Shannara VIII
unterwegs zu ihm? Wie nah war sie? Er bekam es mit der Angst zu tun, wollte aufstehen und stellte fest, dass er nicht konnte. Seine Kraft hatte ihn verlassen. Benommen und hilflos saß er auf dem Boden, während die Gestaltwandler um ihn herumstanden und eine Mauer aus Tiergestank und üblem Atem bildeten, aus dunklen Schatten und funkelnden Augen. Wo war Truls Rohk? Wo war irgendjemand, der ihm helfen konnte? Er hasste seine Angst, seine Verzweiflung, und trotzdem kam er nicht dagegen an. Er wünschte sich nur fort von hier, an einen anderen Ort, er wünschte sich die Chance, sein Leben zu retten, wenn auch nur für einen einzigen weiteren Tag.
Ihm stockte der Atem, als ihn die Kälte erneut traf, und entsetzt kniff er die Augen zu. Er hörte das Rascheln der Gestaltwandler, die Bewegung ihrer Körper, aber er konnte sich nicht überwinden, sie anzuschauen. Er brauchte seine gesamte Konzentration, um Luft zu holen, um sich selbst vom Schreien abzuhalten, um die Beherrschung zu bewahren. Seine Entschlossenheit zerbröckelte. Dann spürte er etwas anderes. Tief in sich, wo sein innerster Kern voller rauer Gefühle brannte, spürte er, wie die Magie zum Leben erwachte. Sie sprühte Funken und flammte auf, eilte zu seiner Verteidigung herbei und stieg in ihm auf. Er fühlte, wie sie sich aufbaute, dass sie aufbrodelte wie Lava in einem Vulkan und bereit war zu explodieren. Seine Entschlossenheit verfestigte sich, doch er musste sie im Zaum halten. Er konnte sich nicht leisten, sie ausbrechen zu lassen. Schließlich wollte er sich nicht mit den Gestaltwandlern messen. Das wäre in jedem Fall ein Fehler gewesen.
Dann verschwand die Kälte um ihn herum unvermittelt, und der Tiergeruch war verschwunden. Frische, milde Luft drang ihm in die Nasenlöcher, die rauen Gestaltwandler waren verschwunden.
Als er die Augen aufschlug, war er allein.
Truls Rohk schwebte verborgen unter dem dichten Baldachin eines riesigen alten Ahorns und drückte sich ungefähr zwanzig Fuß über dem Boden an die Äste. An dieser Stelle wartete er bereits über eine Stunde und hielt durch die Blätter Ausschau. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf die felsige Ebene, die er mit dem Jungen vor einigen Stunden passiert hatte und die die beiden Waldstücke am Fuß der Berge trennte.
Wenn die Ilse-Hexe sie verfolgte, wenn sie ihre Spur wieder gefunden hatte, würde sie hier entlangkommen.
Als der Caull auftauchte, überraschte ihn das nicht. Er wusste, sie musste sich jemandes Hilfe bedienen, um ihrer Fährte zu folgen. Ihre Magie allein, wenn sie auch beachtlich war, genügte nicht, um sie einzuholen. Der Caull stellte eine Art mutierten Wolf oder Hund dar und konnte ihrer Fährte folgen. Einem solch hässlichen und gefährlich aussehenden Wesen war Truls Rohk noch nie begegnet, nicht einmal im Wolfsktaag. Es handelte sich um ein Wesen aus der alten Welt der Feen, nahm er an, etwas, das sie in einem Buch der düsteren Magie gefunden oder aus einem Albtraum heraus beschworen hatte. Der Caull sollte ihn und Bek aufspüren und sie dann ins Jenseits befördern. Oder zumindest ihn selbst. Schließlich war Truls Rohk nur ein unerwünschtes Hindernis. Den Jungen wollte die Ilse-Hexe für sich haben, und ihn würde sie noch eine Zeit lang am Leben lassen.
Truls Rohk beobachtete die Bestie, die in den offenen Bereich lief, ein wenig im Kreis herumrannte und wieder zwischen den Bäumen verschwand. Die Ilse-Hexe würde dort warten und zuschauen, genauso wie er. Zwar konnte er sie nicht sehen, dennoch spürte er ihre Anwesenheit. Im Augenblick entschied sie vermutlich gerade, was sie tun sollte. Er könnte zu dem Jungen umkehren; während sie noch grübelte, würde er einfach davonschleichen. Aber er hatte das ewige Fliehen satt, und der Junge auch, das hatte er ihm angemerkt. Vielleicht sollte er lieber versuchen, sie bei ihrem Vorankommen ein wenig zu verlangsamen - oder ganz zum Stillstand zu bringen. Wenn der Caull allein über das felsige Stück liefe, hätte er eine Chance, ihn zu töten. Sie würde eine Weile brauchen, um einen neuen zu erschaffen, wenn sie sich dafür entschied, ihre Jagd fortzusetzen. Was allerdings unwahrscheinlich war.
Vielleicht hatte er sogar eine Chance gegen sie, obwohl er wusste, dass der Junge unglücklich wäre, wenn er ihr ein Leid antun würde. Dennoch blieb ihm womöglich keine andere Wahl.
Er rührte sich also nicht von der Stelle und dachte nach. Die Minuten verstrichen. Weder der Caull noch die Ilse-Hexe
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