Shannara VIII
aufleuchtete wie eine Fackel. Die Magie wallte in blauer Flamme an der Klinge entlang. Nun begriff Quentin, dass es sich bei diesen Untieren um magische Schöpfungen handelte und dass man sie allein mit Magie würde aufhalten können. Er tötete in wildem Kampfe zwei, daraufhin zog sich der Rest zurück - zwar nicht besiegt oder eingeschüchtert, sondern lediglich wachsam gegenüber der Macht des Schwertes und unsicher, ob sie den Angriff fortsetzen sollten.
Ihr Zögern erlaubte Quentin und den Übrigen die Flucht, doch durch den Einsatz des Schwertes hatte er sich auch verraten; wenigstens einer der Gejagten befand sich im Besitz von Magie, das wussten die Verfolger nun, und damit festigte sich ihr Entschluss, die Hetze fortzusetzen. Im Himmel über ihnen tauchten Luftschiffe auf, frische Einheiten der Mwellrets mit weiteren Spürtieren wurden von oben abgeseilt und gesellten sich zu jenen am Boden. Quentin vermochte sie nicht zu zählen, allerdings waren es sicherlich genug, um ihn zu überwältigen, wenn er sich entschied, im Kampf gegen sie anzutreten. Zwar hatte er keine Ahnung, wen die Rets überhaupt suchten, aber auf jeden Fall zeigten sie bei ihrer Jagd eine erstaunliche Entschlossenheit.
So dauerte die Hatz den ganzen ersten und zweiten Tag an, und die Rindge suchten einen Weg tiefer in den Aleuthra Ark und höher in die zerklüfteten Gipfel hinein, wobei sie einem Pfad folgten, der sie, wie sie wussten, schließlich über die Berge in das weite Grasland dahinter führen würde. Quentin fragte sich inzwischen, inwiefern ihnen das weiterhelfen würde. Wenn die Verfolger ihnen so zielstrebig nachsetzten, würden die sie früher oder später erwischen, gleichgültig, ob auf dieser Seite der Berge oder auf der anderen. Sollte die Flucht gelingen, mussten sie eine andere Lösung finden, und zwar rasch, da die Frauen und Kinder, die den größten Teil der Flüchtlinge bildeten, langsam ermüdeten.
Quentin ermüdete ebenfalls, obgleich weniger körperlich als vielmehr gefühlsmäßig. Im Kampf mit dem Ard-Patrinell-Wronk hatte er etwas eingebüßt - das Feuer, den Mut und die Entschlossenheit -, und jetzt fühlte er sich wie eine leere Hülle. Nachdem so viele seiner Gefährten den Tod erlitten hatten und die anderen verschollen und verstreut waren, hatte sich seine Wahrnehmung getrübt. Er half den Rindge, weil sie ihn brauchten und weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte. Dadurch bekam er ein Ziel, auch wenn er keine Gefühle mehr hatte. Er hatte zu vieles verloren, um ohne einen dramatischen Wandel in seinem Schicksal wieder Gefühle zu empfinden.
Panax und Kian waren vermutlich nicht besser dran, dachte er, obwohl sie härter wirkten als er und eher darauf gefasst zu sein schienen, sich allein durchschlagen zu müssen. Quentin war noch zu jung und außerdem unvorbereitet auf diese Art Verluste, und deshalb trafen sie ihn mit wesentlich größerer Wucht. Manchmal brach er innerlich regelrecht zusammen. Dann sah er vor seinem inneren Auge Tamis, blutend und sterbend. Er sah Ard Patrinells Kopf, in Metall und Glas eingeschlossen, in dem Moment, ehe Quentin ihm den Kopf zerschmetterte. Er sah Bek, wie er damals im Hochland ausgesehen hatte, vor so langer Zeit.
Er war gehetzt und abgespannt und desillusioniert, und er spürte, wie er Stück um Stück die Kontrolle über sich selbst verlor. Dann weinte er und konnte sich nicht beherrschen, versuchte nur, seine Tränen und seine Schwäche zu verbergen. Trotz hellen Sonnenscheins fröstelte es ihn. Düstere Träume suchten seinen Schlaf heim - Träume, die zum Inhalt hatten, was ihn jagte, was ihn erwartete, Träume des Schicksals und der Prophezeiung. Zitternd und verängstigt erwachte er aus ihnen und schlief frierend und leer wieder ein.
Gleichzeitig jedoch stellte er für die anderen die beste Chance dar, ihr Leben zu retten, und dieser Tatsache war er sich schmerzlich bewusst. Ohne die Magie des Schwertes von Leah konnten sie sich gegen diese Wesen, die sie jagten, nicht zur Wehr setzen. Quentin war vielleicht nahe daran, die Kontrolle zu verlieren, aber er durfte es auf keinen Fall geschehen lassen.
»Wie viel Zeit haben wir?«, fragte er Kian kurz darauf.
Der Elf zuckte mit den Schultern. »Die Rindge werden versuchen, sie aufzuhalten, doch keinen Erfolg haben. Also vielleicht eine Stunde, möglicherweise ein bisschen mehr.«
Quentin schloss die Augen. Sie brauchten Hilfe. Oder besser gesagt, ein Wunder. Und das konnte er ihnen
Weitere Kostenlose Bücher