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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Händen vergraben hatte und schluchzend weinte. Wann hatte er sich hingehockt? Wie lange heulte er hier schon im Schutt?
     Er wischte sich verärgert und beschämt die Augen trocken. Genug. Es reichte.
     Als er sich mit der rechten Hand vom Boden abdrücken wollte, lagen seine Finger plötzlich auf dem Griff seines Schwertes.
     Eine Sekunde lang verharrte er wie betäubt und glaubte, das sei die nächste Halluzination. Aber die Waffe war so real wie der Stein, auf dem er kniete. Er zwang seinen Blick nach unten und sah das Schwert neben sich liegen, bedeckt mit Staub und Sand, der Griff verkratzt und verschrammt, doch die Klinge glatt und unberührt wie an dem Tag, an dem sie geschmiedet worden war. Seine Finger schlossen sich um das Heft, und er hob die Waffe, um sie genauer zu betrachten. Irrtum ausgeschlossen. Es war sein Schwert, sein Talisman, seine wiedergeborene Hoffnung.
     Natürlich war es eigentlich unmöglich gewesen, es zu finden. Die Chancen standen nicht besser als eins zu einer Million. Tief im Inneren glaubte Quentin nicht an die Vorsehung, an die Mächte des Schicksals, die in das Leben eingriffen, und doch fand er für dieses Wunder keine andere Erklärung.
     »Schatten«, flüsterte er, und das Wort hallte durch die nachmittägliche Stille.
     Er nahm das Geschenk als gutes Omen und erhob sich mit neuem Mut auf die Beine. Wie ein widerspenstiger Geist, der noch nicht bereit ist, ins Land der Toten hinüberzuwechseln, begann er zu gehen.
     Das Tageslicht ging rasch in Dämmerung über, die Sonne verschwand hinter dem westlichen Rand des Aleuthra Arks und überzog den Horizont mit leuchtendem Purpur und Violett, das Tal hingegen mit langen, tiefen Schatten. Die Hitze ließ nach, die Luft wurde frisch und kühl. Der unerwartete Wechsel der Temperatur kündigte den nächsten Sturm an. Quentin zog die Schultern zusammen und den Kopf ein, während er durch das Tal wanderte und schließlich den Aufstieg dort begann, wo die Berge aneinander stießen und ein Pass auf die andere Seite führte. Wolken, die bis dahin unsichtbar gewesen waren, schoben sich in dichten Haufen heran und sammelten sich am Himmel. Der Wind nahm an Stärke zu, zunächst nur wenig, später dann kamen kalte, kräftige Böen auf.
     Vor ihm, wo der Pass schmaler wurde und sich in der Ferne verlor, verdichtete sich die Dunkelheit.
     Doch Quentin marschierte weiter. Hier war nicht der rechte Ort, Rast einzulegen, und vor allem war das im Augenblick nicht sinnvoll. Auf den Hängen fand er keinen Schutz; deshalb musste er bis auf die andere Seite der Berge weiterziehen. Er brauchte etwas zu essen und zu trinken, bloß würde er vor dem Morgen beides wohl nicht bekommen. Dunkelheit legte sich über die Welt; die brodelnden Sturmwolken verhängten den Himmel. Graupelschauer gingen auf ihn nieder, Eiskörner schlugen ihm ins Gesicht, ehe er den Kopf senken konnte. Der Wind fuhr heulend aus den Bergen herunter, wälzte sich über die leeren Hänge und peitschte durch Pässe und Hohlwege hinunter ins Tal. Quentin versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie lange er noch gehen müsste, bis er endlich eine geschützte Stelle erreicht hätte, beugte sich vor und lehnte sich gegen den mächtigen Wind.
     Als er endlich den höchsten Punkt des Passes erreichte, war aus dem Graupel Schnee geworden, der sich bereits zu einer fast halbmeterhohen Schicht aufgehäuft hatte. Quentin hatte sich das Schwert von Leah mit einem Stück Seil über den Rücken geschlungen, so dass er wenigstens die Hände frei hatte. Meist ging es bergauf über unwegsames Gelände, der Wind zerrte von allen Seiten an seinen Kleidern und wechselte ständig die Richtung. Das Licht spielte ihm in den heftigen Schneeschauern Streiche, und Quentin musste sich allein schon anstrengen, um das Gleichgewicht zu halten. Noch immer fühlte er sich benommen und fiebrig, er halluzinierte, weil er ausgetrocknet war und nichts zu essen hatte, doch daran konnte er im Augenblick nichts ändern.
     Seine Geister der Vergangenheit kamen und gingen, flüsterten ihm Botschaften zu, die keinerlei Sinn ergaben, und machten Gesten, die er nicht begriff. Offensichtlich wollten sie etwas von ihm, jedoch verstand er nicht, was. Möglicherweise ging es ihnen einfach nur um seine Gesellschaft. Vielleicht erwarteten sie von ihm, dass er die Welt der Lebenden verließ und zu ihnen hinüberwechselte. Das erschien ihm durchaus möglich. Wenn sich die Bedingungen nicht bald änderten, würden sie nicht

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