Shannara VIII
Klüfte. Die Angst um den Jungen und die Wut über sich selbst trieben ihn voran. Er hatte sich unverzeihlich unvorsichtig verhalten, und Bek Ohmsford würde den Preis dafür zahlen, wenn er ihn nicht rechtzeitig erreichte.
Um ihn herum bildete der Wald einen lautlosen Vorhang, hinter dem ihn Augen belauerten.
Er rannte den Hang hinunter und achtete auf die Gegenwart der Hexe und ihres Caulls, wobei er keinen der beiden spürte. Dennoch wusste er, dass sie in der Nähe sein mussten. Er versuchte zu berechnen, wie groß ihr Vorsprung sein mochte. Bestenfalls konnte er eine Schätzung wagen. Während er diese magischen Gespenster beobachtet hatte, war ihm das Zeitgefühl abhanden gekommen. Jetzt musste er vom Schlimmsten ausgehen: dass sie den Jungen schon erreicht und zu ihrem Gefangenen gemacht hatte und dass er ihn nun befreien müsse.
Als er die Stelle zwischen den Bäumen erreichte, an der er den Jungen zurückgelassen hatte, war Bek verschwunden, die Lichtung leer, und überall lag der Geruch der Hexe in der Luft. Stille beherrschte das offene Gelände, und wachsam und vorsichtig trat er vor, um sicherzugehen, dass sie ihm keine Falle gestellt hatte. Es begann zu regnen, die Tropfen fielen mit leisem Prasseln auf die trockene, vom Mondlicht beschienene Erde und bildeten Flecken, die die gleiche Farbe hatten wie die Schatten.
Das Messer des Jungen lag auf dem Boden. Truls Rohk ging hinüber, kniete sich hin und wollte es aufheben. Derweil schlich sich der Caull aus dem Wald von hinten an ihn heran. Geschmeidig und kraftvoll setzte er, die Kiefer weit aufgerissen, zum Sprung an.
Kapitel 13
Einige der Rindge führten Quentin Leah und seine Gefährten aus den Ruinen von Castledown zu ihrem Dorf. Die meisten blieben, um Fallen für die geheimnisvollen Wronks aufzustellen, derjenige allerdings, der mit Panax gesprochen hatte, führte die Eskorte an. Obwohl der Rindge kein Wort darüber verloren hatte, sah man den blutverschmierten, zerlumpten und erschöpften Besuchern an, dass sie zunächst einmal ausreichend Essen, Ruhe und medizinischer Behandlung bedurften. Quentin und seine Gesellschaft konnten, das erkannten sie selbst, die Suche nach den anderen nicht weiter fortsetzen, obgleich sie diese nur widerwillig abbrachen. Wollten sie ihre Freunde wirklich finden, mussten sie zunächst essen, ihre Wunden verbinden und an einem sicheren Ort schlafen. Überdies würden sich die Rindge vielleicht als hilfreich erweisen, da sie möglicherweise erklären konnten, wie und wo die weiteren Suchanstrengungen unternommen werden sollten.
Daher machten sie sich auf die dreistündige Wanderung durch den Wald zum Dorf der Rindge, wo sie gegen Mittag eintrafen. Unterwegs erfuhren sie weitere Geschichten über das Land, welches sie bereisten. Der Rindge, der das Reden übernahm, hieß Obatedequist Parsenon, oder zumindest klang der Name laut Panax so ähnlich. Da der Zwerg sich nicht ganz sicher war, wurde der umständliche Name bald auf Obat verkürzt. Obat hatte in der Hierarchie des Dorfes den Rang eines Unterhäuptlings inne und war der Sohn des früheren Oberhäuptlings. Aus der Hochachtung, die ihm von den anderen Rindge entgegengebracht wurde, ließ sich deutlich entnehmen, dass er ein respektiertes Mitglied ihrer Gemeinschaft war. Obat erzählte ihnen, das Land heiße Parkasia, und sein Volk siedle hier bereits seit zweitausend Jahren, seit dem Anbeginn der Zeit. Die Großen Kriege erwähnte er nicht, dennoch schien er von dort aus zu rechnen, als habe vor der Landnahme der Rindge in Parkasia nichts existiert. Ganz sicher war Panax nicht, doch verstand er es so, dass Parkasia eine große Halbinsel war, an die sich eine wesentlich größere Landscholle im Norden und Westen anschloss, wo weitere Stämme wohnten.
In Parkasia gab es verschiedene Stämme der Rindge, erklärte Obat, von denen manche von der Jagd und andere vom Ackerbau lebten. Sie waren ein eigenständiges Völkchen und trieben untereinander wenig Handel. Gelegentlich brach zwischen ihnen Krieg aus, doch den größten gemeinsamen Feind stellte das Ding dar, das in den Ruinen von Castledown lebte. Antrax, so nannte Obat es, allerdings fiel es ihm schwer zu erklären, worum es sich dabei eigentlich handelte. Er sagte, es sei ein Geist, doch befehligte dieser die Kriecher und Feuerstrahlen, diese eigentümlichen Wesen, die auf den ersten Blick nichts mit Gespenstern zu tun hatten. Antrax beschützte Castledown vor Eindringlingen und tat dies schon, solange die
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