Shannara VIII
den Weg zurück, den sie gekommen waren, in Richtung der Ilse-Hexe und in Richtung seiner Freunde und Gefährten, die sich irgendwo dort in der Dunkelheit aufhielten.
Seid stark, betete er für sie alle. Sogar für Grianne.
Kapitel 5
Dutzende Meilen entfernt, tief in den gletscherbedeckten Bergen, welche die Küste der Halbinsel schützten, und umgeben von den tausend Fuß hohen Mauern der Schlucht, durch die das geschmolzene Eis hinaus in die Blaue Spalte floss, trieb die Jerle Shannara in einsamer, mitgenommener Pracht dahin. Steuerlos, unbemannt und mit zerfetzten Segeln ritt sie auf den böigen Winden, die durch den Cañon wehten, und bewegte sich wie an einer Schnur gezogen auf die Säulen aus Eis zu, die den Weg nach draußen blockierten. Wolken wälzten sich über sie hinweg und vermischten sich mit Eisnebel und der Gischt, die aufstieg, wenn die Wellen unten gegen die Felsen krachten, weiße Schleier, welche die Sonne verhüllten. Würger kreisten und stürzten sich an der Takelage vorbei nach unten, wobei die Vorfreude hell in ihren stechenden Augen glänzte, da sie jedes Mal dichter an die Leichen auf Deck des Luftschiffes herankamen. Die Echos ihrer Schreie vermischten sich mit der tosenden Brandung und hallten als geisterhafter Kontrapunkt von den Klippen wider.
Davor lauerten die Säulen und kamen mit jedem Wanken und Schwanken des Luftschiffes näher. Wie die Zähne eines Riesen knirschten sie und öffneten sich, schlossen dann wieder die Lücke, durch die das Schiff fliegen musste, dröhnten hungrig und gefräßig, als wollten sie sich nun holen, was ihnen zuvor entgangen war, als wollten sie das Holz und Metall der Jerle Shannara in Kleinholz verwandeln und der Besatzung die Knochen zermalmen.
Übel zugerichtet, benommen und kaum bei Bewusstsein, baumelte Rue Meridian an einem Seil fünfzig Fuß unter dem Heck des Schiffes. Sie klammerte sich mit letzter, schwindender Kraft an das Tau und war zu schwach, um sich zu bewegen. Blut bedeckte ihren linken Arm und rann über ihre Seite, und sie spürte ihr linkes Bein nicht mehr. Der Wind heulte in ihren Ohren und ließ ihre Haut gefrieren. Eis hatte sich in ihrem Haar gebildet, und ihre Kleidung war steif geworden. Wie sie hierher gelangt war, verlor sich in einem Nebel von Erinnerungsfetzen und ungeordneten Gefühlen. Sie wusste noch von dem Kampf mit dem Mwellret, dass sie beide verwundet waren, über das Deck des Luftschiffs taumelten, unaufhaltsam auf die Holzreling zuglitten, schneller wurden und nicht anhalten konnten. Dann krachten sie gegen die Reling, die bereits von einem heruntergefallenen Sparren zertrümmert war, zuerst der Mwellret, der die volle Wucht des Aufpralls abbekam. Das Geländer hatte wie Zunder nachgegeben, und die zwei waren ineinander verkrallt hindurchgerutscht. Das hätte ihr Ende sein sollen. Sie befanden sich in tausend Fuß Höhe, vielleicht sogar mehr, und zwischen ihnen und den Felsen und dem Fluss unten war nichts außer Luft. Instinktiv hatte sie sich mit Tritten von dem Mwellret befreit und nach etwas gegriffen, an dem sie sich festhalten konnte. Durch bloßes Glück hatte sie dieses Seil erwischt, diese Rettungsleine in die Sicherheit. Ihr freier Fall war hart gebremst worden, der Ruck hatte ihr fast die Arme aus den Gelenken gerissen und ihr die Haut an den Händen aufgescheuert, weil sie weiterrutschte und erst an einem Knoten zum Halt kam. Verblüfft und erleichtert klammerte sie sich an das Seil, baumelte und drehte sich im Wind und schaute der dunklen Gestalt ihres Gegners hinterher, die kopfüber ins Leere stürzte.
Dann hatten der Schock und die Kälte eingesetzt, und sie stellte fest, dass sie sich nicht bewegen konnte und starr an ihrer Rettungsleine hing, während sie sich bemühte, nicht das Bewusstsein zu verlieren. Ständig redete sie sich ein, irgendwann wieder genug Kraft gesammelt zu haben, um nach oben und an Bord klettern zu können, oder dass sie bald jemand in Sicherheit ziehen würde. In Gedanken spielte sie verschiedene Szenarios durch, und da sie der Bewusstlosigkeit nahe war, brachte sie kaum mehr zustande, als sich mit diesen Möglichkeiten zu quälen.
Aber sie war nicht zu benommen, um die Gefahr zu begreifen, in der sie sich befand, und um abschätzen zu können, wie wenig Zeit ihr blieb. Die Jerle Shannara trieb auf die Eissäulen zu, und sobald diese erreicht wären, hätte es ein Ende. An Bord würde ihr niemand helfen. Oben waren alle tot, Furl Hawken eingeschlossen. Jene unter
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