick, dass es ihr gut ging. Nun, zumindest versicherte er sich, dass sich ihr Zustand nicht geändert hatte. Sie hockte neben ihm in der Dunkelheit, sagte kein Wort und starrte ins Leere. Er hatte ihr die Kapuze abgenommen, damit ein wenig Licht an ihr Gesicht gelangen konnte. Hier im Schatten wirkte ihre bleiche Haut gespenstisch, und ihre eigenartig blauen Augen nahmen nichts wahr. Sie gehorchte seinen Anweisungen, reagierte ansonsten jedoch in keiner Weise auf ihre Umgebung. Bislang hatte sie kein Wort gesagt und ihn auch nicht angeblickt. Er wusste nicht viel über Katatonie und wie man sie davon befreien konnte, doch hatte sie vermutlich große emotionale oder seelische Qualen erlitten, die diesen Schockzustand ausgelöst hatten. Nachdem sie diese bewältigt hätte, würde sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachen, hatte Walker gesagt. Inzwischen war Bek nun schon einige Stunden mit
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